Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
um Pferdediebstahl geht, wie du dem Grafen weismachen wolltest, warum dann der abgeschnittene Penis? Oder hast du Hilde ganz vergessen?«
»Gar nichts habe ich vergessen. So gut solltest du mich kennen.« Eckhard wandte Gerald den Rücken zu. Die Kutte flatterte um seine Beine, als er zum Stall lief. Der Schmied hörte, wie der Mönch Wulfhard scharfe Befehle erteilte. »Drei Pferde! Du begleitest uns! Nimm den Falben.«
»Und mir sattelst du Wildfang!« Gerald hatte sein Pferd zwischen den Rössern des Grafen entdeckt und streichelte seine Ohren.
Wulfhard grinste. »Wildfang? Sag bloß, die Braune ist nicht der erste Klepper, den Rigbert Euch angedreht hat.«
»Halt lieber dein Schandmaul! Wildfang ist vom Grafen persönlich! Er hat ihn meinem Vater geschenkt.«
Wulfhard zuckte die Achseln. »Na, dann sollte ich mich wohl entschuldigen. Wohin geht es?«
»Rigbert suchen. Richtung Aeschach.« Eckhard bestieg das Pferd, das Wulfhard ihm gesattelt hatte. Die beiden anderen schlossen sich ihm an. Wenig später verließen drei Reiter den Hof, gefolgt von einem kleinen Hund, der hechelnd Schritt zu halten versuchte.
H
Der Fischer kratzte die Stoppeln an seinem Kinn und sah Eckhard mit einer Mischung aus Überraschung und Belustigung an. »Ein Boot? Nee, da fehlt keins. Sind alle zurück, die heut Morgen raus sind.«
»Ganz sicher?«
»Ich kenn doch die Boote, Herr.«
»Und niemand hat Rigbert gesehen? Den Stallmeister? Kräftig, groß …«
»Ja, ja, ich kenn den. Aber heut war er net da.«
»Wie lange braucht man von hier zur anderen Seite?«
»Rudern oder segeln?«
»Egal.«
»Lang!«
Eckhard ballte die Fäuste und öffnete den Mund.
Gerald schob sich rasch zwischen ihn und den Fischer. »Er kann nicht während der Vorstellung der Spielleute übergesetzt haben?«
»Das ist wie ein Markt gewesen. Als die fertig waren, haben wir den Fang verkauft. Alle waren da.«
Wulfhard hörte auf, den Streuner mit kurzen Fußtritten zu reizen. Ohne den Kopf zu drehen, bemerkte er: »Der lügt doch! Der hat wie alle anderen den Spielleuten zugesehen.«
Der Fischer verschränkte die Arme und schob sein Gesicht dicht an Wulfhards heran. »Ich sag’s noch mal. Ich bin der Letzte gewesen, der vom See zurückgekommen ist. Da war’s Mittag.«
Eckhard stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Kommt schon! Wir vergeuden unsere Zeit.«
»Wo ist denn der Scheißköter jetzt!«, murrte Wulfhard.
»Der kleine Kerl ist dir wohl ans Herz gewachsen?«, spottete Gerald. »Lass doch, der kommt schon wieder.« Er zog sich auf Wildfangs Rücken, während Wulfhard unschlüssig am Hafen stehen blieb und nach dem Hund Ausschau hielt. »Er sollte ihm einen Namen geben.«
Zum ersten Mal huschte ein dünnes Lächeln über Eckhards Gesicht.
»Und du«, Gerald warf dem Mönch einen vorsichtigen Blick zu, »solltest vielleicht noch eine andere Möglichkeit bedenken.«
»Ach? Und welche soll das sein?«
»Dass Rigbert nach Bregenz ist, in ein … so ein Haus.«
»Ohne Pferd?«
»Kann doch sein.«
»Verdammter Köter!«
Gerald und Eckhard drehten sich gleichzeitig zum See um und brachen in Gelächter aus. Wulfhard hatte den kleinen Hund am Nackenfell gepackt, doch das Tier zappelte und schnappte. Endlich riss es sich los und schoss wie ein Blitz davon. Der Fischer widmete sich dem Flicken seiner Netze, doch auch in seinen Augen funkelte Belustigung.
Wulfhard war hochrot im Gesicht. »Hau doch ab, du Mistvieh!«, knirschte er und hob einen der Steine auf, die im seichten Wasser lagen. Aber ehe er ihn werfen konnte, fiel Eckhard ihm in den Arm.
»Warte!«
Mit einem Schmerzenslaut ließ Wulfhard den Stein fallen. »Verdammt, Mönch! Ich …«
»Du hast Blut an der Hand.«
»Dann hat das Mistvieh mich auch noch gebissen. Dem brech ich das Kreuz, wenn ich ihn erwische.«
»Und wo ist die Wunde?«
Wulfhard blickte überrascht auf seine Hand.
Eckhard ließ das Handgelenk los und folgte dem Kläffen des Hundes, das aus dem nahen Uferwäldchen ertönte. Dornen und Zweige rissen an seiner Kutte, und noch immer hingen Reste des dichten Morgennebels über der Wasseroberfläche. Das Bellen steigerte sich zu einem aufgeregten Heulen. Verbissen bahnte Eckhard sich einen Weg durch das Gesträuch, bis er das rotbraune Fell des Hundes im Unterholz entdeckte. Er befreite den Saum seiner Kutte und schob die dünnen Zweige auseinander. Der Hund hockte mit gefletschten Zähnen vor einem menschlichen Körper, dessen nackte Haut sich
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