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Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun

Titel: Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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ist es denn diesmal? Hochzeit oder Beerdigung?«
    »Beerdigung. Außerdem mußte er noch in die Stadt. Major Lichtner hat angerufen und wollte ihn sehen.«
    »Lichtner? Dieses militärische Spatzenhirn? Was will er denn?«
    »Weiß ich nicht. Wir werden …«
    Pavel unterbrach sich. Von draußen war zu hören, wie das Tor zuschlug, und dann rief Tocas Stimme: »Ich hab’s nicht vergessen! Bin schon da!« Er polterte durch die Haustür herein. Toca war ein großer Mann, dessen Haar bereits grau und schütter geworden war. In seinen Augen brannte jedoch immer noch das alte Feuer. Er war ganz in Schwarz gekleidet, und auf seiner Brust hob sich das silberne Dreieck, das er an einer Halskette trug, strahlend hell ab. »Aber ich nehme an, ihr habt euch trotzdem das Maul über mich zerrissen.«
    »Das hast du auch nicht anders verdient!« erklärte Jasper. »Meinst du wirklich, ein Leichnam wäre wichtiger als eine lebende Enkeltochter?«
    Tocas Gesicht verzog sich schuldbewußt. Jasper hatte diese Miene, die offenbar nur dazu dienen sollte, den Betrachter milde zu stimmen, bestimmt schon mehr als tausend Mal gesehen.
    »Nun«, begann Toca zerknirscht, »ich wollte gewiß nicht …«
    »Erspar uns das. Pavel und ich haben deine Entschuldigungen schon viel zu oft gehört. Wer ist denn gestorben?«
    Ein Anflug echter Scham rötete Tocas Wangen, wie Jasper zufrieden bemerkte. Pavel beobachtete leicht amüsiert die ganze Szene.
    »Der alte Benjamin Powe ist verschieden. Und einen schöneren Abschied hätte er sich gar nicht wünschen können. Soviel Heulen und Wehklagen erlebt man selten. Und die Autoschlange, die dem Sarg zum Friedhof folgte, war bestimmt meilenlang.«
    »Kein Wunder, schließlich schuldete er so ziemlich jedem Geld«, bemerkte Jasper und betrachtete angelegentlich seine schmutzigen Fingernägel. »Vermutlich haben die Gläubiger gehofft, sie könnten seine Familie festnageln.«
    Toca bedachte ihn mit einem mißbilligenden Blick und ließ sich dann am anderen Ende der Couch nieder. Aus dem Garten war helles Kichern zu vernehmen.
    Pavel lächelte. »Jonas ist herübergekommen, um mit Yael zu spielen.«
    »Aha …«, meinte Toca. »Dann zeig mir doch mal diese großartige Belobigungsurkunde. Wo ist sie denn?«
    »In meinem Zimmer. Natürlich gerahmt und aufgehängt. Ich hole sie schnell.« Pavel eilte aus dem Zimmer und den langen Flur entlang.
    Jasper warf seinem Sohn einen forschenden Blick zu, und Toca runzelte unwillkürlich die Stirn. »Du warst also bei Lichtner? Was wollte dieser Idiot denn?«
    »Ach, nichts Wichtiges, Papa. Die Magistraten bereiten ein Registrierungsprogramm vor. Ab morgen eröffnen sie überall in der Stadt zeitlich befristete Büros. Wir alle müssen uns melden.«
    »Was sollen wir melden?«
    Pavel kehrte zurück und reichte Toca die gerahmte Urkunde. Dann blieb er mit in die Hüften gestützten Händen stehen und wartete auf den Kommentar seines Vaters. Toca studierte sie gründlich und meinte dann mit einem strahlenden Lächeln: »Sie ist das klügste Mädchen in der Schule. Genau, wie ich immer gesagt habe. Was meint denn ihr Lehrer …«
    »Was sollen wir melden?« fragte Jasper und spürte, wie langsam die Angst von ihm Besitz ergriff.
    »Worum geht’s denn eigentlich?« wollte Pavel wissen, während er den Rahmen nahm und ihn auf den Tisch legte.
    »Ach, Papa regt sich auf, weil die Magistraten ein Registrierungsprogramm starten. Wir müssen alle dorthin und unsere Namen und Adressen angeben. Außerdem sollen wir schriftlich niederlegen, wo wir uns in den nächsten vierzehn Tagen aufhalten, und zwar detailliert für jede Stunde des Tages.«
    Pavel schüttelte den Kopf. »Verrückt. Was ist, wenn wir das nicht wissen? Ich zum Beispiel habe jetzt doch noch gar keine Ahnung, was ich morgen abend machen werde.«
    »Das solltest du dir dann besser überlegen. Fehler oder Auslassungen werden mit Gefängnis bestraft. Sie nehmen das alles sehr ernst.«
    »Registrierung?« flüsterte Jasper. Längst vergessene Erinnerungen erwachten zu neuem Leben. Genau so hatten die Magistraten auch vor der letzten Revolte gehandelt. Alle Gamanten waren aufgefordert worden, sich täglich zu melden und zu berichten, wo sie sich zu jeder Stunde des Tages aufhalten würden. »Mit welcher Begründung?«
    Toca blinzelte erstaunt angesichts der Eindringlichkeit, mit der Jasper die Frage gestellt hatte. »Angeblich befürchten sie, Baruch könnte Tikkun angreifen. Falls es dazu kommt, wollen sie die

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