Die Gebeine von Zora
Matrosen, der gleich darauf mit zwei Streifen Tuch wiederkam und damit Foltz’ Schulter und Wade verband.
»So«, sagte Reith. »Und jetzt erzählen Sie uns mal, was Sie seit unserer Verhandlung in Jeshang getrieben haben. Einiges von dem, was passiert ist, wissen wir bereits; es hilft also nichts, wenn Sie versuchen, uns anzulügen.«
»Ich habe eine Menge durchgemacht«, sagte Foltz mit weinerlicher, vor Selbstmitleid triefender Stimme. »Kharobs Eskorte brachte mich zur mikardandischen Grenze. Bevor sie mich über die Demarkationslinie stießen, filzten sie mich von oben bis unten durch und nahmen mir alles ab: Geld, Kleider, Schuhe. Nicht einmal die Unterhose ließen sie mir. Ich wäre gestorben, wenn mich nicht ein freundlicher Bauer aufgenommen hätte, der mir ein paar alte Kleider schenkte und mir ein paar Karda lieh, damit ich mir auf dem langen Fußmarsch nach Mishe was zu essen kaufen konnte. In Mishe bekam ich dann Kredit, indem ich mich als ein Freund von Ihnen ausgab.«
»Ein Freund von mir!« schrie Reith. »Dreister geht's wohl nicht mehr! Warum haben Sie ihnen nicht gleich gesagt, Sie wären Napoleon oder Mohammed?«
»Während ich mich in Mishe von dem Dreihundert-Hoda-Fußmarsch erholte«, fuhr Foltz ungerührt fort, »hörte ich, dass die Bákhtiten sich erhoben hatten und den Dasht in seinem Palast eingeschlossen hatten.
Wie Sie ja wissen, war ich so was wie ein Liebling der alten Lazdai geworden. Nicht, dass ich an diesen Unfug glaube, aber aus einleuchtenden Gründen musste ich den fanatischen Konvertiten spielen.« Foltz studierte seine Fingerknöchel. »Da ich in Zora alles verloren hatte, brauchte ich Geld, um meine Forschungen wiederaufzunehmen – vielleicht in einer geologischen Formation außerhalb von Chilihagh.«
»Kommen Sie zur Sache!« fauchte Reith.
»Nur Geduld. Sie müssen mich die Geschichte schon auf meine Weise erzählen lassen. Nun, ich ritt also von Mishe nach Jeshang zurück. Unterwegs machte ich Station bei dem Bauern, um ihm das Geld, das er mir geliehen hatte, zurückzuzahlen – einschließlich Zinsen. In Jeshang fand ich Lazdai an der Macht und außer sich vor Wut, weil Sie ihr schon zum dritten Mal durch die Lappen gegangen waren. Jedenfalls bot sie mir einen Riesenbatzen Geld aus der Schatzkammer des Bákh, soviel, dass ich damit für den Rest meines Lebens hätte graben können – wenn ich euch drei und Aristides Fossilien nach Jeshang zurückbringen würde. Habt ihr die Dinger übrigens immer noch?«
»Das ist unsere Sache«, sagte Reith. »Erzählen Sie weiter!«
»Ich verfolgte eure Spur bis Majbur, wo ich eine Bande einheimischer Banditen anheuerte. Aber bis ich sie endlich zusammen hatte, war euer Boot schon abgefahren. Also kaufte ich von Lazdais Vorschuss Ayas für die Bande und folgte euch. Ich dachte mir, heute Nacht, bei dem Nebel, könnten wir euch überrumpeln und ohne unnötiges Blutvergießen überwältigen.«
»Wie nett von Ihnen«, höhnte Reith, »uns zu schonen, damit Lazdai auch noch was von uns hat!«
»Ich bin bestimmt nicht dafür, dass Leute im Kessel gekocht werden«, sagte Foltz. »Ich habe mich bei Lazdai nach Kräften dafür eingesetzt, dass Sie und Marot nicht hingerichtet werden, aber sie wollte nicht …«
Patsch! Marot hatte hinuntergelangt und Foltz mit dem Handrücken ins Gesicht geschlagen. »Das ist für deine Lügerei. Wir haben nämlich die wahre Version vom Dasht gehört.«
Foltz schüttelte den Kopf und wischte sich einen Tropfen Blut von der aufgesprungenen Unterlippe. »Du irrst, Aristide. Als Lazdai mich losschickte, habe ich ihr das Versprechen abgerungen, euch weder zu foltern noch zu töten.«
Reith und Marot tauschten kurze Blicke aus. Marot fragte: »Wie können wir nachprüfen, ob das stimmt?«
»Indem wir nach Jeshang fahren und die alte Hexe selbst fragen«, knurrte Reith. »Aber ich glaube, so wild auf die Wahrheit sind wir auch nicht, dass wir ein Risiko eingehen.« Er wandte sich wieder Foltz zu. »Was war dann Ihr Beweggrund?«
»Mit dem Geld von der Priesterin könnte ich mir hier mein eigenes Institut einrichten und die krishnanische Paläontologie auf eine solide Basis stellen, nicht so ein dilettantisches Herumgestümpere, wie es mein wirrköpfiger Kollege macht. Auf lange Sicht könnte die terranische Wissenschaft davon nur profitieren.«
Marot wollte, vor Wut und Empörung zitternd, zu einer Erwiderung ansetzen, aber Reith unterbrach ihn: »Schön, jetzt haben wir seine Geschichte gehört.
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