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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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brachte. Die regen schwere Pferdedecke klatschte gegen seine Beinschienen, und so gar unter den Helm waren durch das Visier Regentropfen gedrun gen, die jetzt unangenehm juckten. Waffenrock und Kettenpanzer drückten durch das durchnässte wollene Untergewand, und er fror, aber er kümmerte sich nicht darum. Abrupt wendete er das Tier und streckte die Hand nach einer neuen Waffe aus.
    Wieder brachen die Lanzen, wieder brüllten die Leute ihm zu. Raoulwar wie besessen. Längst war sein Nacken von dem stän digen Aufprall steif, aber er spürte Schmerz und Kälte nicht mehr. Dass er von Kopf bis Fuß schlammbespritzt war, merkte er nicht einmal. Noch nie hatte er mit einer derartigen Entschlossenheit gekämpft. Er musste den Turniersieg zugesprochen bekommen – für Anna. Wenn er an ihren wilden Trotz dachte, an ihre leiden schaftliche Stimme, wenn sie von den Carmina sprach, schien ihm alles wertlos ohne sie. In Akkon hatte er eine Frau geliebt und verloren. Damals hatte er nicht geglaubt, je wieder diese Gefühle empfinden zu können. Anna würde er nicht ver lieren.
    Donnernd jagte der letzte Gegner auf ihn los. Längst hatte der Regen den Boden schwer und klumpig gemacht, aber keinen der beiden Reiter störte es. Auch der andere spornte sein Pferd zu aberwitziger Geschwindigkeit an.
    »Er ist ja verrückt!«, schrie jemand. »Er bricht ihm das Genick, wenn er nicht den Schild trifft!«
    Raoul bemerkte, dass sein Gegner die Lanze leicht erhoben hielt – offenbar wollte er seinen Hals treffen. Er sah die hellen Au gen hinter dem Visier und wusste plötzlich, dass es Ulrich war.
    In grimmiger Entschlossenheit schlug er seinem Rappen die Sporen in die Seite. Brüllend jagten sie aufeinander zu. Im letzten Augenblick warf sich Raoul nach vorn und riss den Schild hoch.
    Krachend brachen die Lanzen. Raouls Waffe hatte einen Wim pernschlag vor der seines Gegners ihr Ziel erreicht und Ulrich aus dem Gleichgewicht gebracht. Der Stoß wurde nach oben abge lenkt, der Rohrbacher schwankte und stürzte.
    Triumphierend sah Raoul sich um.
    Feuchtes Stroh und Schlamm spritzten, als sich Ulrichs Fuß im Steigbügel verfing und er hinter dem Pferd hergeschleift wurde. Einer der wuchtigen Hufe traf ihn, und er krümmte sich brüllend und rollte zur Seite weg.
    Fluchend kam er auf die Beine. Er schien nicht schwerer verletzt zu sein, nur sein Helm hatte sich gelockert, denn er zerrte wütend andem Lederband. Das Waffenhemd war schlammbespritzt, doch er machte keine Anstalten aufzugeben. Er winkte dem Grieswärtel, ihm wieder in den Sattel zu helfen, griff zum Schwert und setzte Raoul nach – auf dessen Seite der Tilt.
    Raoul zog das Schwert aus der Scheide und galoppierte Ulrich entgegen. Die Zuschauer schrien überrascht auf, als er so dicht an ihnen vorbeijagte, dass seine Satteldecke die vordersten streifte. Schwitzend prallten die Pferdeleiber aneinander. Mit seinem gan zen Körpergewicht warf sich Raoul in die verkeilten Klingen. Ob wohl seine Arme wie taub waren, führten sie die Hiebe wie von selbst. Beide Waffenröcke waren völlig durchnässt und meißelten die Körper in den Kettenhemden heraus. Der Regen nahm ihnen die ohnehin knappe Sicht. Ihr stoßweise gehender keuchender Atem mischte sich in das Klirren der Waffen, die Pferde stampften, die Leute riefen irgendetwas, selbst die Musik spielte weiter. Aber nichts davon nahmen sie wirklich wahr. Sie näherten sich dem Holzgestell. Um Platz zu gewinnen, wendete Ulrich plötzlich sein Pferd und jagte die Stufen zur Tribüne hinauf.
    Kreischend brachten sich die Damen am hinteren Rand in Si cherheit. Der König und seine Ritter waren teils über die Tribüne herabgesprungen, wo sie zwischen den Gauklern oder den Gries wärteln landeten. Andere hatten sich mit den Damen an den hin teren Rand zurückgezogen. Raoul sprengte auf die andere Seite und kam ebenfalls die Treppe heraufgeritten. Er hatte seine leichte Überlegenheit gespürt, und es beflügelte ihn. Ulrich würde bereuen, was er ihm und Anna angetan hatte.
    Unter dem hölzernen, mit Wimpeln geschmückten Dach scheuten die Pferde und bäumten sich auf. Die Hufe dröhnten hohl auf den Bohlen, ständig schlugen sie aus und tänzelten, als die flatternden bunten Fahnen ihre Leiber berührten. Wieder prallten die Schwerter aufeinander. Mit einem Aufschrei drängten die Damen rechts und links die Treppen hinunter. Hinter ihnen trieb Ulrich sein Pferd zurück auf den Platz. Raoul folgte ihm. Mit gnaden losen,sternförmig

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