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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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anderes schien ihn zu bewegen. Die Frage in seinen Augen hatte Alex schon so oft gesehen. Irgendetwas stimmt nicht an dieser Frau, aber was?
    Das schwarze Taxi rollte in die Rochester Mews, ein kurzes, L-förmiges Sträßchen zwischen der Rochester und der Camden Road. Nachdem Alex das Taxi bezahlt hatte, konnte sie nicht schnell genug in ihr Refugium gelangen. Erst als sie hinter sich die Tür geschlossen hatte, normalisierte sich allmählich ihr Puls. Langsam, so als fürchte sie einen Dieb aufzuschrecken, durchquerte sie die kurze Diele und betrat den Wohnbereich, der vor über einem Jahrhundert die Pferde einer wohlhabenden Londoner Familie und das dazu gehörige Personal beherbergt hatte.
    Alex konnte sich an kein anderes als dieses Zuhause erinnern. Bis vor sechs Jahren hatte sie hier mit ihren Eltern und dem Geist des viktorianischen Zeitalters gelebt. Der Verkehrsunfall, bei dem ihre Eltern ums Leben kamen, spielte ihr das Haus, ein stattliches Vermögen und das Gespenst von Rochester Mews in die Hände. Letzteres trieb sie dann ziemlich schnell aus. Mit gläsernen Wänden und Treppen sowie spiegelnden Steinflächen und Edelstahlverstrebungen gestaltete sie ihr Heim ebenso radikal um, wie sie von nun an ihr Leben zu verändern suchte.
    Der Umbau des Hauses war nach wenigen Wochen abgeschlossen gewesen, am Rest bastelte sie noch.
    Argwöhnisch ließ Alex den Blick durch den Raum schweifen. Von der Hausdurchsuchung durch die Polizei war kaum etwas zu bemerken. Trotzdem empfand sie Ekel bei dem Gedanken, dass hier alles von wildfremden Personen befingert worden war. Sie würde sich erst wieder richtig wohl fühlen, wenn sie alles geputzt und sämtliche Wäsche gewaschen hatte. Doch zunächst musste sie etwas anderes tun.
    Entschlossen schnappte sie sich das Telefon, zog es am langen Kabel bis zu ihrem eierschalenfarbenen Ledersofa, ließ sich darauf fallen und wählte die Nummer des Daily Mirror.
    »Winter?«, bellte Susans Stimme aus dem Hörer.
    »Entschuldige, wenn ich dich bei der Arbeit gestört habe…«
    »Alex? Bist du das? Haben sie dich wieder rausgelassen?«
    »Nein. Ich stehe unter dem Galgen mit einem Strick um den Hals und wollte dir nur Lebewohl sagen.«
    »Was…?« Ein Keuchen drang aus der Ohrmuschel. »Alex! Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst deinen schwarzen Humor zügeln. Wie geht’s dir, Schatz?«
    Alex fasste die Ereignisse der vergangenen Tage zusammen und kam dann schnell auf den Punkt. »Ich brauche deine Hilfe, Susan.«
    »Lass hören!«
    »Denkst du, die Nachrichtenredaktionen werden von meiner Freilassung berichten?«
    »Wenn du nur der Quälgeist aus der Spinnerszene wärst…«
    »Wann kapierst du endlich, dass ich mit den Kreationisten nichts am Hut habe, Susan.«
    »Schon gut. Ich wollte nur ausdrücken, wie man dich in der Öffentlichkeit sieht. Seit den Museumseinbrüchen ist allerdings ein Sensationsfaktor hinzugekommen. Solange dein Name mit den Verbrechen verbunden ist, bist du immer eine Story wert.«
    »Na prima! Wenigstens habe ich dadurch ein Forum.«
    »Was heckst du schon wieder aus?«
    »Ich möchte eine Erklärung herausgeben. Wenn die Medien über mich berichten wollen, dann zu meinen Bedingungen.«
    »Schon mal was von Pressefreiheit gehört, Schatz?«
    »Wir hatten denselben Professor. Mir ist klar, dass jeder Redakteur Gift und Galle spuckt, sobald ihn das Gefühl beschleicht, manipuliert zu werden. Trotzdem wissen wir beide, wie das Spiel funktioniert: Die Prominenten brauchen Publicity, und die Presse braucht Auflagen. Also arrangiert man sich.«
    »Worum geht es dir? Sollen die Blätter dich von dem Schmutz reinwaschen, mit dem sie dich letzte Woche beschmissen haben?«
    »Ja.«
    »Das kannst du vergessen. Jeder Prominente bekommt sein Image aufgedrückt. Du bist gerade die böse Spinnerin.«
    »Angenommen, ich könnte dir eine Verschwörungsstory liefern, in der ich das unschuldige Opfer bin.«
    »Schreib doch einen Roman.«
    »Ich rede nicht von einer erfundenen Geschichte, Susan. Die Museumseinbrüche der letzten drei Wochen hängen zusammen. Hinter allem gibt es einen Plan.«
    »Den du kennst?«
    »Meine beste Freundin könnte ruhig etwas vertrauensvoller klingen. Ich hatte gehofft, der Mirror würde den Vorreiter spielen. Wenn du die Information in euren einschlägigen Internetforen lancierst, beißen vielleicht auch andere große Fische an.«
    »Du badest da in einem Haifischteich, Schatz.«
    »Das ist mir klar.«
    »Was kannst du mir

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