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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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frei schwingen. Weiße Wirbel zogen über die blaue Oberfläche. Careys Wangen hatten einen rosa Farbton angenommen, als hätte das Aufflammen der Halskette einen Adrenalinstoß durch ihre Adern gejagt. »Ich hatte mir schon überlegt, es abzunehmen, aber irgendwie konnte ich mich nicht dazu bewegen. Seit ich es mir um den Hals gelegt habe, fühle ich mich auf eine sonderbare Weise wie … mit Beschlag belegt.«
    »Das nennt man Furcht, meine Liebe.«
    »Nein, es ist eher wie eine Warnung.«
    »Ach, ja? Dieses Gefühl habe ich ständig. Fragt sich nur, eine Warnung wovor?« Wieder wanderte sein Blick zu den baumbestandenen Hängen, und er empfand eine Verzweiflung, die schon an Panik grenzte.
    Carey schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Aber ich hatte sehr seltsame Träume, voller Krieg und Schmerz.« Ihre Nasenflügel weiteten sich, als würde sie inmitten dieser herrlichen Berge den Geruch blutbedeckter Leichen wahrnehmen.
    »Warum, zum Teufel, nimmst du es dann nicht ab?« fragte Tahn scharf.
    »Ich will mit Gott sprechen. Wollte ich schon immer. Dann kann ich ihm ins Gesicht sagen, was für ein Mistkerl er ist.«
    »Nun, das sollte ihn überzeugen, den Gamanten zu helfen.« Cole warf noch einen Blick auf das Mea. Wann immer er es ansah, hatte er das merkwürdige Gefühl, gerade einen Schritt über den Rand eines Abgrunds getan zu haben. »Übrigens, nur zu deiner Information, es beunruhigt mich sehr, daß du ein primordiales Schwarzes Loch um den Hals trägst.«
    Ein Windstoß fuhr über den Landeplatz, schleuderte ihnen Sandkörner ins Gesicht und trieb die Blätter hoch in die Luft.
    »Wir sind nicht ganz sicher, ob es so etwas ist«, bemerkte sie.
    »Aber wir sind uns ziemlich sicher.«
    Gleich nachdem die Kugel zu leuchten angefangen hatte, hatte man sie einer Testreihe unterzogen. Gewicht: Vier Milliarden Tonnen – obwohl das Mea leicht wie eine Feder war. Äußere Hülle: Gekühlte Berylliumionen, die in einer Reihe konzentrischer Schalen angeordnet waren. Die Ionen glitten in einer flüssigkeitsähnlichen Phase um die Schalen, erfuhren dabei aber so gut wie keine Diffusion. Ja, Tahn hatte in der Tat den starken Verdacht, daß im Innern des Mea eine Singularität lauerte. Bisher hatte er allerdings noch keine Begründung dafür gefunden, weshalb es keine Masse zu besitzen schien. Vielleicht existierte das Schwarze Loch ja in einem alternativen Universum, und sie erblickten es durch das Tor?
    Carey neigte den Kopf und betrachtete den Gegenstand neugierig. »Jeremiels ursprüngliche Analyse vor zwölf Jahren auf der Hoyer unterstützt deine Theorie. Ich erinnere mich, wie er mir davon erzählt hat. Tatsächlich«, meinte sie lächelnd, »hat er mir geraten, vorsichtig zu sein. Obwohl ich das Teil schon früher getragen habe und nichts passiert ist, meinte er, es könne jederzeit wieder aufflammen, und ich solle vorbereitet sein.«
    »Vorbereitet auf was?«
    »Daß Gott anruft, um ein Schwätzchen zu halten.«
    Cole rieb sich nachdenklich das Kinn. »Ich verstehe.«
    »Wenn das Mea tatsächlich eine Singularität ist, würde das vielen alten Legenden eine gewisse Glaubwürdigkeit verleihen. Sinlayzan, der große gamantische Philosoph, nannte die Meas ›Donnersteine‹. Er glaubte, sie ständen mit dem Tor der Welt in Verbindung, dem loka-dvara, durch das eine Seele ins Jenseits eintritt.«
    »Nun, das erklärt ja dann wohl alles, wie? Das Jenseits? Niemand kann vorhersagen, wohin dich das verdammte Ding entführt, wenn du ihm die Gelegenheit dazu gibst. Würde es mir gehören, würde ich es durch eine Luftschleuse hinauswerfen.«
    »So, würdest du das?« fragte sie amüsiert. Im schwindenden Licht nahm ihr herbstfarbenes Haar einen messingähnlichen Schimmer an, der ihre perlweiße Haut unterstrich. »Jenen Gegenstand, der es Yacob, einem der Vorväter des Volkes, erlaubte, mit Gott zu sprechen? Man erzählt, daß er sich zum Schlafen auf einen Stein gelegt hat, der sich dort befand, wo Himmel und Erde sich am nächsten sind, und Epagael zu ihm kam. Die gamantischen Zaddiks, die heiligen Männer, berichten, daß einstmals der Himmel von Tausenden von Meas erfüllt war – sie nennen es Indras Netz. Doch die Magistraten sammelten sie alle ein und …«
    »Laß die Legenden. Stört es dich nicht, daß es nur leuchtet, wenn du es trägst? Es ist so, als würde es dich allein ansprechen.«
    Um seine Ansicht zu verdeutlichen, streckte er die Hand aus und umfaßte den blauen Globus. Das Leuchten erstarb.

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