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Die Gebeine von Avalon

Die Gebeine von Avalon

Titel: Die Gebeine von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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selbst zu uns spricht. In der Alten Zeit waren die Menschen damit vertrauter.
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Menschen, nicht nur die Priester. Wenn ich darüber nachdenke, kommt es mir manchmal so vor, als wären sogar die Puritaner mit ihrer unentwegten Bibellektüre näher daran, diese Fähigkeit wiederzuerlangen, doch die Strenge ihrer Lehre hindert sie, die Erfahrung zuzulassen. Ich wandte mich an Mistress Borrow.
    «Und die Visionen?»
    Sie zog ihren Umhang über die Knie.
    «Wer weiß schon, was Visionen und was Anzeichen für beginnenden Wahnsinn sind?»
    «Oder Besessenheit?»
    «Oh ja, in Glastonbury gibt es viele Besessene. Die Dämonen genießen ungewöhnliche Freizügigkeit.»
    «Könntet Ihr mir … das näher erläutern?» Mein Hals war so trocken wie verdorrte Erde.
    «Ist das wichtig, Doktor?» Misstrauisch sah sie zu mir auf. «Hat das irgendeine Bedeutung für Eure Arbeit und die Auflistung der verbliebenen Altertümer?»
    Es war, als erwachte sie aus einem Tagtraum … als wären wir beide von einem Zauber gefangen gewesen. Ein Zauber, den sie nun brechen musste.
    «Es interessiert mich», antwortete ich. «Das ist alles.»
    «Wir sollten aufbrechen. Ich habe noch Besuche zu machen. Bei einigen Kranken.»
    Sie erhob sich, griff ihren Beutel, bevor ich ihn nehmen konnte, und wollte zwischen den Apfelbäumen hindurch, wobei sie beinahe mit dem nach Luft ringenden Hünen Martin Lythgoe zusammengestoßen wäre.
     
    †
     
    «Verzeiht, Doktor …»
    Sein Gesicht war gerötet, sein blondes Haar stand wild vom Kopf ab, und auf der Wange hatte er eine Schramme.
    «Gott, bin ich froh, dass ich Euch gefunden habe. Mein Herr –»
    Ich sprang auf.
    «Geht es ihm schlechter?»
    «Nein. Es geht ihm … nicht schlechter als zuvor. Er schlief, als ich aufbrach. Es ist nur so, er sagte – bevor er krank wurde –, dass wir ein Auge auf Euch haben sollen.»
    «Auf mich?»
    «Und was mach ich, kaum dass mein Herr durch Krankheit ans Bett gefesselt ist? Verdrück mich einfach und schau nach den Pferden, lass Euch allein herumspazieren. Na ja …» Er sah zu Mistress Borrow. «Entschuldigt, ich wusste nicht, dass er mit Euch hier ist, Doktor.»
    Falls er mir gefolgt war, hätte er das wissen müssen. Aber ich ging nicht weiter darauf ein.
    «Martin, ich bin ein erwachsener Mann.»
    «Natürlich, das weiß ich. Aber mein Herr glaubt …»
    Ich frage mich, wie du in den Kloaken von Paris und Antwerpen überlebt hast, ohne dass ich in der Nähe war, um dir den Hintern zu retten.
    «Ja», unterbrach ich ihn. «Ich weiß, was dein Herr denkt, Martin …» Ich sah ihm in die Augen und wählte meine Worte mit Bedacht, in der Hoffnung, er würde begreifen, dass ich gerade dabei war, wichtige Informationen zu sammeln. «Doktor Borrow … hat mir die heilige Quelle gezeigt … um etwas eisenhaltiges Wasser zu schöpfen. Zur Unterstützung von Master Roberts’ Genesung?»
    «Verstehe, Sir. Kein Problem.» Er nickte, rückte sein Lederwams zurecht und warf Mistress Borrow einen kurzen Seitenblick zu. «Und ich denke, unter den gegebenen Umständen hätte Master Roberts Verständnis.»
    «Umständen?»
    Martin Lythgoe schien mir verstohlen … zuzuzwinkern.
    Wie bitte?
    Ich fühlte, wie mir das Blut in den Kopf schoss.
    «Ich lasse Euch dann wohl besser allein, Sir.»
    Er grinste mich an.
    «Nein … Martin …»
    «Ja?»
    «Wenn du mir helfen willst –» Verzweifelt versuchte ich mir etwas einfallen zu lassen, das halbwegs gebieterisch klang. «Es gibt jemanden, mit dem du reden könntest. Cowdray hat letzte Nacht von einem ehemaligen Mönch der Abtei erzählt, der jetzt als Hufschmied arbeitet. Ich dachte, da du ja auch mit Pferden zu tun hast, könntest du vielleicht über diesen Weg unauffällig ein Gespräch mit ihm beginnen.»
    «Sicher, das kann ich tun.»
    «Du weißt doch, wonach wir suchen? Welcherart Informationen wir benötigen und wofür?»
    «Ja, weiß ich.»
    «Und du wirst mit der gebotenen Diskretion vorgehen?»
    «Schätze, Eure Stute könnte für den Rückweg nach Bristol ein paar neue Eisen brauchen.»
    «Das wäre ein sehr guter Grund, den Mann aufzusuchen.»
    «So wird’s gemacht. Ich kümmere mich um den Burschen. Wir sehen uns dann später in der Herberge, Dr. John.»
    Er fuhr sich glättend übers Haar, nickte Mistress Borrow zu und stapfte dann zwischen den Apfelbäumen von dannen, während ich versuchte, ein entschuldigendes Lächeln zustande zu bringen.
    «Bei meiner Arbeit … beschäftige ich mich sonst

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