Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan
uns auf die Suche nach einer Brechstange machen.«
»Natürlich befindet sich ein Gefangener dort. Das weißt du auch. Oder würdest du dir die Mühe machen, den Raum zu verschließen, wenn du nur Rote Bete dort aufbewahrst?«
»Solange du in der Nähe bist, schon.«
Ari runzelte die Stirn. »Zu schade, daß wir die letzte Dose aufgegessen haben. Jetzt könnte ich noch was davon vertragen.« Er klopfte sich auf den Magen. »Also, sind wir uns nun einig, daß wir den Gefangenen befreien?«
»Na schön!« Ari warf die Arme hoch. »Da sie uns so oder so umbringen, wenn sie uns dort finden, können wir ihnen auch gleich richtig beweisen, was für Idioten wir sind.«
Vorsichtig stiegen sie die Treppe hinab und landeten schließlich an einer Stelle im zweiten Stock, von der aus Gänge in allen Richtungen verliefen. »Und wohin jetzt?«
»Soweit ich mich erinnere, geht es geradeaus zur nächsten nach unten führenden Treppe.«
»Du bist schon mal hier gewesen?«
»Natürlich. Sogar mit dir zusammen! Vor drei Tagen sind wir hier vorbeigekommen. Erinnerst du dich nicht? Als wir zu den Gemächern des Mashiah gegangen sind.«
Ari warf einen prüfenden Blick auf den Marmorflur. »Bist du sicher? An das große Gemälde dort drüben kann ich mich aber nicht erinnern. Und an diesen lustigen Wandteppich auch nicht.«
»Nun komm schon. Ich werde es dir beweisen.«
Yosef klopfte ihm auf die Schulter und marschierte in die nur vom Mondlicht schwach erhellte Dunkelheit. Plötzlich hörte er Aris rasche Schritte hinter sich. Sein Freund packte ihn am Arm und zog ihn zurück.
»Pst!«
»Was ist? Was willst du …«
Ari stieß Yosef heftig in Richtung Wand, schob ihn um eine Statue herum und in die dunkle Nische dahinter. Dann drängte er sich ebenfalls hinein und versuchte so gut wie möglich, seinen großen Körper in den Schatten zu verbergen.
»Hast du den Verstand verloren?«
»Halt die Klappe! Bist du taub? Hörst du sie denn nicht?«
Yosef lauschte in die Dunkelheit. Die Tritte von Stiefeln waren zu vernehmen; hin und wieder klangen auch heiser geflüsterte Befehle auf. Panik ergriff ihn. Yosef umklammerte Aris Arm. »Wir müssen verschwinden!«
»Keine Zeit mehr. Rühr dich nicht!«
Sie rangen miteinander. Yosef versuchte, sich an Ari vorbeizudrängen, während sein Freund ihn tiefer in die Nische hineindrückte. Doch als plötzlich Lampenlicht aufflackerte, erstarrten sie zur Reglosigkeit.
Ein rothaariger Captain in mittleren Jahren erschien auf dem Treppenabsatz, hob seine Lampe und rief seinen Männern zu, die noch die Stufen erklommen: »Macht voran! Ich muß wieder nach draußen und unsere Leute alarmieren, damit sie nach Beliels Ausschau halten.«
Vom Treppenhaus her wurde Stöhnen und Keuchen hörbar, als ob die Männer eine schwere Last trügen. Yosef wechselte einen Blick mit Ari. Beide hofften, die Schatten würden sie verbergen, oder, noch besser, die Soldaten würden einen anderen Gang nehmen.
Yosef erstarrte, als die Wachen ihre Last über die oberste Stufe zerrten, sie zu Boden fallen ließen und sich schwer atmend gegen die Stützpfeiler lehnten. Was machte Baruch hier?
»Verdammt«, japste der junge blonde Soldat, »der Kerl muß mindestens zweihundertzwanzig Pfund wiegen. Ist eine echte Strafe, ihn drei Stockwerke hochzuschleppen.«
»Halt die Klappe! Wir sollen ihn ins Gästezimmer bringen. Er muß ja sehr gefährlich sein, wenn der Ratsherr ihn in Eisen legen lassen will«, erwiderte ein dunkelhaariger Sergeant.
»Er ist nicht gefährlich«, wandte der Captain ein. »Nur verwirrt. Die Dämonen haben ihn tagelang gequält. Was erwartet ihr da anderes?«
»Na, jedenfalls ist er verdammt wertvoll. Ich habe noch nie zuvor gehört, daß Ornias befohlen hätte, jemanden ›schonend‹ zu behandeln. Normalerweise will er doch immer, daß wir so hart wie möglich vorgehen.«
Der Blonde wischte sich den Schweiß aus der Stirn. »Vielleicht kommt er ja auch von dem Schlachtkreuzer, der den Planeten seit einem Monat umkreist.«
Yosef versuchte zu schlucken, doch seine Kehle war wie ausgedörrt. Gefangen vom Mashiah, ein Kreuzer in Schußweite – Jeremiel steckte wirklich in der Klemme.
»Ein magistratischer Spion? Besonders geschickt ist er aber nicht gerade vorgegangen. Hängt sich ans Gitter und schreit sich die Seele aus dem Leib.«
»Er wollte eben nach drinnen.«
»Ja. Fragt sich nur, warum.«
»Weil die Beliels hinter ihm her waren!« erwiderte der Captain mit geballten
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