Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan

Titel: Die Gamant-Chroniken 01 - Das Licht von Kayan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
Vom Netzwerk:
kastanienbraunen Ärmel und vergrub ihr Gesicht in der Seide. »Gesegnet seist du, Mashiah. Gesegnet seist du!«
    Adom nahm den Jungen in die Arme und setzte sich auf die warmen Stufen. »Es wird alles gut. Milcom sieht seine Wunden.« Er lächelte schwach, legte eine Hand auf die fiebrige Stirn des Jungen und betete leise: »Bitte, Gott, siehst du uns? Bitte …«
    »Er heilt!« kreischte irgend jemand, und die Menge rückte näher – eine massive, faulig riechende Woge schreiender Körper. Für einen Moment empfand Adam ihre Rufe wie eine würgende Hand, die nach seiner Kehle griff. Er schluckte schwer, schloß die Augen und drückte den Jungen fest an seine Brust. Nach einigen Minuten spürte er, wie Hitze seinen Körper durchflutete und der Junge leichter atmete. Das Kind regte sich.
    »Oh, Mashiah«, schluchzte die Mutter des Jungen, »ich danke dir. Gott segne dich.«
    »Mashiah!« kreischte eine schmutzige Frau in grauen Lumpen und drängte sich zu ihm durch. Sie warf ihm ihr Kind praktisch in den Schoß. »Mashiah, heile jetzt mein kleines Mädchen. Sie …«
    »Nein, mein Sohn ist schlimmer krank, und wir haben die ganze Nacht über gewartet!« Ein schwarzhaariges altes Weib drängte sich in den Kreis.
    Aus jeder Ecke und jedem Winkel drängten sie jetzt schreiend und flehend heran. Würgende Angst stieg in Adom hoch.
    Unter den Wachen verbreitete sich Unruhe. Auch sie fürchteten die Menge, waren besorgt, sie könnten Adom nicht schützen, falls jemand in der Meute vorhatte, ihn zu töten.
    Adom schaute auf das Mädchen hinunter. Ihr zertrümmerter Kopf lag schlaff auf seinem Bein, und ihr verfilztes schwarzes Haar ruhte wie ein Schleier auf dem blutbefleckten Gesicht. Schmerz durchbohrte seine Brust. »Milcom?« betete er leise und legte die Hand in ihren Nacken. »Heile dieses Kind.«
    Hinter ihm wurden wütende Stimmen laut. Er verstand die plötzliche Feindseligkeit nicht, bis Ornias’ Stimme den Aufruhr durchdrang. »Adom? Adom!«
    »Nimm ihn uns nicht weg!«
    »Er ist unsere einzige Hoffnung!«
    »Laßt mich den Saum seines Gewandes berühren!«
    Adom konzentrierte sich. Schließlich erschauerte das kleine Mädchen und schlug die Augen auf. »Mama?« krächzte es.
    »Gesegnet sei der Herr!« rief die Mutter ehrerbietig. »Ich glaube an Milcom, Mashiah. Ich glaube an dich.« Sie küßte seine Hand, nahm ihre Tochter und drängte sich durch die Menge.
    »Adom!«
    Er wollte sich nicht umdrehen, tat es dann aber doch, wenn auch zögernd. Die ebenholzschwarze Robe bauschte sich wie Fledermausflügel, als der Ratsherr Adom winkte, in den Palast zu kommen.
    »Nein«, murmelte Adom trotzig, biß die Zähne zusammen und blickte wieder zu den Gläubigen hinüber. »Ich kann sie nicht im Stich lassen.« Rasch erhob er sich, schob sich tiefer in die Menschenmenge und berührte jeden, den er erreichen konnte. Die Menschen drängten sich wie eine erstickende Flut gegen ihn; ihre Gesichter leuchteten voller Glauben und Hoffnung.
    »Mashiah, ich liebe dich!« rief ein einarmiger Bettler in flehendem Tonfall und packte Adoms Arm. »Laß nicht zu, daß er dich fortholt.«
    »Wachen!« rief Ornias im Befehlston. Die Soldaten schlossen ihre Reihen, formierten sich zu einem Kreis, drängten den Bettler und andere Gläubige zur Seite und trennten die Menschen von Adom wie die Spreu vom Weizen. Zwei der Wachen packten ihn mit schmerzhaftem Griff bei den Armen und schleppten ihn die Marmortreppe hinauf. Er hörte die schrillen Klagen all derer, die noch immer um seine Aufmerksamkeit flehten.
    »Erbarmen, Mashiah! Hab Erbarmen!«
    Er versuchte sich umzudrehen, doch der energische Griff der Wachen hinderte ihn daran. Bevor er wußte, wie ihm geschah, umhüllten ihn wieder die violettsamtigen Schatten des Palasts. Ornias schlug die Bronzetüren zu, daß der Klang durch das ganze Gebäude hallte, und verriegelte sie.
    Dann strich er sein vom Wind zerzaustes hellbraunes Haar glatt und schaute Adom vorwurfsvoll an.
    »Um Gottes willen, Adom, wolltest du dich umbringen lassen?«
    »Nein, ich… ich…« Adom schob verärgert über seine Unfähigkeit, sich diesem Mann zu widersetzen, die Hände in die Taschen. Er wollte nichts als Ruhe und Frieden um sich. »Die Menschen kamen die ganze Nacht über in Scharen herbei. Ich konnte es nicht mehr ertragen, wie sie meinen Namen riefen. Deshalb bin ich …«
    »Also gut, aber du darfst das nicht noch einmal tun. Ich weiß, daß du jedermann traust, aber nicht jeder verdient auch dein

Weitere Kostenlose Bücher