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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Reena wird für Sie den frühestmöglichen Rückflug buchen und Ihnen noch einmal über Ihr Handy Bescheid geben.«
    »Sir?«
    »Ja?«
    »Sie haben mir noch nicht gesagt, warum ich so dringend nach London kommen soll.«
    »Ach so, ja. Heute kam eine Eilmeldung von Interpol. Sie haben die im Louvre sichergestellten Fingerabdrücke identifiziert. Die National Crime Squad ist gerade dabei, die Frau zu verhaften. Wer weiß, vielleicht kann sie uns auch etwas über die anderen zwei Einbrüche sagen.«
    »Eine Frau?«, fragte Darwin erstaunt.
    »Ja. Ich weiß nicht, ob der Name Alex Daniels Ihnen etwas sagt.«
    »Die Journalistin, die Nature zur Unperson des Jahres erklärt hat?«
    »Freut mich immer, wenn meine Mitarbeiter über das Tagesgeschehen informiert sind. Ich habe mir schon vor ein paar Tagen erlaubt, den Vorgesetzten Ihres Freundes bei der NCS über die Dringlichkeit unseres Anliegens in Kenntnis zu setzen.«
    »Meines…? Sie meinen Detective Superintendent Longfellow? Wir sind gute Kollegen und trinken hin und wieder ein Bierchen miteinander, aber › Freunde ‹ ist wohl nicht das richtige…«
    »Spielt jetzt keine Rolle, mein Junge. Solche informellen Kontakte sind lebenswichtig. Sie haben Ihre und ich die meinen. Nachdem man mich über die Identifizierung der verdächtigen Person in Kenntnis gesetzt hatte, habe ich gleich alle Hebel in Gang gesetzt. Um es kurz zu machen: Morgen Früh haben Sie eine Besuchserlaubnis für Daniels auf dem Schreibtisch liegen. Kommen Sie nach Hause, Darwin, und quetschen Sie die Dame wie eine Zitrone aus.«

 
    Kapitel 3
     
     
     
    »Konformismus: die kollektive Weisheit individuellen Unwissens.«
    Thomas Carlyle
     
     
     
    LONDON (ENGLAND),
    Dienstag, 25. September, 23.35 Uhr
     
    Glücklich sind die Unwissenden, die nie eines Kapitalverbrechens verdächtigt worden sind, dachte Alex, während sie die Strecke von Oxford nach London in einem Kleinbus mit vergitterten Fenstern zurücklegte. Die Polizei der Universitätsstadt hatte Detective Superintendent Longfellow das Fahrzeug samt Wachpersonal zur Verfügung gestellt. Der Kriminalbeamte saß hinter den beiden Uniformierten und träumte vor sich hin. Er hatte einige Male vergeblich versucht, Alex in ein Gespräch zu verwickeln. Als der Wagen den Londoner Stadtteil Holloway erreichte, war sie es, die das Schweigen brach. »Ich bin nie erkennungsdienstlich behandelt worden.« Longfellow wandte sich langsam zu ihr um. In seinem schwarzen Gesicht konnte Alex nicht viel mehr als Augen und Zähne ausmachen. Er grinste. »Hat Ihnen scheinbar nichts genützt.«
    »Wer steckt hinter dieser Farce, Superintendent?«
    »Ihre Fingerabdrücke wurden vom Interpol-Computer ausgespuckt.«
    »Und wie sind die da hineingekommen?«
    »Das müssten Sie doch am besten wissen.«
    »Mein polizeiliches Führungszeugnis ist einwandfrei.«
    »Wenn Sie in Ihrer Studienzeit auf einer Demonstration verhaftet worden und Ihnen Fingerabdrücke abgenommen worden sind, dann taucht das in keinem Führungszeugnis auf. Trotzdem bleiben Sie erfasst. Haben Sie etwa nie an einem Sit-in vor irgendeiner Behörde teilgenommen oder die Einfahrt eines Atomkraftwerkes versperrt? Das machen doch alle Studenten.«
    »Vielleicht zu Ihrer Zeit. Ich war 1968 noch nicht geboren.« Alex fröstelte, obwohl auf ihren Schultern der warme Mantel lag. Ihre schnoddrige Antwort hatte nur über ihre zunehmende Panik hinwegtäuschen sollen. Sie war tatsächlich im Sommer 2003 während einer Demo verhaftet worden. Der Premierminister hatte die Mär von Massenvernichtungswaffen im Irak verbreiten lassen, um im Parlament eine Mehrheit für Großbritanniens Teilnahme am dritten Golfkrieg zu erhalten. Aber blieben alle, die Tony Blair damals öffentlich als Schwindler angeprangert hatten und zur Feststellung ihrer Identität festgenommen worden waren, lebenslänglich in Interpol-Computern gespeichert?
    Longfellows Zähne blitzten im Halbdunkel des Wagens. Er machte sich wohl seinen eigenen Reim auf das Schweigen der Festgenommenen.
    Der Kleinbus verlangsamte sein Tempo, bog in eine Einfahrt ab und blieb vor einer rot-weiß gestreiften Schranke stehen. Der Fahrer stieg aus und ging mit einem Formular zum Pförtnerhaus. Unbehaglich blickte Alex durch die Maschen des Fensters. Die hellroten Backsteinmauern des Holloway-Frauengefängnisses waren eine bekannte Landmarke im Norden Londons. Obwohl Alex ganz in der Nähe wohnte, hätte sie nie gedacht, den Bau einmal von innen zu sehen.
    Ohne

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