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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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versuchte ich sie zu beruhigen.
    Ihr seid ein guter Mensch. Das spüre ich.
    «Nichts ist passiert», sagte sie schließlich. «Kapiert? Gar nichts.»
    «Der Bauer … Moulder? Er hat dem Gericht bei Cates Verhandlung erzählt, dass Ihr den Mond angeheult habt. Oder etwas in der Art. Bevor Cate sagte, dass sie in jener Nacht ganz allein auf dem Tor war. Woraufhin er behauptete, dann müssten die anderen wohl Geister gewesen sein.»
    «Nur sie und ich waren da. Mehr nicht», erklärte Joan. «Und wir haben nicht geheult. Wir waren ganz still. Still wie ein Grab. Sie hat mir gezeigt, wie man ganz ruhig sitzt und an gar nichts denkt, versteht Ihr?»
    «Was war mit dem Trank?»
    «Was für ein Trank, Master?»
    «Der Trank aus dem Pulver der Visionen.»
    «Den hat sie mir gar nicht gegeben. Kapiert?» Der Blick ihres Auges schweifte wild umher. «Hat sie mir verdammt noch mal nie gegeben.»
    «Aber was habt Ihr dann …»
    «Wir haben dagesessen und geredet, versteht Ihr? Wir saßen da und redeten bis zum Morgengrauen. So habe ich noch nie mit jemandem gesprochen. Auch danach nicht mehr.»
    «Worüber habt Ihr geredet?»
    «Das Feenvolk. Die Stimmen. Sie sagte mir, die Stimmen kommen nicht vom Feenvolk. Dass sie einfach nur Stimmen sind. Das Lord Gwyn und die Seinen niemals mit meinesgleichen sprechen. Sie meinte, wenn ich jemanden zum Reden brauche, soll ich mich an Lord Merlin wenden, der sein ganzes Leben lang mit dem Feenvolk umzugehen wusste.»
    «Was habt Ihr davon gehalten?»
    «Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Es war die Nacht vor Allerheiligen, und da oben bei dem Turm war es sehr, sehr still. Sie hat mir gezeigt, wie man ruhig sitzt. Und gesagt, dass man die Sterne sehen kann, aber ich konnte keine Sterne sehen. Mein Auge … zu der Zeit war es ziemlich schlimm. Ich habe es nur auf den Gipfel geschafft, weil Mistress Borrow mich am Arm geführt hat. Ich konnte nicht mal den Pfad sehen. Aber wir saßen da, und sie hat mir erzählt, was Lord Merlin gesehen hat – all die Leute und Tiere oben in den Sternen.»
    «Tiere? Oh, die Sternbilder!»
    «Was?»
    «Nicht so wichtig. Fahrt fort.»
    «Sie hat mir davon erzählt, und ich konnte sie in meinem Kopf sehen. Die alten Stimmen … ich kann sie immer noch hören, aber sie kommen von weit her, aus einer längst vergangenen Zeit. Ich spürte tief in mir Frieden, versteht Ihr? Dann kann ich mich nur noch erinnern, dass die Sonne aufging und überall Nebel war. Der dickste weiße Nebel, den man sich nur vorstellen kann, umgab den Hügel. Und als wir hinabblickten, konnten wir nichts außer weißem Nebel sehen, und es kam mir vor, als ob wir auf …»
    «Als ob Ihr auf einer Insel wäret? So wie es hier früher einmal gewesen ist.»
    Du lieber Gott, ich glaubte, das alles mit eigenen Augen zu sehen, als wäre ich selbst dabei gewesen.
    «Aber der Himmel über uns war strahlend hell und wie aus Gold, soweit ich ihn durch meine Tränen sehen konnte. Oh, und ich habe geweint, Master Londoner. Die Tränen kamen aus meinem Auge geschossen, wie das Wasser aus der Blutquelle. Noch niemals habe ich so geweint, nicht mal als ganz kleines Kind. Und Mistress Borrow nahm mich in den Arm, und dann brach ich zusammen. Vollkommen zusammen. Und sie sagte: ‹ Schau doch, Joan … siehst du? › »
    Joan hatte sich halb von ihrer Bank erhoben und sah ins Feuer.
    «Der Nebel im Tal lichtete sich, und sie meinte: ‹ Siehst du, Joan? Siehst du dort die Fische, den Adler?
Siehst du die Sterne?
› »
    «Unten im
Tal

    Mir kam es plötzlich vor, als würde sich die Hütte wie ein Mühlrad um mich drehen, als ich es begriff.
    «Und habt Ihr sie gesehen? Habt Ihr die Sterne gesehen, Joan?»
    Joan schaute dem Rauch hinterher, der sich durch eine Öffnung in der Decke nach draußen schlängelte.
    «Nein, Master», sagte sie. «Aber das meiste andere habe ich erkannt.»
     
    †
     
    Es fiel mir schwer, nicht gleich aus der Hütte zu springen und die Straße hinunter zum Gasthof zu rennen, um an Lelands Aufzeichnungen zu kommen, aber ich schaffte es, mich zu beherrschen.
    Kindermund tut Wahrheit kund. Und auch der von verrückten Frauen.
    Das ist doch ein Hund … und das ein Vogel mit gespreizten Schwanzfedern?
    Ja, sogar der von Edelleuten. Meine Güte!
    «Was ist das?» Joan sprang auf, huschte zur Tür hinüber und riss sie auf. «Zeig dich! Komm da raus, du mieser Bastard!»
    Auch ich war zu Tür geeilt. Benlow stand mitten im Vorbau der Hütte. Die Hühner

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