Die Gang: Roman (German Edition)
ihrer Hüfte. »Dann fang schon mal an zu üben.«
Sie kamen zum Bürgersteig. Dave sah sich überall um, auf dem Bürgersteig und der Grasfläche von Funland. Einige Paare waren in der Nähe und schlenderten in Richtung des Haupteingangs. Und er entdeckte, dass jemand auf dem Gras nahe dem alten Pavillon am nördlichen Ende lag. Aus dieser Entfernung sah er nur nach einem Haufen Kleider aus. Daneben lag so etwas wie ein Rucksack.
»Da drüben«, sagte Dave.
Joan nickte. »Sehen wir’s uns an.«
Als sie sich der ausgestreckten Gestalt näherten, konnte Dave erkennen, dass sie ein bärtiges Gesicht hatte.
Joan hatte es auch bemerkt. »Falls Glorias Hormone nicht ausgeflippt sind«, sagte sie, »dann ist sie das nicht.«
»Lass uns trotzdem an diesem Ende anfangen. Wenn wir zurück zum Haupteingang gehen, verlieren wir nur Zeit.«
»Ich hoffe, der Kerl schläft.«
Er schlief nicht. Er stand auf, stolperte auf sie zu und stellte sich ihnen in den Weg. Die nahe Straßenlampe gab genügend Licht, sodass Dave das Glitzern in den Augen des Mannes sehen konnte – ein wilder, verrückter Ausdruck, der ihn an Charles Manson erinnerte. »Helft ’nem Kerl, der kein Glück hat!« Es war keine Bitte. Es war eine Forderung.
Dave sagte: »Wir sind auf der Suche nach …«
Joan griff nach seinem Arm und zog ihn zur Seite.
»Auf der Suche nach Gott? «, stieß der Mann hervor. »Hier bin ich! Gebt mir ’n Dollar!«
»Verschwinde!« Joan rief über die Schulter und zog Dave neben sich her.
»Blöde Fotze! Was ’n los mit der Fotze?«
Dave riss seinen Arm los. Er wirbelte zu dem Mann herum. »Ich zeig’s dir, du widerlicher …«
»Gebt mir ’n Dollar! Gebt mir ’n Dollar, oder ich verfluch euch zu ’nem grauslichen Tod!«
»Dave!«
Sein linker Arm wurde plötzlich von hinten ergriffen. Er merkte, dass er zum Schlag ausgeholt hatte. In seiner Hand befand sich die vierzig Zentimeter lange Taschenlampe.
»Dave!«, rief Joan wieder. »Lass das! Komm mit! Lass uns gehen!«
Er ließ sich von Joan wieder auf den Gehweg führen. Sie zog ihn hinter sich her, aber er blickte zurück zu dem Penner.
Voller Wut schrie der Kerl: »Leckt mich doch!« Er formte die Hände zu einem Sprachrohr vor seinem verzerrten Mund und brüllte: »Verflucht sollt ihr sein! Verflucht sollt ihr sein! Grauslicher Tod! Wamm Bamm Peng!«
Er hüpfte immer noch auf und ab, fuchtelte mit den Armen und schrie. Als sie um die Ecke des Pavillons bogen, konnten sie ihn nicht mehr hören.
Joan lehnte sich an die Wand. Sie schien beinahe dagegen zu sinken. Sie schüttelte den Kopf.
»Bist du in Ordnung?«, fragte Dave.
»Ich? Du hättest ihm fast den Kopf eingeschlagen!«
»Ja, ich habe eine Sekunde lang die Kontrolle verloren.«
»Das ist wohl wahr. Lieber Himmel!« Sie raffte sich wieder auf, legte die Handgelenke auf seine Schultern und streichelte seinen Hinterkopf. »Ich weiß die Ritterlichkeit zu schätzen, Kumpel, aber du musst meine Ehre nicht verteidigen. Es interessiert mich einen Dreck, wie so ein Troll mich nennt.«
»Mich interessiert es aber.«
»Macho-Schwein.«
»Genau. Das bin ich.«
Dass sie seinen Hals und Hinterkopf massierte, nahm ihm die Spannung und machte ihn schläfrig.
»Und jetzt haben wir den Fluch des grauslichen Todes auf uns geladen.«
»Penner«, murmelte er. »Soll ich zurückgehen und ihm einen Dollar geben, damit er den Fluch wieder von uns nimmt?«
»Gib ihm fünf. Man kann nicht vorsichtig genug sein.«
Dave wollte sich umdrehen und zurückgehen, aber sie hielt ihn am Hals fest.
»Was hast du da eigentlich vor?«
»Oh.« Er kapierte, dass sie mit den fünf Dollar nur einen Witz gemacht hatte. Natürlich. Sollten sie den Kerl bezahlen, damit er seinen lächerlichen Fluch zurücknahm? Aber eine Sekunde lang hatte es sich nach einer guten Idee angehört.
Joans Griff an seinem Hals wurde weicher, und sie begann wieder, ihn zu massieren. Er ließ den Kopf sinken und schloss die Augen.
»Von jetzt an«, sagte sie mit sanfter, weicher Stimme, »machen wir einen großen Bogen um alle Trolle, denen wir begegnen. Ich glaube nicht, dass wir sie nach Gloria fragen sollten. Von diesen Leuten würden wir sowieso nichts rausfinden. Und es könnte ihre Identität verraten.«
»Okay. Das ist wohl sinnvoll.«
»Außerdem mach ich mir vor Angst fast in die Hose bei diesen Gestalten.«
Diese Bemerkung riss ihn aus seiner Teilnahmslosigkeit; es war, als würde plötzlich ein Stein in einen stillen See geworfen.
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