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Die Gassen von Marseille

Die Gassen von Marseille

Titel: Die Gassen von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilles Del Pappas
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besoffen, um mit einer schönen girelle über Sex zu reden. Wir sollten lieber schlafen gehen.«
    Sie antwortet nicht, sucht etwas unter dem Sitz. Vor meinen entzückten Augen schwebt plötzlich eine Flasche alter Rum. Wie wundervoll …
    »Hier, zur Versöhnung …«
    Sie drückt sie in meine Hand. Der Rum wurde über sechs Jahre im Eichenfass gelagert. Ich öffne die Flasche und trinke einen Schluck. Runter damit.
    »Ich bin einverstanden und unterzeichne den Friedensvertrag.«
    Versöhnt gebe ich ihr die Pulle zurück.
    »Prost … Hmm! Auf den Frieden!«
    Dann legt sie eine Hand auf mein Knie und fügt hinzu: »Tut mir leid. Manchmal bin ich ein echter tron de l’air. Aber ich kenne leider zu viele gestörte Typen. Ich hab Lust auf dich, so einfach ist das. Und außerdem …«
    Sie klopft mir zärtlich aufs Knie.
    »Außerdem haben wir heute Geburtstag! Und wir haben uns vorgenommen, es uns gutgehen zu lassen!«
    Wir lachen. Der Rum, die Versöhnung … Ich muss zugeben, nachdem sie die Hand auf mein Knie gelegt hat, macht sich bei mir wieder eine kleine Reaktion bemerkbar. Und es wird nicht viel brauchen, bis daraus ein gewaltiger, nicht zu ignorierender Ständer wird. Aber wo kommt die Pulle überhaupt her? Ich deute auf die Flasche.
    »Wie konnten wir denn Proviant an Bord nehmen, ohne dass der Kapitän etwas davon bemerkt?«
    Alix lacht.
    »Du hast echt nichts mitgekriegt?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Das war bei den Dicken.«
    »Du hast ihn geklaut?«
    Sie nickt stolz.
    »Ihr wart alle so damit beschäftigt, euch anzuschreien … Da fand ich es nur gerecht, dass wir für unsere Mühe eine kleine Entschädigung bekommen. Und ich weiß doch, wie gern du Rum trinkst. Ist er gut?«
    Verdammt, die Kleine ist super …
    »Großartig! Und ich vergöttere dich! Willst du mich heiraten?«
    Sie lacht. Wir sind auf der Canebière.
    »Hey, schöne junge Frau, auf dieser Strecke geht’s aber nicht zu mir …«
    »Ich weiß … Aber ich will mit dir in ein Hotel … Es wird dir gefallen.«
    Als wir bei der Reformiertenkirche ankommen, parkt sie rechts am Straßenrand.
    »Wir sind da!«
    Wir stehen vor einem Hotel, das kaum als solches zu erkennen ist. Das Schild ist halb kaputt und blinkt nur noch matt. Das ältliche Äußere gefällt mir.
    »Okay, auf geht’s!«
    Ich weiß nicht, warum ich alte Sachen so mag. Vielleicht weil ich in ihnen eine Seele spüre. Alix packt mich am Arm und zieht mich in die Eingangshalle.
    »Guten Tag.«
    Ein Mann liegt mit dem Kinn auf dem Tresen. In einem winzigen Fernsehapparat knistert grauer Schnee. Der Mann ist alt. Sehr alt. Mindestens hundertzwanzig.
    »Guten Tag. Wir hätten gerne ein Zimmer.«
    Er wird nur mit Mühe wach. Was träumt man in seinem Alter?
    »Haben Sie geträumt?«, frage ich ihn.
    Er brummt ein paar unverständliche Worte. Dann, nach einigem Räuspern und anderen Geräuschen, hält er uns einen Schlüssel hin.
    »Wir wollen das Zimmer, das zum Kino rausgeht«, erklärt Alix.
    Ich sehe sie verwundert an. Sie achtet gar nicht auf mich. Der Alte schimpft vor sich hin. Das Zimmer ist teurer, aber meine Freundin lässt sich nicht umstimmen, und so gibt er ihr einen anderen Schlüssel.
    »Zimmer acht, im ersten Stock.«
    Alix geht die Treppe rauf. Ich drehe mich noch einmal zu dem Alten um.
    »Ist es überhaupt erlaubt, in Ihrem Alter noch zu arbeiten?«
    Einen Moment lang starrt er mich an, dann versteht er, was ich gesagt habe, und beginnt zu schimpfen. Anscheinend mag er es nicht, wenn man ihn an sein hohes Alter erinnert. Während ich meiner Komplizin folge, höre ich seine Tirade in meinem Rücken, plötzlich unterbrochen von einem Lachen, das mir fast körperlich wehtut. Ich habe Angst, dass der Mann an seinem Gelächter erstickt.
    »Hi, hi, hi, mach schon, geh, statt hier den santibelli zu spielen. Genug geschwatzt, allez zou, beweg dich, du Faulpelz. Glaub ja nicht, du müsstest dich hier wie ein cacou aufführen, kümmer dich lieber um die pachole deiner ratepenade, statt mich hier zu beleidigen. Ist ja eine ziemliche baccala, deine nine. Pass auf, dass da nicht die Knochen durchkommen! Hi, hi, hi …«
    Und so weiter … Wie es wohl jeder Kerl in meiner Situation tun würde, beobachte ich Alix’ Hintern, der vor meinen Augen hin und her schwingt. Hypnotisiert von dieser harmonischen Bewegung, laufe ich beinahe in sie hinein, als sie plötzlich stehen bleibt.
    »Was ist denn mit dem Alten los?«
    »Nichts, er sagt nur, du wärst zu dünn.«
    »Dünn?«
    Sie

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