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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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das Wasser war seicht. Dann kam auch er ans Ufer.
    Blindlings trat sie nach ihm. Raoul stieß einen gepressten Laut aus und krümmte sich. Sie raffte sich auf, um davonzulaufen. Er schrocken blieb sie stehen.
    Drei oder vier zerlumpte Landstreicher standen mit gespannten Bogen am Ufer. Einer war ein wahrer Riese mit einem weißblonden Oberlippenbart, der von einer Narbe geteilt wurde. Die andern waren jünger, und alle waren gleich ausgemergelt. Der Ausdruckin ihren Augen konnte ebenso gut Hunger oder Wahnsinn sein. Siedend heiß begriff Anna, dass die morsche Brücke eine Falle gewesen war.
    Angesichts ihres roten Kleides, der Tracht der Gauklerinnen, wechselten die Wegelagerer einen Blick. Dann meinte der mit dem hellen Bart: »Die Schwarzseherin in Innsbruck zahlt gut für Haar und Zunge einer Ehebrecherin. Vielleicht kann ich ihr heute auch noch das frische Herzblut für ihre Zauber bringen.«
    Unwillkürlich sah sie sich nach Raoul um. Seine zornfunkeln den Augen verrieten, dass er sich ernsthaft fragte, ob er den Mann daran hindern sollte. Wasser triefte aus seinem Haar, und die nasse Cotte meißelte die Muskeln an Brust und Oberarmen heraus. In seinem Gürtel steckte nur der Dolch, das Schwert hing wie im mer am Sattel. Mit einem Blick überflog er die Örtlichkeit.
    Der Bach war hier breit, erst in der Mitte der Strömung wurde das Bett tiefer. Der flache Boden stieg durch den Nadelwald steil an. Auf halber Höhe lag eine verfallene Hütte mit einer Außen treppe. Anna legte die Hand auf Raouls Arm. Unter dem nassen Stoff spürte sie die Spannung in seinem warmen Körper. »Lasst das!«, flüsterte sie. »Sie haben Bogen.«
    Raoul gab offenbar ebenso wenig auf ihre Ratschläge wie sie auf seine. Mit einem gleitenden Seitenschritt war er bei den Wilden Männern. Ehe sie begriffen, schlug er dem ersten den Ellbogen ins Gesicht. Er nutzte den Moment der Überraschung, riss den Dolch aus dem Gürtel und durchtrennte mit einem Schnitt die Bogensehnen. Brüllend zuckten die Männer zurück – die messerschar fen Sehnen hatten blutige Striemen in ihren Gesichtern hinterlas sen. Verblüfft schnappte Anna nach Luft.
    Raoul hatte die Atempause genutzt. Einer der Landstreicher hatte seinen Griff ums Schwert gelockert, es flog durch die Luft und landete in Raouls Hand.
    Wütend brüllten sie und versuchten ihn einzukreisen. Raoul steckte den Dolch in den Gürtel und hielt das Schwert an die Schul tergelehnt. Die Klinge schnellte schräg nach oben und fegte den ersten von den Beinen. Mit einer unglaublichen Wendung war Raoul zum nächsten herumgefahren und ließ noch in der Drehung die Waffe auf ihn niederstürzen. Der Mann konnte dem Schlag, der ihm den Schädel gespalten hätte, ausweichen. Aber schon war Raoul ihm nachgekommen. Brutal schlug er ihm den Griff ins Gesicht. Anna hörte das Knirschen, als die Nase brach. Mit einem Schrei taumelte der Landstreicher zurück, die Hände auf das Gesicht gepresst. Zwischen den schmutzigen Fingern rann Blut herab.
    Raoul stieß hinter sich nach dem dritten, um sich Luft zu ver schaffen. Mit sicheren Hieben trieb er den Landstreicher ins auf spritzende Wasser. Ein Schlag mit der messerscharfen Klinge schleuderte den Mann in den Bach.
    Fassungslos verfolgte Anna den ungleichen Kampf. Sie hatte schon gesehen, was ein in Waffen geübter Ritter gegen Bauern ausrichten konnte – und die meisten Straßenräuber waren nichts als Bauern, die Hunger und brutale Herren in die Wälder getrie ben hatten. Aber die beherrschte Wut, die Art, wie Raoul seine Kraft auf einen Punkt hinlenkte, war furchteinflößend. Sie begriff, warum selbst kriegserfahrene Männer vor ihm zurückwichen. Für einen Augenblick glaubte sie fast, dass er wirklich mit dem Teufel im Bund war.
    Der Riese mit der Narbe packte sie um die Hüften, und er schrocken schrie sie auf. Sie schlug zu, nutzte den Moment der Überraschung, um einen Ast aufzuraffen. Die Rinde schürfte ihre Hände auf. Doch schon war Raoul zurück und trat ihn von hinten in die Kniekehlen. Der Narbige fuhr herum, keuchend umklam merte sie den Ast.
    Der Narbige trieb Raoul auf die Hütte am Hang zu. Klirrend schlugen die Klingen aufeinander, der Waldmensch legte enorme Wucht in seine Hiebe. Atemlos beobachtete Anna, wie Raoul Stufe um Stufe rückwärts die Holztreppe hinauf zurückwich. Die wurmstichigen Stufen knirschten unter den schweren Lederstie feln.Unter den schwarzen Locken bemerkte sie das tückische Aufblitzen seiner Augen.
    In dem

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