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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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Peter hatte Roggen fladen und eine halbe Zwiebel noch in der Hand. Abfällig setzte Alois nach: »Zum Fressen hast du ja Zeit.«
    Die Frauen kamen neugierig herüber, und Peters Freunde hat ten sich hinter ihm aufgebaut. »Was will er noch alles von uns?«, beschwerte sich Kaspar. »Ein Ferkel dafür, dass unser Vieh auf dem verpfändeten Grund weiden darf, zehn Maß Bier, die Arbeit auf dem Hof und im Wald, und das alles, während unsere eigenen Höfe verkommen und unsere Kinder hungern! Er hat sich mit dem verdammten Turnier zu viel vorgenommen.«
    »Hast du am Herrn etwas auszusetzen?«, fuhr Alois ihn an.
    Kaspar schwieg und biss sich auf die Lippen. Nur heimlich wagte er einen trotzigen Blick unter seinem dunkelblonden Haarschopf und der tief ins Gesicht gezogenen Bundhaube hervor. Niemand sprach aus, was alle dachten: dass sie Ulrich längst abgrundtief hassten. Sehnlichst wünschten sie, er möge das Turnier verlieren und Burg und Herrenrecht an einen anderen abtreten müssen. Je der wäre ihnen recht gewesen, selbst der schwarze Ritter.
    Alois kam langsam heran. Er griff nach der Reitpeitsche an sei nem Gürtel und schlug sie Kaspar mit voller Wucht übers Gesicht. Dann drehte er sich im Kreis und schlug mit der Peitsche in die flache Hand. »Noch einer da, der die göttliche Ordnung in Frage stellt?«
    Irgendwoher aus der Gruppe der Leibeigenen kam ein wüten der Schrei. Die anderen Männer brüllten ebenfalls auf, sie kamen ihrem Freund zu Hilfe. Und in ihrer Wut stürzten sich zwei von ihnen auf den Knecht.
    Alois wollte den Dolch aus dem Gürtel ziehen. Die Helfer des Burgknechtswurden vom Geschrei angelockt, und innerhalb weniger Augenblicke hatte sich ein hitziges Handgemenge entsponnen.
    Panisch rannten die allgegenwärtigen Hühner durcheinander. Die Hunde bellten und zerrten an ihren Ketten. Einer der Knechte flog rücklings in einen Berg mit luftigen trocknenden Hopfendol den, der Karren mit den Körben fiel um und verstreute den Inhalt auf dem Boden. In ihrem Rachebedürfnis schlugen die Männer wie wild auf die Knechte des Burgherrn ein. Die angestaute Unter drückung machte sich Luft: wie ein einziger Funke, der jahrelang ausgetrockneten Zunder aufflammen ließ.
    »Seid ihr verrückt?«, schrie Lena und versuchte einen am Kit tel zu packen. Sie war die Älteste und musste ihre Geschwister durchbringen. Wenn Peter etwas zustieß, hatte sie niemanden mehr. »Der Herr wird euch umbringen!«
    Der Mann befreite sich, und sie taumelte an die Bretterwand. »Er lässt euch alle hängen!«, schrie sie verzweifelt. Zu gut erinnerte sie sich an den Gaukler letztes Jahr, der ihnen von den Aufständen in Flandern erzählt hatte. Grausam hatten sich die Herren an ih ren widerspenstigen Bauern gerächt.
    Die Männer schlugen mit allem, was griffbereit war, auf die ver hassten Burgknechte ein, Heugabeln und Dreschflegel. Peter tau melte mit blutendem Kopf zurück, und empört schrie Lena auf. Sie packte den nächsten Dreschflegel in ihrer Reichweite und schlug nun auch auf die Knechte ein. Irgendwie gelang es Alois, einem Jungen zuzurufen: »Lauf zur Burg! Hol die Waffenknechte!«
    Inzwischen war Steffen mit brummendem Kopf aufgewacht. Er tastete nach der Bademagd, mit der er die Nacht verbracht hatte – ihren fremdartigen Namen konnte er sich nicht merken, er klang italienisch.
    Das Mädchen war nirgends zu sehen. Schwankend kam der Goliarde hoch und fasste sich dorthin, wo er unter dem blonden Haarfilzseinen Kopf vermutete. Nur langsam nahm der Stall Gestalt an. Das aufgetürmte Heu, in dem sie es getrieben hatten, die hohe Decke, das fahle Licht. Steffen sprang hoch und war auf einmal hellwach. Fluchend suchte er den Lederbeutel an seinem Gürtel. Er war verschwunden.
    Verdammtes Dreckstück!, fluchte er stumm. So gut war die Nacht nun auch wieder nicht gewesen. In hilfloser Wut drosch er die hölzerne Heugabel gegen die Wand, aber abgesehen von einem Splitter, den er sich einzog, brachte das auch nichts. Resi gniert über die Falschheit der Weiber stapfte er zum Zelt seines Herrn.
    Es passte zu seiner Stimmung, dass von Raoul keine Spur zu se hen war. Die Bettstatt war, wie er zur Kenntnis nahm, beneidens wert zerwühlt. Raouls Kleider und Waffen fehlten, aber er fand Annas Gürtel. Achselzuckend steckte er ihn ein und zog den Kopf zwischen die breiten Schultern. Das Wetter wurde schlechter.
    Das Fell am Eingang wurde zurückgeschlagen. Maimun kam herein, er wirkte angespannt. »Wirkt die Salbe, die ich dir

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