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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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sperrte er das Tageslicht aus.
    «Bitte kommt doch später noch einmal wieder, wenn Ihr mit mir sprechen wollt.» Borrow verschloss seinen ledernen Beutel und warf ihn sich über die Schulter. «Ich muss mich jetzt um die Kranken kümmern.»
    «In der Hölle werden wir uns sprechen, Dr. Borrow. Da wo alle verdammten Lügner landen.»
    Zwischen den beiden herrschte eine Spannung, die mit der erwartungsvollen Stille kurz vor einer Enthauptung vergleichbar war.
    «
Wer
seid Ihr doch gleich?», wollte Borrow wissen.
    «Ihr wisst, wer ich bin.»
    «Ich weiß, wer Ihr vorgebt zu sein.» Seine Stimme klang nahezu gleichgültig. «Wie dem auch sei, meiner Erfahrung nach ist es höchst unwahrscheinlich, dass sich ein einfacher Beamter für Altertümer einen Stallknecht leisten kann. Ihr habt Euch unter Eurem Stand verkleidet, vermute ich. Also, wenn wir hier schon von
Lügnern
sprechen …»
    Der Blick seiner grauen Augen war fest. Obwohl er Dudleys Stimmung richtig einschätzte, machte sie ihm keine Angst. Wahrscheinlich empfand er sie sogar als ein Zeichen von Schwäche.
    Auf gewisse Weise gab mir das ein bisschen Hoffnung, denn ich wollte mich einfach nicht damit abfinden, dass Borrow wegen der blutigen Messer gelogen hatte. Ich betete, dass es dafür irgendeine Erklärung gab, die uns bisher nicht eingefallen war und die nichts mit Nel zu tun hatte.
    Borrow nahm seinen Beutel von der Schulter, und die Anspannung verließ Dudleys Körper. Er schloss die Tür hinter sich und betrat den Behandlungsraum.
    «Morgen ist Sonntag, Dr. Borrow. Übermorgen wird Eure Tochter vor Gericht um ihr Leben kämpfen müssen, da sie der Hexerei und des Mordes an meinem Stallknecht bezichtigt wird. Hat sie ihn umgebracht?»
    «Ich bin ihr Vater.»
    Borrow öffnete seine Hände. In der einen befand sich ein matter Metallring jener Art, mit der man Krämpfe lösen konnte.
    «Werdet Ihr vor Gericht für sie sprechen?», wollte Dudley von dem Doktor wissen.
    «Wenn es mir gestattet ist. Ich werde ihren guten Charakter bezeugen und verlangen, dass alle Anklagen gegen sie fallengelassen werden.»
    «Und werdet Ihr dem Richter und den Assisen die Wahrheit über die blutigen Behandlungsinstrumente sagen?»
    Schweigen.
    «Wie
lautet
die Wahrheit, Dr. Borrow?»
    Keine Antwort.
    «Um Himmels willen, Dr. Borrow», beschwor ich ihn. «Wir sind auf Eurer Seite, auf der Seite Eurer Tochter.»
    So wie Dudley mich ansah, war das bei ihm nicht unbedingt der Fall. Meine Gefühle jedoch hatten sich nicht geändert.
    «Ich schwöre Euch, dass ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen werde, um sie freizubekommen», versicherte ich leidenschaftlich.
    Borrow zog eine Augenbraue hoch. Ich holte tief Luft, um nicht zu erröten.
    «Hört mir zu», bat ich. «Betrachten wir es einmal ganz nüchtern. Es ist kaum wahrscheinlich, dass ein so großer Mann von einer Frau umgebracht und ausgeweidet wurde. Ein glaubwürdiges Motiv für die Tat gibt es auch nicht. Aber es bleibt die Tatsache, dass sich Eure Erklärung für das Blut auf den Messern ohne Kaiserschnitt – überhaupt ganz ohne Geburt in Butleigh – als –»
    «Lüge herausstellen wird.» Borrows ließ seine Arme sinken. «Es stimmt. Hätte ich Zeit gehabt, um mich vorzubereiten, hätte ich mir eine bessere einfallen lassen.»
    Oh mein Gott.
     
    †
     
    Offensichtlich war nicht alles, was er erzählt hatte, gelogen. Er war an jenem Abend spät und übermüdet nach Hause gekommen und hatte seine Instrumente unter die Treppe geworfen, wo auch die von Nel lagen. Und wie es schien, waren seine Messer an dem Tag gar nicht benutzt worden. Borrow öffnete eine Tür und zeigte uns, wo sie aufbewahrt wurden. Es war eine enger Raum mit einer schmalen hölzernen Treppe.
    «Und vor dem nächsten Morgen habt Ihr sie dort nicht noch einmal hervorgeholt, bis –?», stellte ich die Frage in den Raum.
    «Warum hätte ich sie mir noch einmal holen sollen? Sie mussten nicht gesäubert werden, und es kam ja auch kein Kranker, den ich noch hätte behandeln müssen.»
    «Was ist also mit den blutigen Instrumenten …?»
    «Einer von den Männern hat Fyche den Beutel gegeben, und der fragte: ‹ Was ist das? Wessen Blut ist das? › Er hielt die Messer in die Höhe, und es
war
Blut daran, und da habe ich ihm … die erstbeste vernünftige Erklärung gegeben, die mir einfiel. Aber Fyche hat mir sowieso nicht zugehört. Wie ich schon sagte, er hatte seine Beweise, und damit war er zufrieden.»
    «Woher wusstet Ihr, dass die

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