Die Gedichte
schon des blauen Mondquells Wunderwelle.
Und Sterne schaun mit Kinderaugenhelle
verstohlen über schwarzen Giebelrand. –
Und Christus, zu des Rabbi Gruft gewandt:
»Dir auch gefiel es, Alter, manchen Spruch
zur Ehre jenes Gotts zusammzuschweißen.
Wer hat dich, morscher Tor, auch blättern heißen
in alten Psalmen und im Bibelbuch?
Du hast so viel gewußt, stehst im Geruch,
dich gar geheimer Weisheit zu befleißen.
Heraus damit jetzt! Weißt du keinen Fluch,
daß ich des Himmels blaues Lügentuch
mit seiner Schneide kann in Stücke reißen.
Hast du kein Feuer in den Dämmerungen
des Alchymistenherdes je entdeckt,
das fürchterlich und ewig unbezwungen
mit gierem Lecken seine Rachezungen
bis zu des Weltalls fernen Angel〈n〉 streckt?
Kennst du kein Gift, das süß ist wie der Kuß
der Mutter, das nach seligem Genuß
den Ahnungslosen sicher töten muß.
O Glück, die ganze Welt so zu vergiften.
Weißt du kein Mittel, herben Haß zu stiften,
der jeden Mann zum wilden Raubtier macht?
Kannst du nicht ziehn in diese stillen Triften
die Schauerschrecken einer Völkerschlacht.
Kannst du nicht eine neue Lehre stiften,
die Wahnsinnswut in jeder Brust entfacht.
Ins Unbegrenzte steigre ihre Triebe
und sende Pest und sende Seuchenschwärme,
daß in des Lotterbettes feiler Wärme
die ganze Welt zugrund geht an der Liebe! «
Jach lacht er Hohn. Und in den stummen Steinen
gellts wie des wunden Wildes Sterbeschrei.
Es legt ein Reif sich auf den nächtgen Mai.
Ein schwarzer Falter zieht im Flug vorbei
und er sieht Christum einsam knien und weinen.
Zweite Folge
DIE KIRCHE VON NAGO
Diese Dörfer sind arm und klein;
du kommst nirgends hinaus und hinein,
nur ein paar Hütten, die dir begegnen
mitten im Mai.
Willst du sie segnen?
Sie sind schon vorbei.
Aber vor dir die Kirche steht
ragend im Abend höher oben
als hätte die Erde selber gehoben
aus kleinen Hütten ein großes Gebet.
Aber es muß schon lange sein
seit dies geschah:
vom Kreuzturm stürzte die Stange ein,
die Glocke schlief überm Klange ein –
niemand war da.
Haben im Dorf wohl das Beten vergessen –
oder beten sie anderswo?
Sie denken: ohne die teuern Messen
geht das Sterben auch so.
Und lassen es über die Reben regnen
und lassen es über die Rosen scheinen
und vergessen das Lachen und kennen kein Weinen
und sind doch die Deinen:
Willst du sie segnen?
Du willst erst in deiner Kirche ruhn
und dann zurück zu den seltsam Frommen
hell von dämmernden Hängen kommen
und Wunder tun.
Weißt du schon, wie du dann ihr Weh
wirst bedenken?
Wirst du die Jungen aus den Gesenken
noch vor Tag auf den Hügel lenken
und von dort ihrem Schauen schenken
den Gardasee?
Wirst du die Berge, gleich Riesenpfühlen
näher rücken um dieses Tal,
daß die Alten mit einem Mal
sich heimlicher fühlen?
Denn du hast Mächte und Möglichkeiten
und die Dinge, die du rufst
werden dich wie einen König begleiten
und dir willige Brücken breiten
über die Meere, die du schufst. –
Aber heute bist du schon matt. Und dein Kleid
ist bestaubt.
Staubig dein Haupt.
Kommst du von weit?
Er sagt: »Mein Weg ist von Meer zu Meer.
Ich bin her
aus dem fernen Gestern
gekommen.
Und weiß nicht wie.
Meine Leiden, die weißen Schwestern
haben mich in die Mitte genommen …
Jetzt weinen sie. «
Er schwieg.
Und ich hörte sie wirklich weinen
und sah, wie er zwischen steilen Steinen
langsam zu seiner Kirche stieg.
So war kein Sieg.
Das war die Heimkehr eines Ermatteten,
der viel geirrt,
und niemehr Hirt
und dunkel aller Beschatteten
Bruder wird.
Aber noch steht ihm das Haus,
in welches ihr Beten
lange alle die Armen gebracht;
und wenn er es findet, wird es ihm Macht,
und er wird wie im Traum in fürstlicher Tracht
erwacht
nach raschem Ruhn
heraus
aus Trümmern treten
und Wunder tun.
Der Müde oben tritt tastend ein.
Die Kirche ist schwarz, und das Dunkel ist klein
und wird erst langsam den Blicken weit.
Der Einsame bringt die Ewigkeit
mit in die Mauern und breitet sie aus
mit segnenden Händen –
Da durchweht von den Wänden
lebendige Wärme das Haus.
Und jetzt erst erkennt er: die Kirche log.
Wo der Altar war, da ist neu
eine Krippe gezimmert: Scheu
umdrängen drei Kühe den Trog,
und heufeucht duftet die Streu.
Und die Ewigkeit, die er ausgespannt,
reicht nicht einmal von Wand zu Wand,
wird eine ängstliche Ewigkeit:
denn das Leben ist breit.
Und der Bleiche bleibt einsam an seinem Rand,
bleibt knien.
Und es weht wie aus einer Wiege warm
um ihn.
Und er ist wie ein König aus Morgenland –
nur ganz
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