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Die Gauklerin von Kaltenberg

Titel: Die Gauklerin von Kaltenberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Freidank
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Zuschauer. Anna schlug die Hände vor den Mund. Zwischen den vielen Menschen wurde ihr heiß.
    Ulrich wurde aus dem Sattel geschleudert und hinter seinem scheuenden Tier hergeschleift. Staub verhüllte ihn, Erde spritzte auf. In rasendem Galopp wurde er über die Wiese gezerrt, bis das Pferd endlich zum Stehen kam. Stöhnend blieb er liegen.
    Ohne sich um die Leute zu kümmern, tauchte Anna unter dem Band durch und rannte Hartmut nach. Der Knecht hatte Ulrich bereits erreicht und half ihm auf die Beine. Erleichtert bemerkte sie, dass Ulrich bei dem Sturz in voller Rüstung nicht das Bewusst sein verloren hatte. Sein Waffenrock war mit Erde verschmiert, und er hielt sich den Arm. Mit fliegenden Fingern wollte sie ihn betasten, aber er schob sie weg.
    »Verdammter Bastard!«, brüllte er, als er schwankend auf die Beine kam. Unter dem Helm waren seine Worte nur undeutlich zu verstehen. »Ich bringe Euch um!« Wütend raffte er das Schwert auf und ging auf Raoul los. Anna wollte ihm nach, doch Hartmut hielt sie fest.
    »Das ist kein Spiel mehr!«, schrie sie. Verzweifelt kämpfte sie gegen die kräftigen Arme. Sie versuchte zu beißen, trat nach ihm, aber er ließ sie nicht los.
    »Das ist es nie«, erwiderte Hartmut. »Es geht immer um viel mehr: um die Ehre, um eine Burg – um Leben und Tod.«
    Anna starrte ihn an. Er konnte doch nicht einfach zusehen! Auf einmal fühlte sie sich furchtbar machtlos. Sie hätte alles darum ge geben, sich vor Gott und der Welt zu Ulrich bekennen zu dürfen. Verzweifelt betete sie, dass ihm nichts geschah. Auf einmal hatte sie entsetzliche Angst.
    »Er ist größer und kräftiger«, versuchte Hartmut sie zu beruhi gen. »Er wird sich nicht besiegen lassen.« Durchden schmalen Schlitz seines Visiers konnte Raoul von den Zuschauern kaum mehr als graubraune Flecken erkennen. Ihr Ge schrei hörte er nur als verschwommenes Summen. Unter dem Helm schlug sich sein stoßweise gehender Atem feucht auf der Haut nieder. Das geschlossene Visier verbarg sein tückisches Lä cheln. Er wusste, dass er schnell war und weit kräftiger, als man ihm ansah. Seine Schulter schmerzte von dem Sturz, es war doch nicht so leicht gewesen, ihn vorzutäuschen. Langsam kam er vom Pferd. Er ließ Ulrichs Schwertstreich an seiner Klinge abgleiten und ver setzte seinem Gegner eine Ohrfeige, die ihn zu Boden warf.
    »Schlagt ihn tot!«, hörte er Gernot seinem Herrn zubrüllen. »Haut ihm den Kopf vom Rumpf!«
    Stöhnend kam der Burgherr auf die Beine. Raouls Finger schlos sen sich um den Schwertgriff, wie er es hundertmal geübt hatte: zärtlich und an den natürlichen Lauf der Waffe angepasst, im vollkommenen Gleichklang mit seinem muskulösen Körper. Mit unerbittlicher Entschlossenheit ging er auf ihn los. Die Klingen prallten aufeinander, ein Funke flog auf. Ulrich nutzte die Atem pause. Er drückte seine Klinge gegen Raouls, riss ihm den Helm vom Kopf und drehte das Schwert, um zuzuschlagen. Blitzschnell tauchte Raoul darunter hinweg und zog seinen Griff nach oben, um den Hieb abgleiten zu lassen.
    Die Zuschauer schrien wieder Beschimpfungen. Sie wollten Blut sehen. Gut möglich, dass ihnen der fromme Wunsch erfüllt wurde. Raoul war entschlossen, den Kampf zu gewinnen, und wenn er Ulrich töten musste. Durch den unbedeckten Kopf war er nun im Nachteil, aber dafür hatte er das weitere Blickfeld. Keu chend warf er die schweißfeuchten Locken zurück und sah sich um. Er konnte Ulrich beim Roland in die Enge drängen.
    Mit einem Schrei drehte er die Klinge und trieb Ulrich mit wechselnden Ober- und Unterhauen vor sich her. Vor den immer schneller werdenden Schlägen wich der Burgherr zum Roland zurück. Unter dem Helm konnte er den Kopf kaum drehen. Ulrich stießgegen das Hindernis, taumelte überrascht, und Raoul setzte zu einem seitlichen Hieb an.
    Ulrich duckte sich, krachend schlug das Schwert auf den Schild des Roland. Ulrich versetzte ihm einen Stoß, und der Aschesack schwenkte herum. Raoul sah ihn auf sein Gesicht zukommen. Mit seinem ganzen Gewicht warf er sich auf seinen Gegner.
    Er spürte den Luftzug, als der Sack an ihm vorbeifegte. Sie wa ren sich so nahe, dass Raoul den Schweiß auf dem warmem Har nisch roch. Ulrich klammerte den Unterarm um seine Schwert hand, um ihm die Waffe auszuhebeln, doch umsonst. Mit einer schnellen Bewegung schlitzte Raoul den Aschesack auf. Der bei ßend riechende Inhalt strömte auf den zerstampften Boden und ließ die Augen tränen.
    Das Ende kam schnell: Ulrich schlug

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