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Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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einen Moment dunkel, Störstreifen zuckten darüber hinweg; dann tauchte Ornias’ gebräuntes Gesicht auf. Ein hämisches Lächeln umspielte die Lippen des Mannes. »Perfekt, Adom. Ich bin sicher, sie werden jetzt neuen Mut schöpfen. Wir strahlen den Aufruf überall im Stadtgebiet aus.«
    »Wie viele … haben wir verloren?«
    »Ich habe die letzten Berichte noch nicht geprüft.«
    »Dann tu das bitte.«
    Rachel runzelte angesichts Adoms ungewohnten Befehlstons verwundert die Stirn. Ganz offensichtlich berührten ihn die Vorgänge in Seir zutiefst.
    Ornias warf ihm einen mißgelaunten Blick zu, beugte sich jedoch zur Seite und drückte eine Taste seines Computers. »Um drei Uhr nachmittags beliefen sich die Gesamtverluste auf beiden Seiten auf schätzungsweise dreißigtausend.«
    Adom erschauerte so heftig, daß Rachel zwischen ihn und den Schirm trat und flüsterte: »Du kannst nichts daran ändern. Es ist nicht deine Schuld. Quäle dich nicht selbst.«
    »Aber es ist mein Volk, Rachel. Ich weiß, Milcom wird sie letzten Endes alle erretten, doch ich kann es nicht ertragen, sie noch mehr leiden zu sehen.«
    »Adom?« Ornias’ Stimme klang ungehalten. »Letztes Mal wolltest du Bilder vom Kampfgeschehen haben. Ist das auch diesmal …?«
    »Ja!« antwortete er scharf. »Ich will wissen, was vorgeht. Zeig es mir … uns.«
    »In Ordnung.«
    Der Schirm zeigte eine Luftaufnahme der Außenbezirke der Stadt. Rachel schluckte schwer. Ihr Haus stand nicht weiter als zwei Blocks vom Zentrum des Bildes entfernt. Sie konnte die zerstörte Bäckerei erkennen, in der sie immer eingekauft hatte. Zitternd fuhr ihre Hand zum Mund. Hatte Ornias das geplant? Um sie zu quälen?
    Adom zuckte zurück, als ein violetter Blitz über den Schirm fuhr. Krachend stürzte ein Haus zusammen. Aus den Trümmern rannte ein Kind, ein kleines Mädchen, genau auf die Kamera zu. Sie drückte ein grüngepunktetes Spielzeugpferd an die Brust.
    »O mein Gott«, murmelte Adom entsetzt. »Ornias? Da ist ein Kind auf der Straße! Schick jemand los, der …«
    Ein schrilles Heulen erklang, und das Kind schaute ängstlich nach oben. Sie öffnete den Mund und umklammerte ihr Pferd noch fester, doch der Schrei wurde vom Donnern der Kanone übertönt, und ihr Körper zerplatzte wie eine reife Melone.
    Rachel wankte zurück. Für einen Moment war es ihr so vorgekommen, als trüge das unbekannte Kind Sybils Züge. Sie stolperte gegen die Wand, sank wie betäubt zu Boden und nahm Adoms Schluchzen kaum bewußt wahr.
    Jeremiel hat es dir gesagt – er hat gesagt, es müßten zehnmal mehr Menschen sterben, wenn du bei deiner Mission versagst. In jeder Sekunde, die du hier vergeudest, stirbt ein anderes Kind auf elendige Weise.
    Sie zog sich auf die Knie und vergrub ihr Gesicht in den samtenen Falten ihres ebenholzschwarzen Umhangs.
    »Nein …«, murmelte Adom.
    Rachel blickte auf und sah eine Gruppe von sieben Frauen, die durch die Straße liefen und weinende Kinder mit sich zerrten. Sie bogen um eine Ecke und rannten so schnell sie konnten durch die rauchenden Trümmer. Rachel zuckte zusammen. War das nicht Myra, Talos Nichte? Sie erinnerte sich an das Gesicht aus den schier endlosen Stunden, die sie voller Angst auf dem Platz verbracht hatten.
    Mit einer Mischung aus Furcht und Hoffnung beobachtete sie, wie die Gruppe um eine weitere Ecke bog und genau auf die Kamera zulief.
    Ein Strahl aus kohärentem Licht schoß in eines der bereits zerstörten Häuser und brachte eine hohe Wand zum Einsturz. Die Trümmer prasselten auf die Straße nieder und begruben die Frauen.
    »Eine lebt noch«, flüsterte Adom händeringend.
    Myra zog sich unter den Trümmern hervor und blieb neben den geborstenen Steinen liegen. In einer Geste der Hoffnungslosigkeit streckte sie die Hand der Kamera entgegen, als könnte sie Rachels totenblasses Gesicht sehen.
    Und Rachel verstand.
    Töte ihn. Töte ihn! Tue, was du an jenem Tag auf dem Platz geschworen hast!
    »Adom?« Ornias’ Gesicht erschien wieder auf dem Schirm. »Die Truppen weichen zurück. Eine Gruppe versprengter Soldaten hat sich vor dem Palast gesammelt. Kannst du zu ihnen sprechen?«
    »Ja. Ich … ich werde es tun.«
    Der Monitor füllte sich mit den Gesichtern tausender Menschen, die flehend zum Bildschirm aufblickten und darauf warteten, daß der Mashiah ihnen versicherte, alles werde sich zum Guten wenden. In ihren zerlumpten und blutbefleckten Uniformen sahen sie wie Untote aus.
    Adom raffte sich mühsam auf und hob

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