Die Gateway-Trilogie: Mit einem Vorwort von Jack Vance (German Edition)
ist mein Ernst, Lurvy. Ich gebe euch mein Wort darauf.«
Es war eine seltsame, sonderbar anrührende Mitteilung. Es war für Lurvy auch eine Überraschung, dass Broadhead ihren Kosenamen kannte. Sie waren keine engen Freunde gewesen. Als sie und ihre Familie für den Flug zur Nahrungsfabrik geprüft worden waren, hatte sie sich mehrmals mit Broadhead getroffen, aber ihre Beziehung war die von Bittsteller und Monarch gewesen, und viel an zwischenpersönlicher Freundschaft hatte da nicht entstehen können. Sie hatte ihn auch nicht besonders gemocht. Er war durchaus offen und freundlich – ein Multimillionär mit legerer Art, aber auf jeden Dollar achtend, den er ausgab, mit scharfem Blick auf jede Entwicklung in jedem Projekt, das er unternahm. Es gefiel ihr nicht, von einem launischen Finanzgiganten abhängig zu sein.
Und wenn sie ehrlich war, hatte sie sich zu ihren Begegnungen mit einem leichten Vorurteil eingefunden. Sie hatte von Robinette Broadhead längst gehört, bevor er in ihrem Leben eine Rolle zu spielen begann. Während ihrer Zeit auf Gateway war sie einmal mit einer älteren Frau in einem Dreier-Schiff hinausgeflogen, und diese Frau war einmal mit Gelle-Klara Moynlin unterwegs gewesen. Von ihr hatte Lurvy die Geschichte von Broadheads letztem Flug erfahren, von jenem, der ihn zum Multimillionär gemacht hatte. Es war etwas Fragwürdiges dabei. Neun Personen waren bei diesem Flug umgekommen. Broadhead war der einzige Überlebende gewesen. Und zu den Opfern hatte Gelle-Klara Moynlin gehört, die (so behauptete die alte Frau) Broadhead geliebt habe. Vielleicht war es Lurvys eigene Erfahrung mit einer Mission, die fast die ganze Besatzung das Leben gekostet hatte, die ihr Misstrauen hervorgerufen hatte. Aber vorhanden war es.
Das Sonderbare am Broadhead-Flug war, dass für die Opfer das Wort »sterben« vielleicht nicht das richtige sein mochte. Klara und die anderen waren in ein Schwarzes Loch geraten und befanden sich womöglich noch dort, waren vielleicht noch am Leben – Gefangene der verlangsamten Zeit, vielleicht nach all den Jahren nur wenige Stunden älter.
Was verbarg sich also hinter Broadheads Nachricht an Lurvy? Wollte er sie alle drängen, einen Weg zu finden, mit dem man in Gelle-Klara Moynlins Gefängnis eindringen konnte? Kannte er selbst einen? Lurvy vermochte das nicht zu beurteilen, aber zum ersten Mal sah sie ihren Arbeitgeber als menschliches Wesen. Der Gedanke war rührend. Die Angst Lurvys verringerte sich dadurch nicht, aber sie fühlte sich vielleicht nicht mehr ganz so allein. Als sie Paul im Raum der Toten Menschen einen Stapel Aufzeichnungsbänder brachte, damit er sie bei Gelegenheit im Schnellverfahren übermittelte, umarmte sie ihn und drückte ihn an sich, was ihn maßlos überraschte.
Als Janine von einem Ausflug mit Wan in den Raum der Toten Menschen zurückkam, veranlasste irgendetwas sie, leise zu sein. Sie schaute unbemerkt hinein und sah ihre Schwester und ihren Schwager bequem an einer Wand sitzen und halb dem irren Geplapper der Toten Menschen zuhören, halb auf träge Weise miteinander sprechend. Sie drehte sich um, legte den Finger an ihre Lippen und führte Wan fort.
»Ich glaube, sie wollen allein sein«, erklärte sie ihm. »Außerdem bin ich müde. Machen wir eine Pause.«
Wan zog die Schultern hoch. Sie fanden eine geeignete Stelle an einer Korridorkreuzung, dreißig, vierzig Meter entfernt, und er ließ sich nachdenklich neben dem Mädchen nieder.
»Vereinigen sie sich?«, fragte er.
»Mensch, Wan, du denkst auch immer nur an das eine.« Aber sie ärgerte sich nicht und ließ zu, dass er nah an sie heranrückte, bis eine Hand sich ihrer Brust näherte. »Hör auf damit«, sagte sie ruhig.
Er zog die Hand zurück.
»Du bist sehr verstört, Janine«, sagte er schmollend.
»Ach, lass mich in Ruhe.« Aber als er einige Millimeter wegrückte, schob sie sich wieder ein bisschen näher heran. Sie war ganz zufrieden damit, dass er sie begehrte. Beinahe zwei Monate Zusammensein mit ihm hatten dazu geführt, dass sie ihn mochte und ihm sogar vertraute, und alles andere hatte Zeit. Sie genoss seine Gegenwart.
Selbst wenn er mürrisch war.
»Du machst nicht richtig mit«, beklagte er sich.
»Wobei, Herrgott noch mal?«
»Du solltest mit Tiny Jim reden«, sagte er streng. »Er wird dir eine bessere Strategie im Fortpflanzungsrennen erklären. Er hat mir die männliche Rolle genau erklärt, sodass ich sicher bin, richtig mitmachen zu können. Die deine
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