Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Tür.
»Eckhard.«
Er drehte sich um. »Herr?«
»Mach dir keine Sorgen um mich. Ich bin ein alter Sünder, aber der Herr wird ein Einsehen mit mir haben. Und solange ich lebe, werde ich ihm auf die Weise dienen, auf die ich mich am besten verstehe. Ich verlasse mich also auf deine wachen Augen und deinen scharfen Verstand.« Sein Lächeln folgte Eckhard in die Dämmerung.
Nachdem die Tür sich geschlossen hatte, schaute Salomo versonnen aus dem Fenster, durch das sich der Abend in grellen Farben verabschiedete. »Herr! Endlich haben wir einen König, der imstande ist, dieses Reich zu neuen Höhen zu führen, und du lässt es zu, dass der Tod an meine Tür pocht? Warum, Herr?« Er machte eine Bewegung, als wolle er niederknien, doch der Schmerz in den Beinen hinderte ihn daran. »Ein alter Sünder … Verzeih ihm, mein Herr und Gott. Und beschütze den König. Und Udalrich.«
H
Wendelgards Augen begannen zu glänzen. Mit einem strahlenden Lächeln legte sie ihre Hand in Udalrichs und ließ sich zu ihrem Sitz an der langen Tafel führen. Die Fackeln an den Wänden blakten und rußten gegen die geschwärzten Balken und tauchten den Saal in heißes, unruhiges Rot. Es roch nach frischem Wildbret, Gebäck und Honigkuchen.
Udalrichs Blick streifte sie zärtlich. »Wenn ich dich so ansehe, mein Liebes, wird mir klar, dass ich dir auf Buchhorn mehr Abwechslung bieten muss.«
Wendelgard winkte ab, aber sie konnte die Augen nicht von den Akrobaten lösen, die in einer Ecke des Raums ihre Kunststücke vorführten.
»Was muss das für ein Fest sein, das ein Mann einer Nonne auszurichten wagt?«
Udalrich und Wendelgard drehten gleichzeitig die Köpfe.
Die Hand des Grafen zuckte zum Gürtel. »Ottmar von Altdorf«, sagte er grollend.
Der junge Mann neigte mit übertriebener Demut den Kopf. »Derselbe, Graf Udalrich. Ich bin geehrt, dass Ihr ein Nichts wie mich sofort erkennt. Man spricht viel von dem berühmten Heimkehrer.«
»Ihr seid weit fort von Eurem welfischen Stammland. Habt Ihr die Hoffnung auf meine Ländereien immer noch nicht aufgegeben?«
Der junge Mann schüttelte die blonden Haare zurück, und seine Augen glitzerten im Fackelschein. »So hübsch ist dieses Buchhorn dann auch wieder nicht.«
»Das klang anders, solange ich fort war.«
»Unterstellungen, Graf?«, erkundigte sich der junge Edelmann.
Unter dem Tisch legte Wendelgard die Hand auf den Schenkel ihres Mannes und drückte ihn kräftig. »Ihr habt mich gefragt, welche Art von Vergnügungen man einer Nonne bieten kann. Es beginnt mit höflicher, vorzugsweise intelligenter Konversation«, lächelte sie. »Oh, und Honigkuchen. Ich gebe zu, dass ich die in der Klause arg vermisst habe.« Sie nickte Ottmar freundlich zu und wandte ihre Aufmerksamkeit demonstrativ den Gauklern zu.
In diesem Augenblick erhob sich Fürstbischof Salomo, gleichzeitig verstummten die Gespräche, die Musikanten unterbrachen ihren Vortrag, und alle sahen zur Tür.
Geschmückt mit den königlichen Insignien betrat Heinrich die Halle. An seiner Seite schritt ein hünenhafter Mann mit blonden Locken und durchdringenden grünblauen Augen. Beide begrüßten Bischof Salomo, höfliche Worte wurden gewechselt, dann hob der König leutselig die Hand. Musik und Gespräche setzten wieder ein.
»Das ist also Herzog Burchard. Was für ein Auftritt«, raunte Wendelgard ihrem Mann zu. »Aber findest du nicht auch, dass Salomo müde aussieht?«
Udalrich zuckte die Achseln. »Er ist ein alter Mann«, sagte er leise. In seiner Stimme klang ein Hauch von Wehmut. »Aber sein Geist ist messerscharf wie eh und je. Den Wenigsten gelingt es, unter drei Königen zu dienen. Das muss Burchard erst einmal schaffen.«
»Jedenfalls versteht er es zu bezaubern«, stellte Wendelgard fest, während ihr Blick auf dem Herzog ruhte, der an Heinrichs Seite zum unbestrittenen Mittelpunkt des Festes geworden war. Immer wieder wehte sein tiefes warmes Lachen zu ihnen herüber. »Wenn man ihn so sieht, könnte man meinen, er und mein Oheim seien seit Jahren die besten Freunde. Hältst du es wirklich für möglich, dass er keinen Groll mehr hegt? Udalrich?«
Der schreckte auf. »Was hast du gesagt?«
Wendelgard kicherte. »Ich spreche von Politik, und du bist in den Anblick einer Gauklerin versunken. Ich hoffe, ich muss nicht eifersüchtig werden. Du würdest eine Klausnerin zur Todsünde verführen.«
Er griff so heftig nach ihrer Hand, dass sie erschrocken zusammenzuckte. »Niemals,
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