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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Stadt Regensburg, sondern auch von meinem lieben Mädel, das mir in diesen Monaten so recht ans Herz gewachsen war. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie heftig es mich noch immer schmerzt, dass ich meine Kathrin so allein zurücklassen musste.
    Nun ist es allerdings so, dass Regensburg seit kurzem von den Kaiserlichen belagert wird, unter ihrem neuen Feldherrn, dem Kaisersohn. Doch wenn dieser Schnauzhahn denkt, uns würden die Knie weich und wir würden von unserem Feldzug abrücken, dann hat er sich getäuscht. So grün und unerfahren ist er mit seinen sechsundzwanzig Jahren, dass ihn keiner recht ernst nimmt, auch wenn er sich diese italienischen Generäle verpflichtet hat, den Verräter Piccolomini und Gallas, der sich dem Suff ergeben hat. Denn die Stadt hat Proviant auf Monate, und die braven Regensburger würden sich niemals ergeben. Über kurz oder lang wird der junge Ferdinand also mit blutiger Nase wieder abziehen. Ohnehin halten wir diese Belagerung nur für eine Finte, um uns von der Befreiung Böhmens und Bayerns abzuhalten.
    Nach einigen kleinen Scharmützeln stehen wir nun an der böhmisch-bayerischen Grenze, um uns mit den Truppen Horns zu vereinigen. Danach soll es auf Landshut gehen. Auf dem Gebiet der Wundchirurgie bin ich derweil erheblich vorangekommen, und ich habe mein chirurgisches Arsenal um modernste Instrumente zum Entfernen von Geschossen erweitern können: etwa um eine Schere, deren Schneiden nach außen zeigen, um den Schusskanal zu weiten, eine Sonde zum Auffinden der Kugel und mehrere lange Fasszangen zum Entfernen. Meine neueste Errungenschaft ist ein winziger Bohrer: Stecken die Geschosse fest, so bohre ich sie damit an und ziehe sie dann vorsichtig heraus. Ich habe herausgefunden, dass das Entfernen von Geschossen leichter geht, wenn man den Verletzten in genau die Stellung bringt, die er im Augenblick der Verwundung innehatte.
    Ohne prahlen zu wollen, kann ich sagen, dass ich im Heer inzwischen große Anerkennung erfahre, und so habe ich meine Entscheidung, als Feldscher zu gehen, bislang nicht bereut. Bernhard von Weimar hat sogar angedeutet, er wolle mich in sein Leibregiment übernehmen, was einer Beförderung gleichkommt.
    Ihr in Württemberg könnt ja Gott danken, dass ihr die Schweden zur Seite habt. Nun wird es dringlicher denn je, auch die anderen Reichskreise zu befreien. Denn der Kaiser will sich ganz Deutschland unterwerfen, jede althergebrachte Selbständigkeit will er brechen: Die Privilegien der Städte, die Rechte der Stände, die Hausmacht der Fürsten – das ganze Reich hofft er unterzuzwingen unter seinen Glauben, unter sein Haus! Und das, obgleich mittlerweile sechsmal mehr Protestanten als Katholische im Reich leben. Er ist der wahre Störer des konfessionellen Friedens. Wäre ich nicht Arzt – ich glaube, auch ich zöge das Schwert, um mein Land gegen Spanier, Kaiserliche und Jesuiten zu defendieren.
    Ihr Lieben! Ich denke jeden Tag an euch und schließe euch in all meine Gebete ein. Bleibt gesund und zuversichtlich, es werden auch wieder andere Zeiten anbrechen.
    In inniger Liebe, euer Jakob.
    Eingerollt in den Brief lag ein kleiner, mehrfach zusammengefalteter Zettel, auf dem ihr Name stand. Agnes hatte ihn noch vor dem Lesen des Briefes rasch in ihrer Rocktasche versenkt, denn sie ahnte, dass ihre Mutter ihn nicht zu Gesicht bekommen sollte.
    Jetzt reichte sie das Schreiben zusammen mit der Lampe an Marthe-Marie weiter, die an diesem Abend früh zu Bett gegangen war.
    «Ein Brief von Jakob. Er ist wohlauf.»
    «Dem Herrn sei gedankt.» In Marthe-Maries Stimme lag ein Anflug von Enttäuschung. Sie richtete sich auf und begann zu lesen. Agnes beobachtete sie aufmerksam. Ob ihre Mutter sichauch vom Ton seines Briefes befremdet zeigen würde? Es war, als hätte Jakob sich eine Rolle auferlegt, die er für mannhaft hielt.
Wäre ich nicht Arzt, ich zöge das Schwert
– was war nur in ihn gefahren? Und dann:
Mein liebes Mädel, das mir ans Herz gewachsen war
. Kein Wort mehr als ihren Namen erwähnte er, stattdessen gab er ellenlange Berichte über das Kriegsgeschehen oder ließ sich über seine Gesinnung aus. Wahrscheinlich hatte er das arme Mädchen genauso leichtfertig sitzen lassen wie Kaspar einstmals sie selbst. Hatte dieser Krieg denn alle Menschen verbogen und verdorben?
    Auch ihre Mutter runzelte die Stirn. Dann legte sie die Blätter zur Seite.
    «Mein Gott, Agnes, wo führt das alles noch hin?»
    Agnes wartete, bis die regelmäßigen Atemzüge ihrer

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