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Die Galerie der Lügen

Titel: Die Galerie der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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saß Darwin Shaw.
    Sie betätigte die Fernbedienung, um das Tor zu öffnen, und fuhr rückwärts in die Garage. Als sie ausstieg, stand der Versicherungsdetektiv schon auf dem Gehweg vor dem Haus.
    »Guten Tag, Ms Daniels. Da soll einer sagen, Frauen könnten nicht einparken. Hübsches Auto haben Sie da. Ein Cooper S?«
    Obwohl sie sich wie schon beim ersten Mal von dem Überfall des Detektivs überrumpelt fühlte, reagierte sie freundlich – er hatte sie bei einer ihrer größten Schwächen gepackt. »Ja, ich habe ihn selbst getunt.«
    »Sie? Sie wollen sagen, Sie hätten sich unter das Auto gelegt und daran herumgeschraubt? «
    »Wieso nicht? Heute gibt’s doch für alles Bausätze: spezieller Kompressorantrieb, modifizierte Luftansaugung, überarbeitete Motorelektronik – bekommt man alles vorgefertigt geliefert.«
    »Tiefer gelegt ist er auch, oder?«
    »Wäre schlimm, wenn man das nicht sieht. Hab ihm ein höhenverstellbares Gewindefahrwerk und einen Sportfedersatz verpasst. Die Spur ist auch auf jeder Achse um gut zwei Zoll verbreitert. Fährt sich wie ein Gokart, mein Schnuckelchen.«
    »Wie viel PS?«
    »Schlappe zweihundert.«
    Der Detektiv schob die Unterlippe vor und nickte anerkennend. »Sie überraschen mich immer wieder, Ms Daniels.«
    »Dito, Mr Shaw. Ihr Griffith ist auch nicht gerade das, was man eine lahme Mühle nennt. Ein 500-er? Der macht hundertsechzig Meilen Spitze, wenn die Polizei einen nicht vorher rauswinkt, oder?«
    »Richtig.«
    »Haben Sie ihn aufgebohrt, oder bescheiden Sie sich mit den serienmäßigen dreihundertsechsundzwanzig PS?«
    »Abgesehen von den Felgen steht er so da, wie er in Blackpool aus der Halle gerollt ist.« Shaw schüttelte ungläubig den Kopf. »Ms Daniels, ich bin verblüfft.«
    »Aber Sie sind nicht gekommen, um mit mir eine Spritztour zu unternehmen.«
    Alex registrierte befriedigt, dass sie Shaw wieder einmal aus dem Konzept gebracht hatte. Nach einem tiefen Atemzug konterte er jedoch ausgesprochen geschickt.
    »Warum eigentlich nicht? Wir können das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Lassen Sie uns ein Stück die M 1 nach Norden fahren. Unterwegs können Sie mich weiter in die Gedanken des › Gehirns ‹ einweihen.«
    Alex blickte begehrlich auf den Griffith. »Könnten Sie das Autotelefon ausschalten?«
    Darwin lachte in sich hinein. »Kein Problem.«
    »Was sagt Ihr Chef zu meiner Absicht, die Galerie der Lügen in die Medien zu tragen?«
    »Begeistert war er nicht, aber ich konnte ihm klar machen, dass Ihr Preis nicht verhandelbar ist. Solange Sie keine Firmengeheimnisse ausplaudern oder die Ermittlungen behindern, stimmt er zu. Ich hab’s sogar schriftlich von der Rechtsabteilung.«
    »So schnell?«
    »Sie werden es nicht für möglich halten, aber ArtCare hat des Öfteren mit Presseanfragen zu tun. Schließlich sind bei uns einige der berühmtesten Kunstwerke dieses Planeten unter Vertrag.«
    »Unter Minderwertigkeitskomplexen scheinen Sie ja nicht zu leiden. Sind Sie bereit?«
    »Wozu?«
    »Na, für die Spritztour.«
    Wenige Minuten später befanden sie sich auf der Finchley Road Richtung Norden. Alex hatte ihren Fahrer überreden können, das Verdeck zu öffnen. Danach kam er ziemlich schnell zur Sache.
    »Mir will nicht aus dem Kopf gehen, was Sie heute früh am Telefon zu mir gesagt haben, Ms Daniels. Sie wissen schon, dieser Satz…« Er ließ mit der Linken das Lenkrad los und beschrieb mit der Hand eine kreisende Bewegung.
    » › Ich liebe dich ‹ ?«, half Alex ihm aus. Sie sah ihn von der Seite an. Wurde er rot?
    »Äh… ja. Ihr Beispiel leuchtet mir ein. Es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht – wie nannten Sie es – › objektiv vermessen und gewichten ‹ : Absichten und Gefühle und…«
    »Schönheit.«
    »Was?«
    »Haben Sie versucht, ein Sonett von Shakespeare auszuloten? Das klare Versmaß ist nur ein flacher Rahmen, aber die Tiefe seiner Worte ist unergründlich. Viele machen sich diese immaterielle Komponente des Universums nicht klar.«
    »Immaterielle…? Wie meinen Sie das?«
    »Die Naturwissenschaft ist heutzutage stark vom Materialismus geprägt, der philosophischen Ansicht, ausnahmslos jede Realität sei in Materie und Energie begründet.«
    »Etwa nicht?«
    »Nein. Das Universum ist weit mehr als eine Ansammlung von bewegten Atomen. Nehmen Sie irgendeines von Shakespeares Sonetten:
     
    From fairest creatures we desire increase,
    That thereby beauty’s rose might never die.
     
    Von schönsten Wesen heischen

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