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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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und Sinlayzan, bei Sarah, Jekutiel und Rachel und all den anderen rechtschaffenen Männern und Frauen im Paradies. Amayne.«
    Yosef schloß die Augen. Wie sonderbar, daß eine andere Rachel, Rachel Eloel, Adom getötet hatte. Die himmlische Rachel war die Schutzheilige, die Mutter des Volkes. Manche spekulierten sogar, sie sei das weibliche Element von Epagael selbst. Andere jedoch behaupteten das genaue Gegenteil und erklärten, ihr Wesen sei auf ewige Zeiten mit dem verderbten Aktariel verbunden, dem Prinzen der Grube der Finsternis.
    Yosef hörte, wie Ari hinter ihm das ›Amayne‹ leise wiederholte.
    Er öffnete die Augen und blickte noch einmal auf den vertrockneten Leichnam. Schließlich streckte er zögernd die Hand aus und streichelte sanft über den morschen Ärmel von Adoms Gewand. »Ruhe sanft, Adom.«
    Er stöhnte leise, als er sich erhob und auf den Flur hinausschritt. Selbst nach all diesen Jahren schmerzte ihn noch das unschuldige Blut, das für Horeb vergossen worden war. Ari legte ihm eine Hand auf den Arm und drückte ihn sanft. »Ich bin froh, daß du daran gedacht hast«, meinte er. »Ich war viel zu schockiert, um …«
    »Ich weiß«, erwiderte Yosef und tätschelte Aris Hand. »Sehen wir zu, daß wir die Bibliothek entdecken. Sie muß sich irgendwo auf diesem Korridor befinden.«
    Jedesmal, wenn sie einen von Rachels blutigen Fußstapfen passierten, schaute er zu Boden. Für einen ihrer Schritte mußte er zwei machen.
    Ari bemerkte leise: »Sie muß gelaufen sein, so schnell sie konnte.«
    »Ja. Sie hat Adom geliebt. Ich bin sicher, die Aufgabe, Adom zum Wohle der Bürger Horebs zu töten, hat sie selbst fast umgebracht. Danach ist sie nie wieder so gewesen wie vorher.«
    »Das stimmt. Sie hat sich völlig verändert. Aber dahinter steckte noch mehr als nur die Sache mit Adom. Nachdem sie und Tahn Jeremiel aus dem Todescamp auf Tikkun gerettet hatten, verschwand Rachel. Und erinnerst du dich an die Zeit, bevor uns die Umsiedlungsschiffe zwangen, den Planeten zu verlassen? Rachel ging oft für Monate fort, und niemand wußte, wo sie war. Und wenn sie zurückkehrte, wirkten ihre Augen leer, als hätte sie einen Teil ihrer selbst verloren.«
    Yosef nickte. »Ich erinnere mich.«
    »In jenen Tagen dachte ich oft, sie käme nur zurück, um mit Jeremiel zu reden, so als würden die beiden ein schreckliches Geheimnis miteinander teilen, das sie niemandem sonst zu enthüllen wagten.«
    Die beiden bogen auf den Hauptgang ein und zwängten sich wieder an den herabgestürzten Trümmern vorbei. Yosef holte tief Luft und betrachtete abermals den Raum 613. »Ari, laß uns den hier zuerst untersuchen.« Er drückte gegen die Tür, doch sie bewegte sich nicht. Erst als er sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen warf, sprang sie auf.
    Eine Schatzkammer voller Antiquitäten breitete sich vor ihm aus. »O mein Gott, Ari!« Yosef stieß die Tür etwas weiter auf und ging vorsichtig in den Raum hinein. Er mußte husten, als ihn die aufgewirbelten Staubwolken einhüllten. Ari folgte ihm auf dem Fuße und hörte, wie Yosef flüsterte: »Das muß es sein. Das genizah!«
    »Mach dir nicht zu große Hoffnungen«, meinte Ari warnend. »Das kann ebensogut eine der zahllosen Büchereien sein, die König Edom eingerichtet hat.«
    Eine dicke Schicht aus rötlichgrauem Staub bedeckte jeden einzelnen Gegenstand in diesem Zimmer – die zusammengesunkene Couch zu seiner Linken, das morsche Bücherregal auf der rechten Seite, den kleinen schwarzen Tisch und den Stuhl ihm gegenüber. Bücher ruhten, zu hohen Stapeln aufgetürmt, auf dem Tisch und rings darum auf dem Boden.
    »Schau dir das an«, sagte Ari.
    Yosef drehte sich um und sah, worauf Ari zeigte. Verwischte Spuren waren auf dem staubbedeckten Boden zu sehen, als ob der Saum einer Robe oder eines Mantels darübergestrichen wäre. Vorsichtig folgten die beiden den Spuren zwischen den auf der Erde liegenden Büchern hindurch. Hier und dort bemerkte Yosef auch einige Abdrücke von nackten Füßen. Von kleinen, zierlichen Füßen. Es waren die Spuren einer Frau.
    Eines der herumliegenden Bücher war aufgeschlagen. Yosef beugte sich vor und betrachtete es stirnrunzelnd. Viele der Seiten waren längst zu Staub zerfallen; von anderen waren noch größere Fetzen erhalten. Er rückte die Brille zurecht und las die erkennbaren Worte laut vor, ohne es selbst zu merken:
     
    … blaue Bestien kamen in Scharen … brachten uns nach … nur der Herr weiß, was geschehen wäre, wenn wir

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