Die Gamant-Chroniken 02 - Die Rebellen von Tikkun
merkten, daß etwas schiefgelaufen war, dann würde die Gefangennahme Baruchs jeden möglichen Vorwurf mehr als aufwiegen.
Aber wie, zum Teufel, sollten sie Baruch besiegen? Tahns Zustand war noch immer bedenklich, auch wenn es ihm inzwischen schon besser ging und er mittlerweile in der Lage war, längere Gespräche zu führen. Zählen konnte sie jedenfalls noch nicht auf ihn. Und das wiederum bedeutete, daß sie den Angriff allein planen mußte – was ihr ganz und gar nicht gefiel.
»Wo sind deine Schwachstellen, Baruch? Hast du überhaupt welche?«
Die nächsten zwei Stunden verbrachte Halloway damit, in ihrer Kabine auf und ab zu wandern und einen Schlachtplan nach dem anderen zu entwerfen, von denen jedoch keiner tauglich erschien. Baruch würde ihr Vorhaben durchschauen, bevor sie auch nur den ersten Schritt getan hätte.
Halloway starrte verzweifelt zur Kabinendecke empor und ballte die Fäuste. Was in Gottes Namen konnte sie nur tun, um … Ein plötzlicher Einfall durchzuckte sie. »Ja … vielleicht. Vielleicht.«
Sie eilte zum Schreibtisch hinüber und ließ sich schwer in den Sessel fallen. Der Cursor blinkte im gleichen Takt wie ihr Herzschlag. »Computer, liste alle bekannten Daten über Syene Pleroma auf. Kennzeichne persönliche Gewohnheiten und emotionale Eigenheiten. Ich will alles wissen: Wie ihr Lachen geklungen hat, welches Parfum sie benutzte, wie sie sich bewegt hat.«
Das Bild einer schönen, athletisch gebauten Frau füllte den Schirm. Das lange braune Haar war hinter die Ohren zurückgestrichen und fiel in dichten Locken über den schwarzen Kampfanzug. Carey betrachtete das Gesicht der Frau. Es wirkte so zart und zerbrechlich wie das einer Porzellanpuppe, und die Augen waren groß und verwundbar.
Gen Abruzzi betrachtete den Frontschirm. Sie waren hinter der Sonne in den Normalraum zurückgekehrt und empfingen ein schwaches Bild der Hoyer. Das Schiff leuchtete wie ein silberner Vogel, während es Horeb umkreiste. Selbst aus dieser Entfernung konnte Abruzzi erkennen, daß Tahn den Angriff nicht vollständig ausgeführt hatte.
Abruzzi fuhr sich durch das wollige graue Haar und massierte die verspannten Muskeln im Nacken. »Tenon, sind Sie sicher, daß die Schiffe, die von der Oberfläche des Planeten aufsteigen, nicht zu unseren Einheiten gehören?«
»Aufgrund der Masseanalyse würde ich sagen, einige schon. Die meisten sind aber zu klein für magistratische Konstruktionen.«
»Planetare Schiffe? Und was machen die da?«
Tenon erhob sich und ging langsam zu ihm hinüber. Ihre gelbe Haut und das kurze schwarze Haar schimmerten seidig im hellen Licht. Gemeinsam betrachteten sie die Bilder auf den Monitoren. »Ich kann mir höchstens vorstellen, daß sie Flüchtlinge von Horeb heraufbringen.«
Abruzzi schluckte und spürte, daß seine Kehle ausgetrocknet war. Seine Handflächen fühlten sich feucht an. »Mist. Wahrscheinlich brauchen wir Hilfe. Sehen Sie zu, ob Sie Erinyes erreichen können, aber überlassen Sie das Reden mir.«
»Und was ist mit Palaia? Ich glaube nicht, daß Slothen sehr erfreut ist, wenn wir Extratouren reiten und ohne Befehl eingreifen.«
Der Captain nickte zögernd. »Schicken Sie einen Funkspruch an Palaia. Erbitten Anweisungen bezüglich unserer nächsten Schritte.«
»Aye, Sir.« Tenon nickte Jylo Weri zu, dem Kommunikationsoffizier.
Abruzzi wippte nervös auf den Zehenspitzen, während er auf die Antwort wartete.
KAPITEL
15
Rachel stöhnte leise im Schlaf. Sie versuchte aufzustehen und wegzulaufen, doch der Alptraum schien sie wie eine Zwangsjacke zu fesseln. Adoms hübsches Gesicht schien verzeihend über ihr zu schweben, während Dutzende anderer Szenen vorbeihuschten. All die Menschen, gegen die sie auf Horeb gekämpft hatte, und die Männer, die ihren Ehemann getötet hatten und auch sie und Sybil umbringen wollten, all diese Menschen schlichen jetzt durch die Gänge der Hoyer. Und sie wollten sie noch immer umbringen. Doch hier, im All, gab es keine Wüste, in die sie hätte flüchten können. Was sollte sie tun? Wohin konnte sie fliehen? Ihr Magen verkrampfte sich schmerzhaft.
Begleitet von einer Wolke aus Wärme wurde sie plötzlich von einem wie Goldstaub schimmernden Wirbel eingehüllt, der ihre Träume umfing wie ein leidenschaftlicher Liebhaber. Tränen der Schuld und des Bedauerns rannen über Rachels Wangen. Für eine unbestimmbare Zeitspanne ließ sie sich einfach von der Wärme treiben, die ihren Schmerz und ihre Angst
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