Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gebrüder Kip

Die Gebrüder Kip

Titel: Die Gebrüder Kip Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Whisky und Gin geleert. Wenn auch nicht lärmender und rauflustiger Trunkenheit verfallen, sondern mürrisch gestimmt und eher etwas verdummt, wären sie nicht imstande gewesen, zu begreifen, was Vin Mod ihnen gesagt hätte, wenn er einen von ihnen nötig gehabt hätte.
    Kyle dagegen – mit dem er gewohnheitsmäßig überhaupt am liebsten sprach – hatte, wohl auf eine vorherige Warnung Vin Mods hin, die auf dem Tische stehenden Flaschen kaum angerührt.
    Als dieser in der Gaststube erschien, ging er ihm sofort entgegen. Vin Mod gab ihm ein Zeichen, jetzt nicht zu sprechen, und beide nahmen nebeneinander Platz.
    In dem Raume befanden sich gegen zwanzig zechende Gäste, meist Matrosen, die über ihre Urlaubszeit hinaus unter qualmenden Lampen und in erstickender Luft an einem großen Tische saßen.
    Jeden Augenblick taumelten angetrunkene Männer hinaus oder herein. In der Gaststube herrschte ein solcher Lärm, daß man einander getrost etwas ins Ohr raunen konnte, ohne Gefahr zu laufen, daß andere das verständen.
    Der Tisch, den Kyle gewählt hatte, stand überdies in der dunkelsten Ecke des Raumes.
    »Du bist schon seit einer Stunde hier? begann Vin Mod, der sich dabei seinem Kameraden zuneigte.
    – Ja… habe auf dich der Verabredung nach gewartet…
    – Und die anderen konnten der Begierde, zu trinken, nicht widerstehen?
    – Nein… bedenke doch… eine volle Stunde…
    – Und du selbst?…
    – Ich… o, ich habe mir nur einmal mein Glas gefüllt, es steht aber noch unberührt da.
    – Das wirst du nicht zu bereuen haben, Kyle, denn es ist nötig, daß du alle Sinne beisammen hast.
    – Das kann ich versichern, Mod!
    – Nun gut; wenn du noch nichts getrunken hast, so wirst du jetzt trinken.
    – Auf deine Gesundheit!« antwortete Kyle, der sein Glas ergriff und es zum Munde führte.
    Da packte ihn aber Vin Mad am Arme und nötigte ihn, das Glas wieder auf den Tisch zu stellen, ohne die Lippen benetzt zu haben.
    »Du willst mich also doch nicht trinken lassen? fragte Kyle verwundert.
    – Nein… du sollst dich nur so stellen, als ob du tränkst oder gar schon zu viel genossen hättest.
    – So?… Und warum das, Mod?
    – Weil du dich, den Betrunkenen spielend, erheben, durch die Gaststube schwanken und mit dem einen oder dem anderen Streit suchen sollst unter der Drohung, alles kurz und klein zu schlagen, bis der Gastwirt Polizisten herbeiruft, die dich wegführen und ins Gefängnis bringen sollen.
    – Ins Gefängnis?…«
    Kyle konnte nicht begreifen, worauf Vin Mod hinauswollte. Sich stellen, als ob er tränke, das paßte ihm recht wenig, sich wegen Ruhestörung gar einsperren zu lassen, paßte ihm aber gar nicht.
    »Höre mich nur an, sagte Vin Mod. Ich brauche dich in einer Sache, die dir viel einbringen wird, wenn du Erfolg hast und geschickt deine Rolle spielst.
    – Wobei nichts zu riskieren ist?…
    – Ein paar Püffe sind ja zu riskieren, fünf bis sechs Pfund Sterling aber dafür einzuheimsen.
    – Fünf bis sechs Pfund? wiederholte Kyle, dem diese Aussicht recht verlockend erschien.
    – Und die anderen? fragte er noch mit einem Hinweis auf seine Kameraden.
    – Für die ist das nichts, erklärte Vin Mod. Du siehst ja, sie sind in einer Verfassung, in der sie nichts zu verstehen und nichts zu tun vermögen!«
    Wirklich hatte keiner von ihnen Vin Mod nicht einmal erkannt, als dieser sich gesetzt hatte. Sie sahen nichts und hörten nichts. Maschinenartig hoben ihre Arme die Gläser und sanken schwer wieder auf den Tisch zurück. Sexton murmelte, wie die meisten Betrunkenen, unzusammenhängende Worte vor sich hin oder sang mit heiserer Stimme ein Seemannslied, das er mit den in der Luft umherfuchtelnden Armen begleitete. Bryce hatte den Kopf gesenkt, die Schultern eingezogen und die Augen schon halb geschlossen… er war dem Einschlafen näher als dem Wachsein.
    Inzwischen wurde es im Zimmer immer lauter, Schreie und Zurufe flogen von einer Gruppe zur anderen, und an Herausforderungen um nichts und wieder nichts fehlte es gelegentlich auch nicht.
    Der an Kunden dieses Schlages gewöhnte Gastwirt ging überall umher und schenkte fleißig seine abscheulichen Getränke ein.
    »Nun also, nahm Kyle, näher an seinen Kameraden heranrückend, wieder das Wort, um was handelt sich’s eigentlich?
    – Ich habe dem Freunde Flig Balt ein paar Worte mitzuteilen, antwortete Vin Mod, und da Flig Balt im Gefängnisse ist, muß ihn einer dort aufsuchen.
    – Diesen Abend?…
    – Noch diesen Abend, denn

Weitere Kostenlose Bücher