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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Land bereits dort unten.»
    «Wohl wahr», bestätigte Fyche höflich. «Allerdings muss Euch der Weg, den Ihr gekommen seid, zwangsläufig über mein Land geführt haben.»
    «Pah!» Sie krümmte den Rücken wie eine angreifende Katze. «Das ist ein altes Wegerecht!»
    «Ich werde mir die Eigentumsverhältnisse bestätigen lassen, wenn ich wieder in London weile», erklärte ich kühl. «Da ich jedoch in offiziellem Auftrag der Königin hier bin, steht es mir zu, jeden Weg zu nehmen, der mich schnellstmöglich zur Erfüllung meiner Pflichten führt.»
    «Ja, richtig», sagte Fyche. «Setzt uns doch bitte einmal über die genaue Art dieser Pflichten in Kenntnis.»
    Seine Worte verrieten seine Herkunft aus dem Westen, auch wenn sein Akzent schwach war und keinen Zweifel an seiner Bildung ließ. Ein Überlebenskünstler, hatte Carew gesagt. Aus der Nähe konnte ich weiße Sprenkel in Fyches Bart erkennen. Seine Haut war wettergegerbt, aber noch immer straff. Ich schätzte ihn auf Mitte vierzig.
    Auf seine Nachfrage führte ich aus, dass mir aufgetragen worden war, ein neues Verzeichnis alter Bauwerke anzulegen, das erfasste, in welchem Zustand sie sich derzeit befanden.
    Fyche legte den Kopf schief.
    «So wie Leland?»
    Eine bedeutungsschwangere Frage.
    «Gewissermaßen», antwortete ich. «Allerdings nicht im Auftrag derselben Herren. Was ich damit sagen will … niemand hier muss fürchten, am Ende verraten zu werden.»
    Fyche lächelte. Der seltsame Nebel malte gelbliche Ringe um seine Stiefel.
    «Wie wollt Ihr da denn so sicher sein, Doktor? War Leland sich etwa darüber im Klaren, wofür man seine Aufzeichnungen in London benutzen würde?»
    «Das vermag ich nicht zu sagen. Leland ist tot.»
    «Gestorben, nachdem er den Verstand verloren hat. Wie dem auch sei …» Fyche deutete mit dem Daumen auf den Turm. «Euch ist wohl aufgefallen, dass diese Kirche trotz ihrer auffälligen Lage und obwohl sie dem Erzengel Michael geweiht ist, nicht so einfach wiederaufzubauen ist. Was hat die Königliche Kommission dazu vorzutragen?»
    Wenn sie dazu etwas vorzutragen hatte, so war es zumindest mir nicht bekannt.
    «Offenkundig müsste sorgfältig abgewogen werden, ob die Notwendigkeit einer Kirche an dieser Stelle noch fortbesteht», entgegnete ich also. «Gäbe es zum Beispiel noch einen Grund, hier oben die Messe zu feiern, wo doch in der Stadt schon die Johanniskirche dafür zuständig wäre?»
    Der Nebel brannte in meinen Augen. Fyches Lächeln wirkte nun gezwungen.
    «Wie dem auch sei», sagte er. «Messen werden hier jedenfalls weiterhin abgehalten.»
    Ich schaute hinauf zum Turm, aus dem Riss in seinem Mauerwerk drang Nebel wie aus einer Schnittwunde.
    «Fragt nur die Hexe danach», sagte Fyche. «So sie denn dazu aufgelegt ist, Euch eine Antwort zu geben.»
    Instinktiv drehte ich mich zu Mistress Borrow um.
    Aber sie befand sich bereits auf dem Weg zum Pfad, der sich den Hügel hinunterwand, hatte sich ganz in den schwarzen Umhang gehüllt und die Kapuze übergezogen. Nicht einmal schaute sie zurück, und ich empfand eine unerklärliche Unsicherheit und Kälte, Sehnsucht und … Trauer.
    Wütend wirbelte ich herum, aber Sir Edmund hatte sich bereits abgewandt.
    «Begleitet mich, Dr. John», sagte er. «Falls Eure Zeit dies erlaubt.»
     
    †
     
    Ganz hinauf auf den Gipfel des Glastonbury Tor. Durch einen gemauerten Bogen in den Turm hinein. Drinnen war er fast komplett hohl, ein gewaltiger Kaminschacht, genau so, wie er von außen wirkte und wie Mistress Borrow ihn beschrieben hatte. Kaputte Steine überall. Fyche trat gegen einen von ihnen.
    «Entweiht», sagte er.
    Der weiße Himmel über uns war ein schmutziges Laken, das man über ein rottendes Bettgestell gespannt hatte.
    «Wie ich höre, war ein Erdbeben an dieser Zerstörung schuld», sagte ich.
    Fyche bückte sich und hob eine tote Krähe an ihrem Flügel in die Höhe.
    «Wenn eine Kirche aufgegeben wird», sagte er, «verwest sie wie eine Leiche. Und zieht Maden an. Ein wimmelnder Haufen Ungeziefer. Wie eine Krankheit. Könnt Ihr es nicht riechen?» Fyche warf den Vogel zurück auf den Boden. «Als Friedensrichter ist es meine Pflicht, alle ketzerischen Versammlungen aufzulösen und diese Gottlosen dann entweder selbst zu richten oder sie den kirchlichen Gerichten zu übergeben.»
    Ich nickte misstrauisch. Obwohl seine Machtbefugnisse nicht in jeder Stadt die gleichen waren, durfte man einen Friedensrichter nicht unterschätzen. In seinem jeweiligen

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