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Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)

Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin
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»Ein Mordanschlag während der Jagd? Und ich bin nicht davon in Kenntnis gesetzt worden? Warum?« Ehe Heinrich die Frage beantworten konnte, schrie er: »Weil Ihr mich verdächtigt? Ihr haltet mich für einen, der gedungene Mörder losschickt? Ich habe mich Euch unterworfen, und Ihr macht mich zum ehrlosen Buben? Herr?«
    Heinrich hatte die Arme verschränkt und betrachtete den Tobenden mit undeutbarem Gesichtsausdruck. Über dem Hof lastete gespenstische Stille.
    Burchard richtete sich zu seiner vollen Höhe auf. »Wenn das so ist, werde ich …«
    »Ihr werdet Euch beruhigen, ehe Ihr etwas sagt, das wir alle bereuen könnten!«, unterbrach Udalrich. Er machte einen Schritt vorwärts, drückte den erhobenen Arm des Herzogs nieder und sah ihm fest ins Gesicht. »Beruhigt Euch, verdammt!«
    Burchard stieß ihn zurück. »Bringt Ihr erst Eure Grafschaft in Ordnung, ehe Ihr gute Ratschläge erteilt!«
    Udalrich bemerkte, wie Salomo beschwörend den Kopf schüttelte. Er biss eine wütende Antwort zurück. »Die Welfen könnt Ihr getrost meine Sorge sein lassen.«
    Burchard lachte hohl. »Wenn die Welfen überhaupt noch an Euch und Eurem Land interessiert sind.«
    »Ihr denkt, ich bin zu alt?«
    »Ja!« Burchard wandte sich ab.
    Udalrich sah ihm nach, während er mit unsicheren Schritten ins Haus zurückkehrte. »Zu alt!« Er bewegte den Kopf, als wolle er die Worte des Herzogs abschütteln. »Wendelgard ist da anderer Meinung, Burchard!«
    Hilfe suchend schaute er sich nach Salomo um. Der Fürstbischof sagte nichts, sondern hob nur müde die Schultern. Gemeinsam gingen sie in den Festsaal zurück. Dort bemerkten sie sofort, dass etwas nicht stimmte, doch Udalrich brauchte eine Weile, um zu erkennen, was es war.
    Ein Diener verneigte sich vor Salomo. Sein Gesicht war verlegen. »Herr, die Spielleute verlassen die Stadt.«
    Salomo scheuchte ihn mit einer Handbewegung fort. Er maß Heinrich und Burchard mit einem ernsten Blick. »Ihr habt es gehört. Es tut mir leid, aber ich fürchte, das Fest ist zu Ende.«
     
    H
     
    Das Licht des frühen Morgens tanzte rein und unverbraucht zwischen den Zweigen. Durch das Laubwerk konnte Eckhard den letzten Goldschimmer des Sonnenaufgangs sehen. Vögel schmetterten ihr Lied in die frühe Morgenluft. Die Unschuld des jungen Tages ließ den Anblick zu Eckhards Füßen noch grausamer erscheinen. Mit einem flauen Gefühl in der Magengegend beugte der Mönch sich über das, was einmal ein Mensch gewesen war. Geronnenes Blut klebte noch an den Blättern und im Gras. Es war schwer zu sagen, welchen Schaden die Schwerter der Bewaffneten, welchen der Tierfraß angerichtet hatte. Eckhard blickte in die leeren Augenhöhlen des Attentäters und sprach ein Gebet für seine Seele, ehe er sich auf den Boden kauerte, um die Fetzen zu untersuchen, die der Tote noch immer auf dem Leib trug. Doch sie gaben keinen Aufschluss. Es waren die Kleider eines einfachen Mannes.
    »Verzeih, Herr, dies ist nicht die Arbeit eines Mönchs«, flüsterte er, während er ein Messer zückte, mit dem er die Reste des groben Leinenhemds aufschnitt. Sekundenlang starrte er auf den zerschlagenen Körper. Er schüttelte den Kopf, als könne er so das Bild vertreiben, das sich vor seinem inneren Auge formte: Wie die Männer des Königs in mörderischer Wut auf diesen Menschen einschlugen, selbst als er längst am Boden lag, ja, sogar als er schon tot war. Mit einem Seufzen entkorkte Eckhard eine Flasche, aus der er Wasser über das Gesicht und den Rumpf des Toten laufen ließ. Geronnenes Blut sickerte in Schlieren über die blasse Haut und wurde vom Waldboden aufgesogen. Neben den verheerenden Wunden wurden gut verheilte Narben sichtbar. Eckhard berührte die alten Wundmale. »Du bist im Krieg gewesen. Wie alt magst du sein? 20? Älter? Deine Haut ist sonnengebräunt, noch jung. Was hat dich zum ehrlosen Meuchelmörder gemacht? Deine Hände …« Er unterdrückte zum ersten Mal ein Würgen, als er erkannte, dass der eine Arm vom Rumpf gehauen war. »Die Hände eines Kriegers, keines Knechts. Obwohl du harte Zeiten hinter dir hast. Hast du dich verdingen müssen? Aber warum zu dieser Arbeit? Es gibt andere Aufgaben für einen jungen Kerl, der ein Schwert führen kann.« Beinahe sanft strich Eckhard dem Toten die dunklen, blutverkrusteten Haarsträhnen aus dem Gesicht und betrachtete das, was von seinen Zügen übrig geblieben war. Er kratzte sich am Hinterkopf. »Ich glaube nicht, dass du ein Söldner bist, ganz sicher bist

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