Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
Vom Netzwerk:
um Zadok. Seine Nackenhaare hatten sich auch früher immer gesträubt, wenn er sich im »Auge« befand, doch diesmal kam es ihm besonders erschreckend vor, als ob eine böse Macht in der Nähe lauerte, ihn beobachtete und hoffte, er würde scheitern. Leise, undeutliche Stimmen drangen von allen Seiten auf ihn ein. Sie klangen gedämpft, als kämen sie aus großer Ferne. Er holte tief Luft und schleppte sich blindlings weiter den Tunnel entlang in Richtung des grauen Waberns, das weit voraus schwach sichtbar war.
    »Sonderbar«, murmelte er zu sich selbst und fühlte sich ein wenig wie ein verirrter Wanderer. »Sonst hat immer das Leuchten des Mea meinen Weg erhellt. Doch jetzt habe ich gar nichts.«
    Ein Gesicht blitzte in der wirbelnden Dunkelheit auf; er stolperte zurück und atmete schwer. Die blonde Frau schüttelte eine Faust und wütete in einer unbekannten Sprache. Ihre Augen glitzerten wie polierter Bernstein. Zadok raffte die rauhe Wolle vor seiner Brust zusammen und unterdrückte ein Schlucken. Auf seinen Reisen zu Epagael hatte er schon tausend Gesichter gesehen. Warum erschreckten sie ihn diesmal so sehr?
    »Weil du nichts anderes als ihr Licht hast, um deinen Weg zu erkennen, du alter Narr.« Ein Anflug schmerzlichen Bedauerns streifte ihn, und er senkte den Blick auf die wirbelnde Schwärze zu seinen Füßen. »Nun ja«, seufzte er. »Das hier wird die letzte Reise sein. Also benutze alles, was verfügbar ist, um an dein Ziel zu kommen.« Er hob das Gesicht, um einen Blick auf das Grau in der Ferne zu werfen. »Sedriel?« rief er den Namen des Engels, der das Tor zum ersten Himmel bewachte. »Du arrogante Dienstmagd Aktariels, ich bin es. Zadok! Ich komme, um dich noch einmal zu sehen. Also mach dich bereit, das Tor zu öffnen!«
    Es kam keine Antwort, doch Zadok wußte, daß ihn das riesige Biest gehört hatte. Er und Sedriel hatten dieses Spiel schon hundert Mal getrieben, sich gegenseitig gereizt und gnadenlos gehänselt. Von allen Torwächtern war Sedriel die am wenigsten Hochnäsige; sie benahm sich etwa so wie ein Feldarbeiter, der unversehens zum Leiter eines ganzen Erntetrupps ernannt worden ist. Zadok hatte stets das Bedürfnis, den überlegenen Ausdruck aus dem Gesicht der geflügelten Kreatur zu schlagen, hielt sich jedoch angesichts ihrer gewaltigen Größe und Kraft klugerweise zurück.
    Zu seiner Rechten erschien die Gestalt einer Frau mit langem schwarzem Haar. Sie krabbelte auf Händen und Füßen, und Tränen liefen ihr über das Gesicht. »Epagael!« heulte sie. »Milcom! Laßt mich doch heimgehen. Bitte, ich flehe euch an. Mein kleines Mädchen braucht mich. Nehmt mich jetzt nicht von ihr fort!«
    Sedriel rückte in den Hintergrund seines Bewußtseins, als sich ein stählernes Band um Zadoks Herz legte und die Erinnerung an seine erste Reise durch den zeitlosen Tunnel zu ihm zurückkehrte. Er war völlig kopflos und vor Angst schreiend immer im Kreis gelaufen. Dann hatte er das Licht weit voraus entdeckt und war ihm gefolgt.
    »Epagael!« schluchzte die Frau. »Ich glaube … Ich glaube! Es tut mir leid, daß ich je gezweifelt habe.« Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. »Laß mich heimgehen.«
    »Folge dem Licht«, drängte Zadok sanft und deutete nach vorn. »Das ist der Weg zu Gott.«
    Sie schien ihn zu hören, denn sie drehte den Kopf und suchte die Schwärze nach ihm ab, ohne ihn jedoch zu sehen. »Wer bist du?«
    »Ein erfahrener Freund.« Zadok streckte die Hand aus, um ihr beruhigend über das Haar zu streichen, doch sie verschwand im Nichts. Nur ein tiefer Strudel aus Dunkelheit zeigte die Stelle an, wo sie gestanden hatte. Er schloß die Hand um die leere Luft; dann aber wurde sein Blick nach vorn gezogen, wo eine weitere Gestalt zu leuchtendem Leben erwachte. Es war ein großer Mann, der ein Schwert schwang. Zadok schaute einen Moment zu, wie der Krieger die Dunkelheit zu zerschneiden versuchte.
    »Hör auf, deine Zeit zu verschwenden, du alter Dummkopf«, schalt Zadok sich selbst. »Die ganze Galaxis muß den Willen Epagaels erfahren. Warum stehst du also wie ein Trottel hier herum? Die einzige Möglichkeit, zum Schleier zu gelangen, besteht darin, weiterzugehen.« Er strich sich müde über den kahlen Schädel, preßte die Lippen furchtsam zusammen und meinte dann zu sich selbst: »Natürlich wissen wir beide, warum du zögerst. Das Schlimmste kommt erst noch.«
    Er stieß einen tiefen Seufzer aus und warf einen schrägen Blick auf den grauen Fleck. Er glitt näher

Weitere Kostenlose Bücher