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Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb

Titel: Die Gamant-Chroniken 03 - Die Prophezeiung von Horeb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen M. O'Neal
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unterdrücken versuchte. Trotzdem beobachtete sie weiterhin jede seiner Bewegungen. Ihre Großmutter kam ihr in den Sinn, mit all den Geboten, die sie ihr immer eingehämmert hatte. Ganz zu schweigen von den Magistraten – die hatten auch nicht viel für Offiziere übrig, die mit dem Feind fraternisierten.
    Tahn stieg aus den Stiefeln, und Amirah schaute zu, wie er den Overall ganz ablegte. Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu der Wunde an seinem Oberschenkel. Der Schuß hatte das Bein gestreift und einen Teil des Muskels zerrissen. Rings um die Wunde zeichnete sich eine starke Rötung ab, die auf eine Infektion hindeutete. Es mußte ihn höllisch geschmerzt haben. Vorsichtig stieg er ins Wasser und zuckte zusammen, als die heiße Flüssigkeit über die Wunde rann.
    »So«, erklärte Amirah, »und jetzt erzählen Sie mir von sich.«
    Tahn hatte ein Auge zusammengekniffen, offenbar vor Schmerz. Das andere fixierte sie jetzt. »Warum?« keuchte er. »Sie kennen mich doch besser als ich mich selbst.«
    »Das bezweifle ich. Beispielsweise weiß ich nichts über die letzten zwölf Jahre Ihres Lebens. Was ist geschehen, nachdem Sie sich dem gamantischen Untergrund angeschlossen hatten? Und was war es für ein Gefühl, Verrat zu begehen?«
    Tahn ließ sich ganz in das Becken sinken, streckte langsam die Beine aus und seufzte erleichtert. »Zu Anfang gar nicht so gut. Jahrelang hatte ich mich mehr oder weniger durch das Bild definiert, das meine Crew von mir hatte. Wenn ich mir mal einsam und verloren vorkam, brauchte ich nur meine Offiziere anzuschauen, und schon wußte ich wieder, wo ich stand. Machen Sie das auch so?«
    Amirah lehnte sich mit den Schultern gegen die Wand. »Ich stehe nicht mehr im Zeugenstand, sondern Sie. Verrat macht also einsam, wie?«
    Tahn lächelte versonnen. »Das Leben bei den Magistraten hatte mich nicht auf Menschen vorbereitet, die so eigenständig und unabhängig sind wie die Gamanten. Vielleicht können Sie das ja besser verstehen als ich damals. Gamanten kümmern sich nicht darum, wer man früher war und was man getan hat. Sie beurteilen einen Menschen ausschließlich nach den Qualitäten, die er zeigt. Und dann erweist sich, ob man ihres Respektes würdig ist oder nicht.«
    »Und das waren Sie nicht?«
    »Zu Anfang nicht. Die meisten haßten mich. Meine Mannschaft und ich waren für den Tod von Hunderttausenden ihres Volkes verantwortlich. Verzeihung, Ihres Volkes.« Tahn tauchte kurz unter, um die Haare naß zu machen. »Wie viele von Ihrem Volk haben Sie denn getötet, Amirah?«
    Der süße Duft von Jasmin breitete sich mit dem Wasserdampf aus. Amirahs Haar trocknete langsam und fiel in langen Locken über ihre Schultern herab. »Und wie haben Sie die Feindseligkeit des Untergrunds überlebt?« fragte sie zurück.
    »Sie mögen es wohl nicht, wenn ich die Gamanten als Ihr Volk bezeichne, wie? Dann müssen Sie aber in Ihrer Jugend erhebliche Probleme gehabt haben. Sind Sie schon immer vor sich selbst weggelaufen? Oder ist das eine Überlebensstrategie, die Sie erst in letzter Zeit entwickelt haben?« Amirah schoß ihm einen hitzigen Blick zu, den Tahn jedoch mit Gleichmut hinnahm. »Aber um Ihre Frage zu beantworten, wie ich im Untergrund überlebt habe – ich hatte einen Freund, der mir half.«
    Amirah bemerkte den sanften Unterton in seiner Stimme. »Oh, eine Frau?«
    »Stört Sie das?«
    »Warum sollte es?«
    »Ich weiß nicht. Sie haben sich gerade so eifersüchtig angehört, daß mein Herz einen richtigen Satz machte.«
    Amirah rieb sich die Nackenmuskeln. »Lieber Himmel, Sie müssen sich wirklich nicht sehr anstrengen, um jemandem den Magen umzudrehen. Ich glaube, das liegt vor allem an Ihrem Grinsen. Üben Sie das vor dem Spiegel?«
    Tahn mußte lächeln, während er sich die Brust einseifte. »Nicht mehr so oft. Der Untergrund hält mich ziemlich auf Trab.«
    »Baruch ist ein Sklaventreiber, was? Erzählen Sie mir von ihm? Kennen Sie ihn gut?«
    Tahn blickte sie ernst an und legte die Hand dicht neben der Waffe auf den Beckenrand. »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Ist er wirklich so brillant, wie man erzählt?«
    »Jeremiel ist kein Gesprächsthema für uns, Amirah.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich vorhabe, Sie laufen zu lassen, wenn Sie Ihren Zweck erfüllt haben. Wir können ruhig offen über meine oder Ihre Vergangenheit reden, aber Jeremiel werde ich nicht gefährden.«
    Tahn stand auf, und Amirah erhob sich ebenfalls. Coles Schultermuskeln spannten sich. »Setzen Sie sich

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