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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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stieß den Ratsherrn zu Boden und stürmte zur Tür.
    Er kam nicht einmal fünf Schritte weit, dann stürzten sich die Wachen auf ihn, die draußen im Gang gewartet hatten. Sie fielen wie Wölfe über ihn her und schleuderten ihn auf den Steinboden. Eine Impulspistole wurde aus dem Holster gerissen, und der Mann hieb Jeremiel den Griff der Waffe hart über den Kopf. Halb betäubt schlug Jeremiel um sich und versuchte auf die Knie zu kommen, doch da traf ihn der Kolben abermals am Hinterkopf, und er sank zu Boden.
    Er hörte, wie der Ratsherr befehlsgewohnt anordnete: »Fesselt ihn, wenn es nötig ist. Aber verletzt ihn nicht ernstlich.« Kalte Hände rollten ihn herum, packten seine Arme und schleppten ihn fort.

 
KAPITEL

29
     
     
    Zadok grunzte, als er sich im Schneidersitz niederließ und zu den unendlich hohen Säulen des Tores zum siebenten Himmel aufblickte, die bis zu den Sternen emporragten. Obwohl inzwischen die Nacht über Arabot hereingebrochen war, warfen Michaels Strahlen einen sanften goldenen Schimmer über die Wiese, auf der Zadok saß.
    »Ich kenne einen Teil des Rätsels, Michael«, sagte er. Bereits drei Tage hatte er verschwendet, während er seine Erinnerungen nach der Antwort durchsuchte. Wie viele Tage mochten ihm noch bleiben, um sein Universum zu retten? Zweihundert, oder nur zwei?
    »Tatsächlich, Zadok?«
    »Ja, ich weiß, daß die Antwort in den Schriften von Isaac Luria steht, besser bekannt als Ari der Heilige. Luria verglich die ›Tode der primordialen Könige‹ mit dem ›Zerbrechen der Hüllen des Lichts‹, von dem die Schöpfung ausging, doch ich …«
    »Ari der Heilige, ja. Aktariel ist sehr geschickt, was die Synchronizität von Namen betrifft.«
    Zadok schnitt eine Grimasse. »Mach diese Angelegenheit nicht noch komplizierter, Michael. Ich bin ohnehin schon viel zu lange hier.«
    »Oh … tut mir leid, Patriarch. Vielleicht hilft es dir, wenn du die Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachtest. Eine andere Metapher benutzt. Beispielsweise, indem du jede einzelne Hülle, sephira, als eine Zelle von Gottes Gehirn ansiehst.«
    Zadok neigte nachdenklich den Kopf. »Du meinst, der Tod der primordialen Könige könnte mit dem Bersten von Teilen in Gottes Geist – dem Zerbrechen der Hüllen – verglichen werden?«
    »Ja.«
    »Wenn wir diese Analogie weiter verfolgen, wurden aus diesen Zellen alle Dinge in meinem Universum geschaffen. Andererseits hast du aber gesagt, daß die ›Schlacke‹ dieser Könige mit dem Reshimu in Verbindung steht. Doch wie könnten reine Zellen aus Gottes Geist überhaupt befleckt werden, durch was auch immer?«
    Michaels bernsteinfarbene Augen verengten sich, und er flatterte sachte mit den Flügeln. »Wie könnten sie nicht?«
    »Was?«
    »Ach, Zadok. Muß ich dir wirklich darauf antworten?«
    »Das wäre hilfreich, Herr.«
    Michael neigte den Kopf und lächelte. »Das kann ich nicht tun, und das weißt du. Aber ich werde dich noch ein bißchen anleiten.«
    Er runzelte nachdenklich die Stirn, und Zadok wußte, daß das Ergebnis aus einer neuerlichen rätselhaften Antwort bestehen würde. Doch im Moment mußte er jede Hilfe annehmen. Seine Gedanken wanderten immer wieder zu Yosef und Sarah, nach Kayan und Horeb, wo vermutlich Krieg herrschte. Menschen mochten sterben, während er hier im grünen Gras des Himmels saß und mit Engeln schwatzte.
    »Vielleicht war Wein eine schlechte Analogie. Versuch es mal hiermit. Wenn du Milch aus einer Flasche gießt, was bleibt dann übrig?«
    »Der Bodensatz. Ein …«
    »Wenn die Zeit verstreicht, was geschieht dann mit dem Bodensatz?«
    »Nach ein paar Tagen ist nur noch ein faulig riechender Rückstand vorhanden.«
    »Genau. Er verändert sein Wesen und wird zu einem sauren Schatten der ursprünglichen süßen Substanz.«
    »Ja, gut, aber was hat das zu tun mit …«
    »Mein Gott, Zadok!« tadelte Michael ihn ernst und verzog in tiefem Mißfallen seine Lippen. »Vor dir gähnt der apokalyptische Abgrund, und du kannst nicht einmal das Offensichtliche erkennen! Es wäre vielleicht gar nicht so schlecht, wenn dein Universum ausgelöscht würde. Natürliche Auslese, wenn du verstehst, was ich meine.« Er verschränkte die Arme und lehnte sich schwer gegen eine der gewaltigen ionischen Säulen.
    Zadok senkte den Blick auf das Gras, dessen Halme im Leuchten des Erzengels gelblich schimmerten. Nachdenklich zupfte er einige aus, und ein süßer Duft hüllte ihn ein. Was geschah, wenn man frische Milch zu saurer

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