Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
der Höhle des Löwen.« Ansgar stand auf, umrundete das Feuer und ging vor Eckhard in die Hocke. »Schwört, dass das keine Falle ist.« Seine Stimme klang tief, und es lag eine leise Bitte darin. »Erinnert Euch an die Lieder, die wir gemeinsam gesungen haben!«
Eckhard erwiderte den Blick fest. »Ihr seid unschuldig?«
»Ja!«
»Folglich habt Ihr nichts zu befürchten. Hier, meine Hand darauf.« Er streckte die Rechte aus. Ansgar besiegelte den Pakt mit einem Händedruck.
»Und du musst dich nicht mehr zu deiner Kunigunde schleichen!«, witzelte einer der Akrobaten und stieß Tankmar in die Seite.
»Kunigunde geht dich gar nichts an. Sie gehört mir!«, brauste Tankmar auf und schlug den Arm beiseite. »Ihr wisst doch alle gar nicht, was Liebe ist!«
Alle bis auf Guntram lachten. Der Messerwerfer baute sich vor Tankmar auf und packte ihn am Wams. »Ich habe lange genug mitangesehen, wie du deine Pflichten wegen dieses Weibs vernachlässigst. Ansgar, ich bin dafür, dass sie hierbleibt, wenn wir weiterziehen.«
»Niemals!« Tankmar stieß Guntram zurück und sprang auf die Füße. Schmerz zuckte um seinen Mund, aber sein Bein gab nicht nach. Er presste die Hand auf den Oberschenkel. »Seht ihr?«, rief er. »Ich bin immer noch der Beste. Und nicht nur bei Tag. Find dich damit ab, Guntram, sie will mich!« Im Gehen rempelte er den Messerwerfer an und schlug sich in die Büsche.
Guntram ballte die Hände zu Fäusten. »Wie oft denn noch!«, brüllte er. »Ich will sie nicht!«
Ansgar schüttelte bekümmert den Kopf. »Ich hoffe, Ihr bekommt keinen falschen Eindruck von dem Jungen, Herr«, sagte er zu Eckhard. »Liebe kann nun einmal weh tun. Und du«, er sah Guntram an, »lass ihn in Ruhe. Es kommt immer wieder vor, dass wir den Ablauf umstellen.«
»Darum geht es nicht. Ich ertrage einfach nicht mehr, wie er sich wegen dieses hergelaufenen Weibsstücks aufführt. Er spaltet die Gruppe! Ich habe es vorhin ernst gemeint. Ich will, dass sie hierbleibt!«
»Das entscheiden wir später«, erwiderte Ansgar mit Schärfe. »Vergiss nicht, dass wir einen Gast haben.«
»Hergelaufenes Weibsstück?«, fragte Eckhard und hob die Brauen. »Ein hartes Urteil von einem Spielmann.«
Guntram stieg das Blut in die Wangen. »Sie bringt Unfrieden, seit sie bei uns ist«, sagte er schroff. »Das ist alles, was ich sagen wollte.«
XII
»Platz da!«, schrie Bernulf und trieb sein Pferd durch die Schweine und Rinder, die den Weg blockierten. »Macht Platz für den Herzog!«
Die Kühe brüllten, als die Bauern und Knechte auf sie einprügelten.
»Geht das nicht schneller? Macht schon!«
Wendelgard beugte sich zu Burchard hinüber, der sein unruhiges Pferd dicht an ihrer Seite hielt: »Ist Euer Gefolgsmann immer so grob?«
Bernulf machte ein finsteres Gesicht, aber der Herzog lachte nur. »Ein ruppiges Wesen gehört zum Soldatenhandwerk, Gräfin. Immerhin bringt er uns durch dieses stinkende Durcheinander.«
Wendelgards Lächeln wurde kühler. »Gewiss, Herzog«, stimmte sie zu. Sie deutete auf einen jungen Bauern, der halbherzig seinen Stock einer Kuh in die Flanke stieß. »Gunhild, der Mann da!«, befahl sie. »Ich will ihn sprechen.«
Die Magd gehorchte, und wenig später verbeugte sich der junge Bursche vor der Gräfin. »Herrin?« Über das Brüllen von Mensch und Vieh hinweg war seine Stimme kaum zu verstehen.
Wendelgard lächelte huldvoll. »Du bist aus Buchhorn, nicht wahr?«
»Ja, Herrin.«
»Dann sag den anderen meinen Dank, auch im Namen des Grafen, dass ihr so zuverlässig eure Abgaben entrichtet. Und nun treib das Vieh zur Seite.«
»Ja, Herrin.« Mit hochrotem Gesicht drehte der junge Bauer sich um. »Platz für die Gräfin!«, brüllte er. »Platz für die Herrin!«
Allmählich öffnete sich eine Gasse, die Reitern und Wagen Durchlass gewährte. Wendelgard lehnte sich im Sattel zurück und lächelte.
Ihre Söhne sahen sie verwirrt an, aber während Adalhard Bernulf weiterhin bewundernd anstarrte, platzte Udalrich heraus: »Das war ein Bauer, Mutter!«
Sie zupfte ihn am Ohrläppchen. »Du wirst lernen, mein Sohn, dass sich Stärke nicht notwendigerweise in lautem Gebrüll zeigt. Und ein freundlicher Befehl ist immer noch ein Befehl.«
Sie ließ sich von Gunhild ihre Tochter reichen. Während vor ihnen das gräfliche Anwesen sichtbar wurde, schmiegte sie ihre Wange an das weiche Haar des Mädchens. Am liebsten wäre sie an der Stelle des Reisigen gewesen, der vorausritt, um die Ankunft des Herzogs
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