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Die Geächteten

Die Geächteten

Titel: Die Geächteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hillary Jordan
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neues Leben. Niemals wieder ihren Eltern gegenüber am Tisch zu sitzen? Erlösung . Niemals wieder Stirn an Stirn mit Becca zu stehen? Umkehr . Sie würde normal sein, aber allein.
    Aber nicht so sehr, wie sie es jetzt war. Die Wahrheit war, dass sie sie bereits alle verloren hatte, alle außer ihrem Vater, und wenn sie sechzehn Jahre als Rote verbringen musste, würde sie ihn auch verlieren. Denn dann hätte sie keine Ähnlichkeit mehr mit der Tochter, die er so geliebt hatte.
    »Also?«, fragte Susan.
    »Ich werde diese Straße gehen«, sagte Hannah, »vorausgesetzt, ihr bietet dies auch Kayla an.«
    »Selbst wenn wir ihr erlauben, mit dir zu gehen«, sagte Susan, »kommt sie vielleicht zu dem Schluss, dass ihr der Preis zu hoch ist.«
    »Und wenn das geschieht?«
    »Dann würden wir sie natürlich gehen lassen.« Susans Stimme klang ruhig, ihre Augen waren weit aufgerissen, und aus ihnen strahlte Ehrlichkeit. Anthony nickte bestätigend. Doch Hannah hatte mitbekommen, wie beide vor ihrer Antwort Simone einen kurzen Blick zugeworfen hatten und diese als Antwort fast unmerklich genickt hatte.
    »Natürlich«, sagte Hannah und fragte sich, wie Simone die Morde begangen und wo sie die Körper entsorgt hatte.
    Susan kündigte an, dass sie jetzt eine Pause machen würden, weil jeder von ihnen etwas Schlaf vertragen könnte. »Wir unterhalten uns morgen weiter, wenn wir mit Kayla geredet haben«, sagte sie.
    »Ich will dabei sein, wenn ihr mit ihr redet«, sagte Hannah.
    »Ich denke, es ist am besten, wenn wir allein mit ihr reden. Sie muss das ganz und gar allein entscheiden.«
    »Gut, ich werde kein Wort sagen. Doch ich möchte ihre Entscheidung persönlich von ihr hören.«
    Susan starrte Simone an, dann wieder Hannah. Sie sagte: »In Ordnung.«
    Simone begleitete sie in wütendem Schweigen zu ihrem Zimmer. An der Tür sagte Hannah: »Kayla hat sich um mich gekümmert, als kein anderer da war. Ich bin es ihr schuldig, verstehst du?«
    »Und jetzt stehst du in unserer Schuld«, sagte Simone. »In meiner Schuld.«
    Simone hatte recht, und Hannah räumte dies mit einem leichten Nicken ein. Dabei dachte sie: In deiner Schuld und in der Schuld praktisch aller Menschen, die ich kenne. Und verflucht, wüsste ich nur, wie ich damit beginnen könnte, alles zurückzuzahlen .
    Erschöpft von der Befragung, schlief Hannah auf der Stelle ein. Einige Stunden später wurde sie durch Simones Klopfen und die knappe Ankündigung geweckt, dass sie sich in zwanzig Minuten treffen würden.
    Hannah duschte schnell und zog sich an. Die Vorstellung, ihre schmutzigen Sachen wieder anziehen zu müssen, war ihr zuwider, so suchte sie sich saubere Unterwäsche, Socken, Khakihosen und einen Baumwollpullover aus den Kleidungsstücken in der Schublade. Sie sah in den Spiegel und sah das Gesicht ihrer Mutter; die hohen Wangenknochen und den vollen Mund, die schwarzen, katzenartigen Augen und dicke, schräge Brauen. Es traf sie, dass fortan der Spiegel der einzige Ort sein würde, wo sie ihre Mutter wiedersah. Sie hatten sich nie besonders gut verstanden, doch nun spürte Hannah eine Welle der Zuneigung und der Sehnsucht in sich aufsteigen. Wenigstens habe ich so viel von dir, dachte sie. Würde ihre Mutter manchmal in ihrem Spiegel nach Hannah suchen oder würde sie ihre eigene Ähnlichkeit scheuen, um sich nicht an die Schande ihrer Tochter erinnern zu müssen?
    Im Esszimmer hatten Susan und Anthony bereits Platz genommen, um zu frühstücken. Die Trainingsanzüge hatten sie gegen Business-Kleidung eingetauscht, die den gleichen Eindruck eines irgendwie komischen, schlechten Geschmacks vermittelte. Susan trug einen großen Panda-Glitzerstein, den sie am Revers ihres unvorteilhaften roten Kostüms befestigt hatte, und Anthony steckte in Khakihosen, einem blauen Blazer und einer gepunkteten Krawatte, die perfekt gebunden war. Sie sahen aus wie eine Kassiererin und ein Highschool-Mathelehrer, aber ganz gewiss nicht wie Leute, die vom FBI gesucht wurden.
    Das Frühstück war auf der Anrichte aufgebaut. Als Hannah ihren Teller füllte, strich die graue Katze um ihre Beine. »Hallo, Emmeline«, sagte sie und bückte sich, um den weichen Kopf der Katze zu streicheln. Paul und Kayla betraten den Raum, Kayla noch im Halbschlaf. Ihr Körper war in sich zusammengesunken. Sie hatte geschwollene Augen und wirkte irgendwie hoffnungslos. Hannah kannte diesen Ausdruck, diesen Gefühlszustand: Er ist gegangen . Das Echo dieses Schreis dröhnte in ihrem eigenen

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