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Die Gauklerin

Die Gauklerin

Titel: Die Gauklerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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ihre sämtlichen Angriffe auf die gut befestigten kaiserlichen Stellungen hatten abgeschmettert werden können. Jetzt blies Wallenstein zum Gegenangriff.
    Sechs Stunden tobte die Schlacht. Nach dem Ausbruch der kaiserlichen Infanterie aus dem Brückenkopf, dem Vorstoß eines weiteren Infanterieregiments unter Wallensteins persönlichem Kommando über die Brücke, dem gleichzeitigen Beschuss von Mansfelds linkem Flügel durch eine Batterie, die auf dem westlichen Elbufer postiert worden war, blieb Mansfeld kaum noch Gelegenheit zur Gegenwehr. Als ihn schließlich die Kürassiere des Grafen Schlick aus dem Hinterhalt attackierten, setzte ein Teil seiner Regimenter zum Rückzug an.
    Matthes’ Fähnlein indes war bereits tief hinter die feindlichen Linien vorgedrungen. Schulter an Schulter, Brust an Rücken hatten sie wie eine Horde Ochsen die Gegner einfach überrannt. Die Musketiere fanden nicht einmal mehr die Zeit, ihre Waffen zu laden, während die kaiserlichen Schützen ihrerseits einen Treffer nach dem anderen landeten. Matthes kämpfte in vorderster Reihe, wehrte die vereinzelten Reiter ab, die ihr Fähnlein abzudrängen versuchten, schlug und stach mit seiner Pike, holte die Männer aus dem Sattel, bevor sie ihre Karabiner überhaupt laden konnten.
    «Matthes!»
    Er fuhr herum. Der Kornett vor ihm auf seinem tänzelnden Schimmel hielt die Pistole im Anschlag, ihre Mündung zielte genau auf seinen Kopf. Blitzschnell rammte Matthes die zweischneidige Spitze seiner Pike in die ungeschützte Kehle des Fähnrichs, ein Schwall Blut schoss hervor, Pistole und Standarte flogen ins Gras, bevor der Reiter langsam und mit erstauntem Blick aus dem Sattel rutschte.
    «Gottfried, schnell! Die Fahne!» Schon näherte sich ein zweiter Reiter, Matthes stieß dem Pferd seinen Spieß in die Schulter, dass es aufbrüllte, während Gottfried aus seiner Reihe rannte und die Fahne erbeutete. In diesem Moment entdeckte Matthes im Dunst des Gefechts die Pulverwagen am Ufer. Sie waren nahezu unbewacht. Matthes dachte keinen Augenblick nach. Er drückte seinem Nachbarn die Pike in die freie Hand, rannte zu dem herrenlosen Pferd des Kornetts, das verstört im Kreis trabte, und griff ihm in die Zügel. Dann schwang er sich auf und galoppierte los in Richtung Ufer. Jetzt zeigte sich, was er als Kind gelernt hatte, als er Stunden über Stunden mit dem Sohn des Rosshändlers verbracht und dieser ihm alles über Pferde und die richtige Reitkunst beigebracht hatte.
    Er hielt geradewegs auf eines der Lagerfeuer zu, die das Ufer säumten, während in seinen Ohren die Schüsse gellten und die Schreie der Getroffenen, während sein Pferd über Leichen undVerwundete hinwegsprengte und er selbst wie durch ein Wunder von keiner Kugel getroffen wurde. Verschreckt stoben zwei Trossbuben davon, als er das Feuer erreichte und für einen kurzen Augenblick sein Pferd zügelte, sich aus dem Sattel beugte und blitzschnell einen brennenden Prügel aus der Feuerstelle zog. Schon galoppierte er weiter, ungeachtet der Wachmänner, die unter Gebrüll ihre Handrohre luden und gegen ihn richteten. Er schleuderte seine Fackel in den nächststehenden Pulverwagen, riss das Pferd herum, dass es sich aufbäumte, und raste zurück zum Ufer. Ein Blick über die Schulter: Aus der Tür des Wagens zog tatsächlich eine dicke Rauchwolke! In vollem Galopp stieß er sich vom Sattel ab und rettete sich mit einem Sprung in die eiskalten Fluten.
    Wie in einem Traum hörte er unter Wasser die gewaltige Explosion. Als er nach Luft schnappte, flogen gerade ein zweiter, dann ein dritter Wagen in die Luft. Hölzer, Wagenräder, Menschenleiber wirbelten durch den dunklen Rauch, dann brauste ein Flammenmeer über das feindliche Lager. Was nun folgte, war keine kontrollierte Retirade mehr, sondern eine wilde Flucht. Offenbar sahen sich die Mansfeldischen von allen Seiten umzingelt, sie stoben ohne Plan auseinander, hinein in die nahen Wälder oder in den rettenden Fluss, rannten einander dabei über den Haufen oder stolperten in ihre eigenen Waffen.
    Matthes beeilte sich, der Gefahrenzone zu entkommen, und schwamm, so schnell er konnte, die Elbe aufwärts. Endlich erreichte er den befestigten Brückenkopf. Mit letzter Kraft hob er seinen Arm mit der roten Binde der Kaiserlichen, krallte sich an einem großen Stein fest und klappte vor Erschöpfung zusammen. Ein junger Feldweybel schleppte ihn die restliche Böschung hinauf, klopfte ihm auf die Wangen, gab ihm zu trinken.
    «Danke, es geht

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