Die Gebeine von Zora
mit dem Ergebnis der Befragung.«
Ozagh schüttelte den Kopf. »Aus irgendeinem mir unbekannten Grunde – die Berichte sind hier widersprüchlich – fiel das Gefolge von Hochwürden Behorj mit den Dienern des anderen Knochengräbers in Hader. Es kam zu einem blutigen Kampf, in welchem mehrere verwundet oder getötet wurden. Die überlebenden Knochengräber wurden in Jeshang vor Gericht gestellt. Die meisten von ihnen waren einfache Landleute, für Ihre Heiligkeit ohne Interesse. Der Führer aber, ein als Mengen verkleideter Terraner, Foltis geheißen, wie man mir berichtete, erregte ihren Verdacht. Also lud sie ihn zu einem erneuten Verhör vor.
Da das Verhör unter vier Augen stattfand, vermag ich nicht zu sagen, wie Meister Foltis sich schlug. Ich weiß nur, dass er weder in Lazdais Kessel gesotten wurde noch auf freien Fuß gesetzt ward.
Wie mir des weiteren zugetragen wurde, hat Ihre Heiligkeit großes Interesse daran bekundet, die andere Gruppe von Knochengräbern, also Euch und Eure Gefährten, ebenfalls ein weiteres Mal zu verhören. Sie argwöhnt, dass die Fragen Hochwürden Behorjs nicht tief genug gebohrt haben. Derhalben hat sie angeordnet, dass ihr bei eurem Eintreffen in Jeshang ergriffen und ihr vorgeführt werdet. Doch gelang es euch irgendwie, ihr durch die Finger zu schlüpfen, was sie mit großem Grimm erfüllte. Wie ist euch dieses Kunststück geglückt?«
Reith lächelte. »Tut mir leid, aber was diesen Punkt betrifft, ‹ ist mir die Zunge gebunden.«
Es klopfte an der Tür, und herein trat ein junger Krishnaner in der Tracht eines Akolyten des Yesht-Kults. In der Hand hielt er einen Streifen aus feinem Krishnapapier, der mit mikroskopisch kleinen Schriftzeichen bedeckt war. Er überreichte Nirm den Streifen mit den Worten: »Vater Nirm, diese Botschaft von unserem Informanten in Jeshang ist soeben mit der Bijar-Post eingetroffen.«
»Danke; du kannst gehen.« Nirm überflog die Botschaft mit gerunzelter Stirn. Seine Antennen begannen vor Aufregung zu zittern. »Ohe, Meister Reith! Diese Botschaft betrifft Euch!«
»Was steht darin?«
»Darin steht, dass die Bákhtiten aus Jeshang, entschlossen, die widersprüchliche Angelegenheit, von welcher wir sprachen, zu klären, Häscher ausgesandt haben, Euch und Euren Gefährten, den gelehrten Doktor, zu ergreifen und, falls nötig, mit Gewalt zum Großen Tempel zu bringen, auf dass ihr dortselbst verhört und vor Gericht gestellt werdet.«
Reith stieß ein wütendes Grunzen aus. »Ich hätte voraussehen müssen, dass sie etwas derartiges probieren. In welcher Form soll die Entführung ins Werk gesetzt werden?«
»Darüber steht leider nichts in der Botschaft, ’s ist sehr unwahrscheinlich, dass sie angesichts der militärischen Überlegenheit Qiribs einen bewaffneten Einfall wagen. Wahrscheinlicher ist, dass sie einen oder zwei Agenten nach Jazmurian einschleusen, welche, wohl ausgestattet mit Geld, versuchen werden, eine Bande ortsansässiger Halsabschneider anzuheuern, die euch zwei ergreifen und zur Grenze schleppen sollen. Dies ist eine korrupte und gesetzlose Stadt, in welcher solche grimmigen Taten leicht ins Werk zu setzen sind.«
»Ich danke Euch«, sagte Reith. »Wir werden Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.«
Reith eilte auf dem schnellsten Wege zurück zu Angurs Gasthof. Unterwegs hielt er nur kurz an, um Alicia ihr Schreibzeug und eine Flasche Falat und drei billige Trinkbecher aus Ton zu kaufen. Als er mit seinen Gefährten zusammensaß und sie sich bei dem leckeren Tropfen entspannten, berichtete er ihnen von seinem Besuch im Tempel.
»Ich glaube, hier im Gasthof sind wir ziemlich sicher«, sagte er. »Wir müssen natürlich unsere Türen stets abschließen … da fällt mir ein, unsere ist nicht abgeschlossen.« Er stand auf und erledigte das sofort. Zusätzlich stellte er noch einen Stuhl vor die Tür und klemmte die Klinke mit der Lehne fest. Dann fuhr er fort:
»Rausgehen sollten wir nur, wenn es absolut unumgänglich ist, und wenn irgend möglich, nicht außer Ruf- oder Sichtweite des Gasthofs. Außerdem sollten Aristide und ich nur zu zweit und bewaffnet gehen. Was hast du über die Züge rausgekriegt, Aristide?«
»Sie fahren einen Tag um den anderen«, berichtete der Wissenschaftler. »Den von heute haben wir leider verpasst. Der nächste fährt übermorgen, um die dritte Stunde.«
»Mist!« fluchte Reith. »Wir können uns erst in Sicherheit wiegen, wenn wir in dem Zug sitzen.«
»Wäre es nicht vielleicht
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