Die Gang: Roman (German Edition)

sie den Strand erreichte. »Wo fangen wir an?«
    »Keine Ahnung.« Dave blickte prüfend über den Strand. Hier und da waren dunkle Flecken zu sehen, die sich als in Decken gewickelte Leute erwiesen. Meistens waren es Paare. Einige saßen, andere lagen im Sand und umarmten sich. Dave sah einen einsamen Mann, der am Strand entlanglief. Ein Hund rannte vor ihm her auf eine Gruppe von drei Personen zu, die aus der Gegenrichtung kamen. Der Hund wedelte mit dem Schwanz. Eine der drei, eine Frau mit einem Pferdeschwanz, hockte sich hin und zauste das Fell des Hundes. Weiter rechts spazierte ein Paar an der Rettungsschwimmerstation vorbei.
    »Ich frage mich ja, was die da machen«, sagte Joan. Sie war offensichtlich interessiert an den Leuten mit den Decken.
    »Bisschen eng, so eingewickelt«, sagte Dave.
    »Aus Liebe greift man schon mal zu verzweifelten Maßnahmen.«
    »Willst du herausfinden, was sie da tun?«
    »Wir sollten lieber Gloria finden.«
    »Das denke ich auch.«
    »Ich wäre ziemlich überrascht, sie hier draußen im Freien zu finden«, sagte Joan. »Wenn sie wie ein Troll leben will, wird sie dort sein, wo die meisten Trolle sind.«
    »Das engt in dieser Gegend die Suche nicht besonders ein.«
    Joan wies mit dem Daumen hinter sich.
    »Ich weiß«, sagte Dave.
    »Ich weiß, dass du es weißt.«
    »Ich will da nicht runter, du vielleicht?«
    »Haben wir eine Wahl?«
    »Aber sicher.«
    »Suchst du nach Gloria, oder tust du nur so?«
    Dave zuckte die Schultern.
    Joan nahm seine Hand. »Lass uns nachsehen, bevor ich die Nerven verliere.«
    Sie drehten sich um, gingen an der Treppe vorbei und betraten die Dunkelheit unter der Promenade. Dave schaltete seine Taschenlampe ein. Ein starker Lichtstrahl durchschnitt die Finsternis. Die Schatten der Pfähle bewegten sich und schwankten, wenn das Licht auf sie fiel.
    Ein schriller Schrei ließ ihn zusammenzucken, und Joan zerquetschte beinahe seine Hand. Jemand tauchte kurz hinter einem Pfahl auf und verschwand wieder im Dunkeln; dann fand ihn der Strahl der Taschenlampe. Dave konnte nicht sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Aber es trug schmutzige braune Hosen und einen Mantel, also wusste er, dass es nicht Gloria war. Es huschte winselnd davon. Dave richtete seine Lampe woandershin.
    »Ach du lieber Himmel«, murmelte Joan.
    »Bist du sicher, dass du weitersuchen willst?«
    »Ich kann alles aushalten, was du aushältst.«
    »Ich bin nicht sicher, was meine Hand noch verkraftet.«
    »Entschuldige«, sagt Joan und lockerte ihren Griff. Sie blieben stehen, und Dave ließ den Lichtkegel über das Gebiet vor ihnen wandern. »Scheint okay zu sein«, flüsterte er.
    »Die meisten sind wahrscheinlich weiter hinten.« Er leuchtete nach links und sah eine Frau mit schmutzigem Gesicht hinter einem entfernten Pfahl hervorlugen. Und ein paar weitere Gestalten hinter ihr. Gänsehaut überzog seinen Rücken.
    Er ließ den Lichtkegel schnell weiterwandern.
    Joan murmelte: »Scheiße.«
    »Sollen wir nachsehen?«
    »Nein.«
    »Was ist aus deinem Wagemut geworden?«
    »Der hat Grenzen.«
    »Ich bin froh, das zu hören.«
    »Versuch doch zu rufen.«
    »Gloria?«, rief er. »Gloria, bist du da?«
    Stimmen, fünf oder sechs, einige tief und ernst, andere schrill, riefen: »Gloria? Johoo, Gloria? Gloooria?«
    Dave ächzte. Er hastete nach vorn, hielt dabei Joans Hand fest und rannte an den Pfählen vorbei. Die Stimmen fragten weiter nach Gloria. Sie hörten sich ziemlich amüsiert an.
    Links brach ein Haufen alter Decken auseinander, und ein hagerer Mann setzte sich plötzlich auf. Joan wich zur Seite aus, schlug gegen einen Pfahl, keuchte und stolperte zurück gegen Dave.
    »Sagt mal«, rief der Troll ihnen mit quäkender Stimme zu, »wie wär’s mit ein paar Dollar für ’nen alten Soldaten?«
    Dave legte einen Arm um Joan und eilte mit ihr in Richtung Strand. Sie traten wieder ins Mondlicht hinaus. Und sie blieben nicht stehen, bis sie weit draußen am Strand waren.
    Joan klammerte sich fest an ihn. Sie atmete schwer, ihre Brust hob und senkte sich, ihr Atem streifte sein Ohr.
    »Bist du in Ordnung?«, fragte er.
    Ihre Wange streifte seine, als sie nickte.
    »Hast du dir wehgetan?«
    »Nicht viel. Ein bisschen an der Schulter.«
    »Wir hätten nicht hingehen sollen.«
    »Mein Gott, diese Leute! «
    »Trolle.«
    »Was, wenn Gloria dort ist?«
    »Das ist ihr Problem.«
    »Verflucht.«
    »Wir gehen nicht wieder zurück«, sagte Dave. »Ganz gleich, was du sagst.«
    »Komm, wir