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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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war sie hier vor dem schneidenden Wind geschützt. Vorsichtig streckte sie die Arme aus, um die Ausmaße der Höhle zu erkunden. Die Decke war zu hoch, als daß sie sie hätte erreichen können, doch die Breite der Höhle betrug allenfalls eine Mannslänge. Rachel drang so weit wie möglich ins Innere vor und ließ sich dann nieder, das Gesicht dem Ausgang zugewandt. Draußen wirbelte der heulende Sturm ganze Wolken von Schneeflocken vorbei.
    Unbeholfen löste sie ihren Helm, legte ihn neben sich auf den Boden und holte tief Luft. Was du gerade gemacht hast, ist selbstmörderisch. Doch sie lehnte sich erschöpft gegen die Wand und erkannte dabei, daß es ihr gleichgültig war. Ich setze ihn bald wieder auf, versprach sie sich. Ohne den Helm, der bisher ihr Blickfeld eingeschränkt hatte, konnte sie jetzt erkennen, daß die Helligkeit des Meas sogar ihre Schutzkleidung durchdrang. Licht. Sie zog an der Kette und holte die Kugel heraus. Blaues Leuchten erfüllte die Höhle.
    Lieber Gott, war es wirklich erst ein paar Stunden her, daß Adom sich wie ein verängstigtes Kind an sie gekuschelt hatte? Tränen füllten ihre Augen und gefroren auf den Wangen, als ihr Körper von leisem Schluchzen geschüttelt wurde. »Ich wollte ihn nicht töten. Warum mußte ich ihn töten, Gott?« Unbewußt griff sie nach dem Mea, preßte es an die Stirn und senkte den Kopf auf die hochgezogenen Knie.
     
    Der Wind trug den Geruch von Blut und Pulverdampf über die zerklüfteten Höhen. Harper kroch im Schutz der Dunkelheit einen Hügel hinauf, von dem aus er nach Seir hinüberblicken konnte. Vier Mönche in grauen Uniformen und mit grimmigen Gesichtern folgten ihm. Überall in der Stadt brannten Feuer. Gewehrschüsse durchschnitten die Nacht und bildeten bunte Muster in den Straßen.
    »Janowitz, du gehst als erster. Wir anderen schwärmen hinter dir aus.«
    »Bin schon unterwegs, Harper.« Der untersetzte Blondschopf kroch den Hügel hinab. Als er die Straße erreichte, verschmolz er mit den Schatten der zerstörten Gebäude.
    »Bromy …«, setzte Harper an, doch ein schrilles Heulen unterbrach ihn. »Deckung!« Er hob die Arme schützend über den Kopf, als das Heulen zu einem betäubenden Donnern anschwoll. Der Boden erzitterte, und Erde regnete auf sie herab. Dann wanderte der violette Strahl zu einem anderen Hügel hinüber und verrichtete dort sein Zerstörungswerk.
    »Sie beschießen sämtliche Hügelkuppen«, keuchte Harper. »Los, runter in die Stadt! Wir sammeln uns an der Ecke der Izhar Street.« Er wartete, bis die Männer zwischen den Häusern verschwunden waren, und schaute dann zu den Höhlen der Wüstenväter zurück. Dort zuckten überall Flammen auf, als wäre ein Waldbrand ausgebrochen. »Treffer«, murmelte er. »Heißt das, Jeremiels Plan funktioniert?« Sobald ihr in der Stadt seid, hatte er gesagt, schränken wir hier unsere Verteidigungsmaßnahmen ein. Das sollte sie anziehen wie ein Kadaver die Fliegen. Und während sie uns unter Feuer nehmen, habt ihr es in der Stadt mit weniger Truppen zu tun.
    Harper rannte den Hügel hinab und steuerte den Treffpunkt an. Als er sich der Ecke näherte, sah er schattenhafte Gestalten, die sich dort sammelten.
    »Harper.«
    Das Flüstern erklang aus einer Gasse zu seiner Rechten. Er blinzelte in die Dunkelheit und konnte schwach vier Gesichter ausmachen.
    »Janowitz, wer ist das dort an der Ecke?«
    »Keine Ahnung. Aber es müssen ungefähr ein Dutzend sein. Sie sind in Lumpen gekleidet und mit Knüppeln bewaffnet.«
    Harper packte sein Gewehr fester. Gehörten sie zu Rachels Rebellen? Verstärkung konnten sie durchaus brauchen. Aber was, wenn es sich um Anhänger des Mashiah handelte? Fanatisierte Zivilisten würden sie noch eifriger in Stücke reißen als Ornias’ Marines. »Vorwärts! Die Gasse entlang. Der Eingang zu den Höhlen unter dem Palast ist in der elften Avenue.«
    Sie bahnten sich ihren Weg durch die noch immer qualmenden Trümmer von Wohn- und Geschäftshäusern. Schließlich erreichten sie das Ende der von Schutt bedeckten Gasse.
    »Rechts oder links, Harper?« flüsterte Janowitz.
    »Rechts.«
    Sie brauchten fast eine Stunde, bis sie endlich das Wohngebiet oberhalb des Palasts erreicht hatten. Harper betrachtete des massive dreieckige Gebäude. Eine ganze Seitenfront war unter Jeremiels Kanonenfeuer zusammengebrochen, und Splitter des roten Marmors waren überall im Garten verstreut. Es waren keine Soldaten zu sehen, und nirgends brannte Licht.
    »Verlassen?«

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