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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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für dei nen Zahn gegeben habe?«, fragte er. Steffen wollte erwidern, dass er ihn noch einmal entlausen sollte, aber der Maure hörte gar nicht zu. Seine dunkle Haut glänzte, und seine schlanken Hände hoben fahrig die wenigen Dinge im Zelt. »Gleich geht das Turnier los, da wird es wieder Verletzungen geben. Hast du mein Medizinbuch gesehen?«
    »Was soll ich mit Euren sarazenischen Zaubersprüchen?«, er widerte Steffen voller Selbstmitleid. Die Welt wurde wirklich im mer schlechter. »Überlegt Euch lieber, mit wem Ihr die Nacht ver bracht habt. Hier gehen die Weiber einem Mann an die Bruche, nur um seinen Beutel abzuschneiden.«
    Als sie aus dem Zelt kamen, spielte eine Gruppe Kinder zwi schen den Zelten mit Holzschwertern. Ein Mädchen, das sich of fenbar langweilte, rannte zu ihnen herüber. »Wenn Ihr die Hexe mit den roten Haaren sucht, die hat der Herr Ulrich mitgenommen.«
    Steffenund der Sarazene sahen sich an. »Was ist mit ihr?«, fragte Maimun endlich.
    »Der Burgherr will sie verbrennen«, erwiderte das Kind eifrig. »Kommt Ihr dann auch und seht zu?«
    Steffens dumpfer Kopf verschwand so schnell, dass er selbst überrascht war. »Ich laufe zum Turnierplatz und suche Raoul«, stieß er hervor. »Wenn er die Zweikämpfe gewinnt und seinen An spruch auf Kaltenberg behauptet, ist er Annas Herr!«
    Maimun sah ihm nach, wie er einen Händler achtlos beiseite stieß, der soeben sein Leintuch auf die Pfosten spannte, um seine Ware auszulegen. »Ich fürchte, so einfach ist es nicht«, sagte er zu sich selbst. Ulrich hatte Anna selbst einmal geliebt. Dass sie sei nem Todfeind gehörte, würde er nicht hinnehmen. Umso mehr, als Raoul kein Geheimnis aus seinen Gefühlen für sie machte. Seit Maimun ihn kannte, hatte er ihn noch nie so glücklich gesehen wie in den letzten Tagen. Wenn Ulrich das auch aufgefallen war, würde es Anna das Leben kosten.

18
    »Holzschwerter! Schilde und Lanzen für die Ritter von morgen!«
    »Bunte Bänder, in den Farben der Kämpfer!«, überschrie eine Frau mit braunem Kopftuch die anderen Händler. Ihre Ware in einer Bauchlade, drängte sie sich durch die Zuschauer am Tur nierplatz. Zwischen den Kleidern der Menschen hingen die Ge rüche nach Stall, Knoblauch und Bier, und vermutlich holte sie sich Wanzen und Flöhe. Aber es lohnte sich, wie Eva neidisch be merkte. Die Bänder in Schwarz, Weiß, Rot, Blau und Grün ver kauften sich wie warme Brote.
    Sie hatte das unangenehme Gefühl, dass dieser Tag nicht fried lich enden würde. Steffen war sofort mit den Neuigkeiten heraus geplatzt. Ulrich war nirgends zu sehen, das war kein gutes Zei chen. Ihr kamen tausend Gedanken, was er mit Anna anstellen konnte, und keiner war besonders erfreulich. Außerdem konnte Raoul ihn nicht besiegen, wenn er fehlte.
    Schwarze Wolken zogen von Westen heran. Ein böiger Wind fegte das Stroh vom Platz und trieb faule Blätter darüber. Aber noch hing die warme Luft zwischen Burg und Turnierplatz, und so hatte der König den Tag eröffnet. Die Königin fehlte auch heute. Aber ein älterer Mann in der Tracht der Deutschherren drängte sich auf die Tribüne. Offenbar wimmelte es hier von geistlichen Herren, die nichts auf das Turnierverbot gaben.
    Endlich konnte Eva Raouls schwarzen Waffenrock ausmachen. Ihr fiel auf, dass er ein anderes Pferd ritt als sonst.
    »Bringen sie sich jetzt um?«, fragte ein Kind mit einem Holz schwert. Die Mutter versetzte ihm einen Klaps. »Heute wird nur mit stumpfen Waffen gekämpft – à la plaisance .«
    »Aberwenn sie vom Pferd fallen«, wandte das Kind erwar tungsvoll ein, »können sie zertrampelt werden.«
    Die Worte trugen nicht gerade zu Evas Beruhigung bei. Die Ritter hatten sich schon aufgestellt, als sich die gekreuzten Lan zen der Herolde noch einmal öffneten. Ein überraschtes Seufzen ging durch die Menge, das Tuscheln wurde zu einem unruhigen Summen. Neugierig drängten sich die Menschen beiseite.
    Ein Ritter im rotgoldenen Waffenrock sprengte auf den Platz. Das Gesicht war hinter einem glänzenden Helm verborgen, aber der Wimpel auf seiner Lanze zeigte ein rotes Wappen mit drei gol denen Schafscheren. Eva fiel seine gute Haltung auf, er musste ein adliger Herr sein. Er neigte die Waffe vor dem König und ließ den Wimpel abnehmen.
    Sifrid von Kühlenthal machte eine überraschte Bewegung und rief etwas, und auch der Graf von Dießen musterte den Ankömm ling nachdenklich. Obwohl keiner von ihnen darauf bestand, das Wappen des Kämpfers zu prüfen, hatte

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