Die Gauklerin von Buchhorn: Historischer Roman (German Edition)
Unordnung.«
Eckhard sah sich in der makellos sauberen Kammer um und schwieg, während die Frau sich wieder ihrem Brotteig zuwandte.
»Setzt Euch doch und erzählt, wie ich Euch helfe kann.« Dietger schob seinem Gast einen Hocker hin und nahm ihm gegenüber Platz. »Weib, bring Honig. Hasch schon Brot g’macht?«
Sie zeigte auf ein Brett, auf dem ein frischer Laib auskühlte.
»Ist sie stumm?«, fragte Eckhard leise, als die Frau das Haus verließ, vermutlich um den Honig zu holen.
Dietger zog ein saures Gesicht. »Nur verschtockt. Sie taugt nichts, aber sie isch nun mal mei Weib, was soll ich mache. Aber lasst uns net von meine Sorge spreche. Ihr wollt was über die Zuschtände in Buchhorn erfahre. Es isch’n Jammer. Der Abschaum im Wald und kei feschte Hand, keiner, der ein Machtwort spricht.«
»Brot und Honig.«
Eckhard zuckte zusammen, da die Frau sich über ihn beugte und ein Holzbrett auf den Tisch stellte. Er sah auf und blickte in zwei graue Augen. Eckhard hielt sich für einen guten Menschenkenner, doch er stellte fest, dass er in diesem Gesicht nicht lesen konnte. Verwirrt sah er zu Dietger hinüber, der seine Frau beinahe hasserfüllt betrachtete.
»Danke.« Eckhard versuchte vergeblich, die Aufmerksamkeit der Frau auf sich zu lenken. »Darf ich fragen, wie Ihr heißt?«
»Isentrud heißt sie. Was sagt denn der Fürschtbischof zu dem Abschaum? Aus Konschtanz soll der ja g’komme sei. Vertrieben?« Er lachte abgehackt.
»Das riecht gut.« Eckhard brach ein Stück Brot und tunkte es in den Honig. »Ich danke Euch, Isentrud.«
Ein Zucken lief um ihren Mund, aber sie schwieg.
»Geh, Weib, hasch du kei Arbeit?« Dietger versetzte seiner Frau einen Stoß und wandte sich wieder an seinen Gast. »Wie ich schon gsagt hab, die Zuschtände sind beklagenswert. Zeit für eine feschte Hand.«
»Eine Hand wie die Eure?«
Dietgers Augen blitzten auf. »Geht’s dadrum? Um en neue Verwalter? Net dass ich mich vordränge möcht«, sagte er hastig, »und ich möcht mich au net rühme, aber ohne mich würde dieser Mörder, dieser Wulfhard, uns immer noch verhöhne.«
»Ihr habt ihn mitsamt dem Schuppen verbrannt, nicht wahr?«
Dietger bekreuzigte sich. »Der Graf wird den alte Schuppe hoffentlich net über die Sicherheit des Ortes schtelle. Oder?« Ein ängstlicher Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Der Kerl war eine Bedrohung für alle ehrliche Leut. Er isch doch hia, oder?«
»Hia? Ihr meint tot?« Eckhard lehnte sich zurück und faltete die Hände. »Er ist in Gottes Obhut.«
»Gott sei’s gedankt!«
Eine Stille senkte sich über den Raum, die so tief war, dass das leise Klatschen des feuchten Brotteigs auf dem Holz zu hören war. Eckhard fühlte seine Blicke wie von selbst zu Isentrud zurückkehren. Er räusperte sich. »Ich habe Euch eigentlich nicht wegen des Brandes aufgesucht, sondern weil Ihr dabei wart, als die zweite Leiche gefunden worden ist.«
»Net dabei. Ich hab gholfe, sie raufzutrage, zur Leutkirch.«
»Wo genau hat sie gelegen?«
»Drunte am See, da isch so eine Lichtung, wo die Pärle gern hingehe. Wenn Ihr verschteht, was ich meine.«
»Waren Reinmar und Hilde denn ein Paar?«
Dietgers vielsagendes Grinsen schnitt tiefe Falten in sein Gesicht. »Ich sag nichts Schlechtes über die Tote. Allerdings … vielleicht war Reinmar net der richtige Mann als Fronbote. Gott hat ihn gschtraft!«
»Dann haben er und Hilde …?« Eckhard hob die Brauen.
»Ach Herr, Ihr wisst doch selbst, wie viel gschwätzt wird. Aber dass der die Weiber gmocht hat, das schteht fescht.«
Ohne es zu wollen, blickte Eckhard wieder zu Isentrud hinüber. Ihr Rücken war steif durchgedrückt, sie arbeitete mit verbissener Heftigkeit. »Lag sie mit dem Gesicht nach oben oder nach unten?«, fragte er gepresst.
»Mit’m Rücke nach obe.«
»Lag der Kopf zum Ufer hin?«
»Ich glaub, zum See raus.«
»Ist viel Blut zu sehen gewesen?«
Dietger bekreuzigte sich erneut. »Der ganze Rücke war voller Blut.«
»Und Wulfhard habt Ihr verdächtigt?«
»Der Saukerl! Jetzt noch seine Kumpane, die Spielleut, raus und dann herrscht wieder Ordnung.« Dietger schlug die flache Hand auf den Tisch. »Ich tät dene zeige, wie ich Gottes Gebote durchsetz!«
»Ist es Gottes Gebot, einen Mann zu verbrennen?«
Eckhard zuckte zusammen. Isentrud hatte sich umgedreht und starrte ihren Mann aus großen kalten Augen an.
Dietger hieb mit der Faust auf den Tisch. »Still, Weib!«, brüllte er und machte eine Bewegung, als
Weitere Kostenlose Bücher