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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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und anschrie, weil sie Großmutter Sefers Geschichten weitererzählt hatte. Dabei hatte sie diese wilden, farbenprächtigen Erzählungen geliebt. Doch Lucan Jossel, ihre Mutter, bekannte sich zum Atheismus der Magistraten – und dem ihres Ehemannes Johan. Lucan fürchtete, ihre hochrangigen Freunde würden sie schneiden, wenn sie von ihrer Herkunft erfuhren. Und deshalb bestrafte sie Amirah immer, wenn sie ihren Freunden von solchen Dingen berichtete.
    »Warum haben Sie mir das erzählt?« fragte Tahn neugierig. »Diese Information steht bestimmt nicht in Ihrer Akte.«
    »Nein. Mein Vater hat in der regierungseigenen Datenverwaltung gearbeitet. Wann immer ein Hinweis auf die Herkunft meiner Mutter auftauchte, hat er ihn gelöscht. Somit tauchte in meinen Unterlagen natürlich erst recht nichts darüber auf.«
    »Hört sich überzeugend an. Und warum wollte Ihre Mutter unbedingt ihr gamantisches Erbe verleugnen?«
    »Weil meine Großmutter während der letzten gamantischen Revolte für mehrere Jahre verschwand – ich weiß nicht, wo sie war – und meine Mutter damals auf eine magistratische Rechtsschule geschickt wurde. Dort hat man ihre Gedanken korrigiert.«
    »›Korrigiert‹«, stieß Tahn hervor. »Ich habe das schon immer für eine höchst interessante Umschreibung dieses Vorgangs gehalten. Man hat also die gesamte gamantische Kultur und Geschichte aus dem Gehirn Ihrer Mutter entfernt, wie? Und Ihrem Vater hat das gefallen?«
    »Ich nehme es an. Meine Mutter war sehr schön und intelligent. Papa hatte schon seine Gründe, sie zu lieben.«
    »Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?«
    »Ich weiß nicht …, aber versuchen Sie es mal.«
    »Wie können Sie …« Tahn unterbrach sich, als würde er nach einem besseren Anfang suchen. »Schmerzt es Sie nicht jedesmal, wenn Sie den Befehl erhalten, gegen gamantische Bürger vorzugehen?«
    Amirah spielte mit der Seife. Es schmerzte in der Tat. Aber sie unterdrückte dieses Gefühl jetzt schon so lange, daß sie es fast überwunden hatte. Zu Anfang hatte sie oft darüber nachgedacht, was Sefer Raziel wohl sagen würde, wenn sie ihre Enkeltochter jetzt sehen könnte. Der Kummer drohte sie zu überwältigen. Verärgert schlug sie auf das Wasser. »Haben Sie Übung darin, in den Wunden anderer Menschen zu bohren, oder sind Sie ein Naturtalent?«
    »Wenn meine Frage Sie geschmerzt hat, ist das schon eine Antwort.«
    »Es gefällt mir nicht, Zivilisten anzugreifen. Aber Befehl …«
    »… ist Befehl. Ja, so habe ich auch mal gedacht. Aber glücklicherweise bin ich darüber hinausgewachsen.«
    Amirah sprang plötzlich auf. Das Wasser strömte in silbernen Kaskaden ihren Körper hinab. »Ja, Sie sind zu einem Verräter und Verbrecher herangewachsen.«
    Tahn ließ sie keine Sekunde aus den Augen, als er sich erhob, langsam an der Bank entlang ging, ein Badetuch nahm und es ihr hinstreckte. Amirah warf einen Blick auf seine Haltung und die Pistole und wünschte sich, er würde in seiner Wachsamkeit wenigstens für einen Sekundenbruchteil nachlassen. Zornig riß sie ihm das Badetuch aus der Hand.
    Tahn wich zurück und lehnte sich wieder an die Wand. Amirah stieg aus dem Becken, trocknete sich ab, streifte das Gewand über den Kopf und glättete es an den Hüften. Der zarte Stoff legte sich wie ein hauchdünnes Spinnengewebe um jede Kurve ihres Körpers.
    Tahn seufzte bewundernd. »Das ist ja fast noch schlimmer, als Sie ohne Kleider zu sehen. Sie sehen wie eine Göttin aus, die gerade vom Olymp herabgestiegen ist.«
    »Von wo?«
    »Ist nicht wichtig. Offensichtlich bin ich hier der Historiker. Warum kommen Sie nicht zu mir und setzen sich hierher, wo ich Sie im Auge behalten kann?« Er deutete mit der Waffe auf die Bank.
    Amirah schnitt wegen des ›Historikers‹ eine Grimasse, setzte sich aber auf die Bank. Tahn fesselte sorgfältig erst ihre Hände und dann ihre Füße.
    Anschließend ging er zum Becken hinüber, löste den Gürtel, legte ihn auf den Beckenrand, zog die Pistole aus dem Holster und legte sie oben auf den Gürtel. Dann öffnete er den Overall und schlüpfte aus den Ärmeln.
    Amirah zog die Füße auf die Bank und stützte ihre gefesselten Hände darauf. Die ganze Zeit beobachtete sie Tahn aufmerksam und wartete darauf, daß er sich mehr als einen Schritt von seiner Waffe entfernte. Selbst gefesselt hätte sie dann eine Chance. Der Anblick von Tahns breiter, muskulöser, von schwarzen Haaren bedeckter Brust weckte Gefühle in ihr, die sie schnell wieder zu

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