Die Gartenparty
daran, daß sie den Braten in die Röhre schieben mußte. David würde vermutlich zwischen vier und fünf heimkommen, fast verhungert nach der Bewegung in der frischen Luft und dem kalten Bier. Na ja, warum nicht? dachte Nancy. Wenn sie zeitig aßen, hatte sie wenigstens einen freien Abend… für den Fall, daß sich noch etwas Interessantes ergäbe. Bis dahin hatte sie ihren Shaker Gin-Tonic und keinen Menschen, der mit ihr trank. David hielt nichts davon, allein zu trinken; er sagte, das sei eine schlechte Gewohnheit, die sich leicht zu Alkoholismus auswachsen könne. Doch es würde sicher nichts schaden, wenn sie sich noch ein kleines Gläschen nahm, bevor sie den Shaker in den Kühlschrank stellte.
Nancy schenkte sich ein und trank, während sie den Braten vorbereitete. Als er in der Röhre war, gönnte sie sich zur Belohnung ein weiteres Gläschen.
Aber es ist doch verdammt komisch, mit Lila, dachte sie.
Wo nur konnte Lila sein?
5
Als der Braten im Ofen war, hatte Nancy nichts mehr zu tun. Ruhelos wanderte sie im Haus umher, sogar nach oben ging sie, um das Bett zu machen. Ständig jedoch fragte eine winzige innere Stimme, wo Lila sein mochte.
»Woher, zum Teufel, soll ich das wissen?« sagte Nancy.
Sie kam eben aus dem Obergeschoß herunter, wo sie das Schlafzimmer aufgeräumt hatte, als die hartnäckige Stimme sie plötzlich an etwas erinnerte, das Mae Walters am Telefon gesagt hatte. Mae hatte gesagt, sie solle doch Larry fragen, nicht wahr?
»Richtig«, sagte die Stimme. »Das hat sie gesagt.«
»Aber er ist doch nicht zu Hause.«
»Dann beweis mal ein bißchen Initiative. Gestern abend hat er zu dir gesagt, er fahre in sein Büro. Vermutlich ist er noch immer da und nimmt übel.«
»Aber Larry hätte es bestimmt nicht gern, wenn ich mich in seine Eheprobleme einmische.«
»Vielleicht aber freut er sich auch darüber. Wenn Lila ihn verlassen hat, und er noch nichts davon weiß, ist er dir sicher dankbar; wenn du’s ihm berichtest.«
Von der kleinen Stimme endlich überzeugt, beschloß Nancy Larry diesen Dienst zu erweisen. Glücklicherweise stand, da David mit in Jack Richmonds Corvette zum Club gefahren war, der alte Chevvie, das einzige Vehikel der Familie Howell, fahrbereit in der Garage. Zu Nancys unendlicher Erleichterung startete er auf Anhieb. Sie fuhr in die Stadt, höchstens ein paar Minuten Weg.
Larry Connors Büro lag im Erdgeschoß eines kleinen Bürohauses an der Hauptstraße. Da es Sonntag war, fand sie direkt davor einen Parkplatz. Auf dem Milchglasfenster von Larrys Büro stand in dicken Goldbuchstaben sein Name. Die schweren Leinenvorhänge waren zugezogen.
Nancy klopfte dreimal an die Haustür. Die Vorhänge bewegten sich nicht; die Jalousie der Haustür blieb geschlossen. Na ja, was habe ich eigentlich erwartet? dachte Nancy. Doch auf den Verdacht hin, daß Larry den festen Schlaf der zutiefst Verzweifelten schlief, fuhr sie ums Haus herum in die schmale Straße, die hinter dem Büroblock herlief und bog in der Mitte des Blödes auf den kleinen Privatparkplatz ein. Überrascht sah sie Larrys Buick auf seinem Platz stehen.
Sie stieg aus dem Chevvie, überquerte die Straße und klopfte an Larrys Hintertür. Wieder keine Antwort, und als sie die Tür zu öffnen versuchte, fand sie sie verschlossen. Also schlief er doch nicht. Da sein Buick auf dem Parkplatz stand, trieb er sich sicher irgendwo in der Nähe herum, zu deprimiert oder zu dickköpfig, um nach Hause zu gehen.
Und was habe ich hier zu suchen? fragte sich Nancy, Doch irgendwie – warum, konnte sie sich nicht erklären – fühlte sie sich verpflichtet, der Sache weiter nachzugehen.
Ihr erster Gedanke war, daß Larry in der Bar des gegenüberliegenden Hotels hockte, um seinen Kummer hinunterzuspülen, doch dann fiel ihr ein, daß die Bar sonntags geschlossen war. Aber vielleicht versuchte er in der Hotelhalle die Zeit totzuschlagen und las die Sonntagszeitung oder sah sich ein Fernsehprogramm an. Sie beschloß, dort nachzusehen, aber zunächst wollte sie ihr Glück in Applebaums Tabakladen versuchen, einem bevorzugten Treffpunkt aller vorübergehend Heimatloser.
Larry war weder hier noch dort. Nancy fragte sogar den Hotelportier, in dem Gedanken, Larry habe sich vielleicht ein Hotelzimmer genommen, statt im Büro zu übernachten. Ergebnislos.
Nun, ich habe meine Pflicht getan, sagte sich Nancy. Vermutlich hockte er in einer der Bars, die das Ladenschlußgesetz für Sonntage übertraten; in diesem Fall konnte
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