Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Kleidungsstück. »Zieh ihm das an, und dann reiten wir außen herum durch den Wald.«
Eckhard klopfte dem Schmied anerkennend auf die Schulter. »Sehr gut, Gerald. Ich hole in der Zwischenzeit Hubert.«
H
Orangerote Sonnenstrahlen fielen schräg durch das schmale Fenster und beleuchteten den verhüllten Umriss des Toten. Eckhard kniete am Fußende des Bettes und betete leise. Auch Gerald hatte die Hände gefaltet, während Wulfhard mit schief gelegtem Kopf lauschte. Als er die Schritte hörte, versuchte er unauffällig, mit den Schatten zu verschmelzen. Im nächsten Augenblick wurde die Tür von Rigberts Kammer aufgestoßen, und Udalrich stürmte herein.
»Ist es wahr? Rigbert ist tot?«
Eckhard erhob sich. »Ja, Herr.«
Udalrich riss das Leintuch vom Gesicht des Toten und prallte zurück. »Bei allen Heiligen!«, rief er heiser. »Welcher Teufel war das?« Da er keine Antwort in Eckhards ausdruckslosem Gesicht fand, fixierte er Wulfhard. Sekundenlang betrachtete er den notdürftig geflickten Riss und die Blutflecke auf seinem Kittel. »Du! Dich hat er auch verwundet. Wer war es?«
»Ich weiß es nicht, Herr.«
Udalrich schnaubte und richtete seine Aufmerksamkeit von Neuem auf den Mönch. »Rigbert ist ein Mörder? Wie Kain?« Eckhard öffnete den Mund, aber Udalrich ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Salomo hält viel von Eurem Verstand, nicht wahr?«
Eckhard starrte an Udalrich vorbei. »Ja«, knirschte er leise.
»Nun, ich nicht! Dieser Mann könnte noch leben, wenn Ihr ihn gleich zur Rede gestellt hättet. Ihr habt die Morde aufgeklärt? Gar nichts habt Ihr!« Udalrich warf den Zipfel des Tuchs wieder über das entstellte Gesicht seines Gefolgsmannes und holte zitternd Atem. »Ihr seid schuld an dem Tod dieses Mannes.«
»Ja, Herr. Vielleicht wollt Ihr Euch anhören, was der Pferdehändler zu sagen hat.« Eckhard deutete auf den gefesselten Hubert, der kreideweiß in einer Ecke neben der Tür stand.
»Wozu? Nichts, was dieser elende Kerl sagen kann, ändert etwas an Eurem Versagen. Hatte ich mich nicht verständlich ausgedrückt, als ich sagte, dass ich den Mörder haben will, bis Burchard kommt?«
»Ja, Herr.« Eckhards Stimme klang so gepresst, dass sie kaum zu hören war.
»Ihr!« Udalrich sah Wulfhard und Gerald an. »Ihr bringt den Leichnam ins Dorf, damit er anständig beerdigt werden kann. Den Pferdedieb sperrt ihr in den Schuppen. Über ihn werde ich später Gericht halten.« Der Mann fing an zu wimmern, aber Udalrich brachte ihn mit einem Faustschlag, der ihn gegen die Wand taumeln ließ, zum Schweigen. »Kein Wort«, donnerte er. »Oder du erhältst deine gerechte Strafe gleich hier!«
Gehorsam packten Gerald und Wulfhard den Toten. Der Schmied warf Eckhard einen scheuen Blick zu.
Auf dessen Wangen hatten sich rote Flecken gebildet. »Herr, ich schwöre, ich finde den Mörder, bevor …«
»Ihr findet ja nicht einmal Euren eigenen Arsch! Dieser Mann hat mir treu gedient. Sein Bruder ebenso! Dass er mich betrogen hat, nun«, Udalrich machte eine wütende Handbewegung, »das ist schändlich. Doch wie er gestorben ist, ist teuflisch. Und das ist Eure Schuld!«
»Ja, Herr.« Eckhard verbeugte sich und verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen, die Kammer. Niemand folgte ihm auf dem Weg nach Buchhorn.
Am Waldrand blieb Eckhard stehen und starrte in den wolkenverhangenen Himmel. Einen sündigen Moment lang wünschte er, dass der Mörder zwischen den Bäumen auf ihn wartete. Udalrichs verächtliche Worte dröhnten in seinem Kopf. »Er hat ja recht«, murmelte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Ich war eitel und verblendet. Aber wer ist dieser Teufel?« Er setzte sich erneut in Bewegung. Die feuchtkalte Erde quoll in seine Sandalen. »Und ich werde nicht aufgeben! Salomo erwartet von mir, dass ich den Mord aufkläre, und ich werde ihn aufklären. Zu deinem Ruhm, Herr!« Er schlug die Faust in die geöffnete Linke. »Aber was habe ich übersehen?«
Vom Anwesen her ertönte das Knirschen von Rädern auf dem weichen Waldboden. Als er sich umdrehte, erkannte er Wildfang, der Geralds Karren zog. Die Stute war angebunden und trottete brav hinterher.
Gerald ließ die Zügel locker und klopfte neben sich auf den schmalen Holzsitz. »Steig auf, Eckhard. Auf dem Wagen liegt die Leiche, aber hier ist genug Platz.« Er wartete, bis der Mönch sich zu ihm gesetzt hatte, dann trieb er Wildfang von Neuem an. Von Zeit zu Zeit bedachte er Eckhard mit einem unbehaglichen Blick. »Gibst
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