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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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starrte erschrocken in Darwins Gesicht. Dann schmunzelte er. »Das war ein Scherz – habe ich Recht?«
    Der Detektiv hob grinsend die angewinkelten Arme, um seine Handflächen zu zeigen. »Wie konnte ich annehmen, einen Profiler zu täuschen? In einem früheren Leben war ich bei der Militärpolizei. Da durfte ich mich ein wenig mit Tatortanalyse befassen, hauptsächlich, um für Experten wie Sie nicht die Spuren zu zertrampeln. Und wo haben Sie Ihre Fachkenntnisse erworben?«
    Simmons nahm seine Brille von der Nase und begann sie mit einem Stofftaschentuch zu putzen. »Gleich nach der Dissertation bin ich zur National Crime Squad gekommen. Die schickte mich in die Staaten, um die Methoden der Behavioral Science Unit zu studieren. Das ist eine Art Verhaltensforschungseinheit der amerikanischen Bundespolizei. Später holte man mich in den NCIS, um meine Kenntnisse möglichst vielen Behörden zugänglich zu machen.«
    »Fein«, sagte Darwin und hoffte insgeheim, seinem Gesprächspartner nun ausreichend Gelegenheit zum gegenseitigen Abtasten eingeräumt zu haben. »Nachdem wir jetzt wissen, wo die Kompetenzlinie zwischen uns verläuft, zurück zu meiner eingangs gestellten Frage: Was für ein Typ ist der Dieb?«
    Die Brille landete wieder auf der Nase. Erneut ließ sich Simmons mit seiner Antwort Zeit. »Sie müssen wissen, das Verhalten des Menschen ist zu komplex, um es in zehn oder zwölf Schubladen einsortieren zu können, obwohl wir dergleichen tagtäglich versuchen. Meine Aufgabe ist es, Ihnen beim Nachdenken zu helfen. Ich kann den Täter für Sie nicht fassen, aber ich kann Ihnen etwas über seine Bedürfnisse sagen, die ihn zu bestimmten Handlungen getrieben haben.«
    »Das ist mir klar. Aus Ihrer Wortwahl entnehme ich, dass Sie hinter den Einbrüchen ein und denselben Drahtzieher vermuten.«
    »Ja.« Im Schneckentempo faltete der Psychologe sein Taschentuch zusammen und verstaute es wieder in der Hosentasche. »Vermutlich hat er Komplizen, aber die Aktionen wurden mit ziemlicher Sicherheit von einem Hirn ausgebrütet.«
    »Persönliche Bereicherung als Motiv halte ich eher für unwahrscheinlich.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Da ist zunächst der Bombenanschlag im Louvre.«
    »D’accord. Und weiter?«
    »Alle vier Fälle treffen ArtCare. Jemand könnte versuchen, uns aus dem Versicherungsmarkt zu drängen.«
    »Das ist nicht auszuschließen. Haben Sie einen konkreten Verdacht?«
    »Leider nein. Was halten Sie von der zeitlichen Abfolge der Einbrüche? Jedes Mal lagen genau sieben Tage dazwischen.«
    Wieder kostete Simmons seine Bedenkzeit bis’ zur Schmerzgrenze aus. »So ein Verhalten ist nicht untypisch. Der Täter scheint damit zeigen zu wollen, dass er die Kontrolle besitzt: Er bestimmt, wann er zum nächsten Mal zuschlägt, niemand kann ihn daran hindern. Es ist eine Demonstration der Macht.«
    »Sehr aufschlussreich. Sie sprachen eben von Bedürfnissen, die nach Verwirklichung streben.«
    »Ja, eine der Schlüsselfragen, die sich jeder Profiler stellen muss, lautet: Was hat der Täter getan, das er nicht hätte tun müssen, um das Verbrechen zu begehen? Das totale Gefühl der Überlegenheit kann eine starke Triebfeder sein, um solche an sich unnötigen Zeichen zu setzen.«
    »Wie beurteilen Sie unter diesem Aspekt die Museumseinbrüche? Ist das Verlangen nach Macht und Kontrolle hier reiner Selbstzweck gewesen, oder dient es einem höheren Ziel?«
    Simmons stellte seine Aktentasche auf den Schoß, holte eine Thermoskanne heraus, schraubte sie auf und goss dampfenden Tee in den als Becher umfunktionierten Deckel. Mit schmalen, blinzelnden Augen nippte er an dem heißen Getränk. Dann antwortete er: »Eine interessante Frage.«
    Darwin musste sich beherrschen, um nicht wie ein Schuljunge auf dem kalten Plastikstuhl hin und her zu rutschen. »Könnte in der Auswahl der Kunstwerke eine Botschaft versteckt sein?«
    »Zum Beispiel?«
    Er stieß vernehmlich die Luft aus. Sollte er die merkwürdige Äußerung von Alex Daniels erwähnen. Sie müssten denken wie diese Leute, um das zu verstehen. Besser nicht. »Dr. Simmons, Sie sind der Psychologe. Was könnte dahinter stecken?«
    »Vielleicht ein puritanisches Terrorkommando.«
    »Wie bitte?«
    »Eine Aktion gegen die Sittenlosigkeit. Ist Ihnen nicht aufgefallen, dass die von den Künstlern dargestellten Figuren allesamt nackt waren?«
    »Nicht der unachtsame Schläfer.«
    Simmons lächelte nachsichtig. »Aber er hat doch seine Wolldecke zurückgelassen,

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