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Die gefährliche Zeugin verschwindet

Die gefährliche Zeugin verschwindet

Titel: Die gefährliche Zeugin verschwindet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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du mit ihnen reden kannst. Vielleicht wollen die das nicht. Und dein
Mörder steht plötzlich hinter dir — wie vorhin beim Supermarkt.“
    Kalensky nickte. „Das ist das
Problem. Und gleich werde ich’s wissen. Ich rufe sie an. Falls sie nicht zu
Hause sind, kann ich sie über ihr Handy erreichen. Die Nummern — habe ich
beide.“

12. Tim
lauscht
     
    Tim ließ seine Blicke wandern
und stellte fest: Die Olaf-Dreifrucht-Straße war neueren Datums — maximal 15
Jahre alt, was für eine Straße nicht viel ist — und bei der Stadtplanung auf
dem Reißbrett entstanden. Ein einfallsloser Architekt hatte zu beiden Seiten —
von Nr. 1/1a bis Nr. 39/39a — Doppelhaushälften, umgeben von kleinen Gärten,
aneinander gereiht. Einige Gärten waren so kahl wie ein leer gegessener Teller.
Andere verwilderten.
    TKKG sockten an dem Grundstück
Nr. 24/24a vorbei und schielten zum Doppelhaus, ohne sich die Hälse zu
verdrehen.
    „Kalensky hat geblümte Vorhänge
an den Fenstern“, stellte Klößchen fest. „In der Doppelgarage stehen ein
schwarzer und ein weißer Ford — das gleiche Modell. Einer der Wagen gehört
sicherlich dem Herrn Kassandra.“
    „Beim Kassandra-Institut tippe
ich eher auf eine Frau“, meinte Karl. „Wegweisende Zukunftsergründung! Das
klingt nach Beschiss. Wahrscheinlich ist die Frau Kassandra eine Hellseherin.
Und weil sie sich Kassandra nennt, fährt sie garantiert den schwarzen Ford.
Denn Schwarz ist die Farbe des Unheils. Und die Kassandra aus dem alten
Griechenland — falls ihr euch erinnert — hat nie eine frohe Botschaft
verkündet, sondern immer nur Schrecknis, Tragödie und Heimsuchung.“
    „Mit Schwarzmalerei“, sagte
Gaby, „kann man kein Geld verdienen. Die Menschen wünschen sich frohe
Botschaften, auch wenn’s gelogen ist.“
    Tim nickte. „Deshalb sagen ja
auch Politiker nie die Wahrheit, wenn sie von der Zukunft sprechen. Allerdings
lügen sie auch, wenn’s um die Fehler der Vergangenheit geht. Und in der
Gegenwart kohlt ohnehin jeder. Das gilt als normal.“
    Kalenskys Wagen ist da, dachte
Tim. Also ist der Mann zu Hause. Es sei denn, er macht einen Spaziergang. Im
Haus rührt sich nichts. Alle Fenster sind dicht.
    Sie waren vorbeigegangen. Und
hatten noch nicht entschieden, wie Kalensky zu behandeln sei. Wie
aussichtsreich war ein Gespräch?
    „Auf der Rückfront“, sagte Tim,
„wächst ein innerstädtischer Mini-Urwald. Da falle ich nicht auf. Ich schleiche
mich mal an und gucke durchs Fenster. Vielleicht sehe ich, wie sich Kalensky
unter dem Bett verkriecht oder aber wie er seine Pistolen ölt. Heimliche
Beobachtung ist bekanntlich die halbe Erkenntnis.“
    „Häuptling, an dir ist ein
Indianer verloren gegangen“, sagte Gaby. „Die schleichen nämlich auch so gern.“
    „Diese Vorliebe habe ich mir
aus meiner Kindheit herüber gerettet“, grinste Tim.
    Dämmerung war angebrochen, die
Sonne hinter fernen Hochhäusern im Westen längst untergegangen. Das Licht wurde
schummerig, die Schatten nahmen eine dunklere Färbung an.
    Gaby, Karl und Klößchen
schlenderten weiter zum Ende der Straße, wo eine Bus-Haltestelle war. Dort
warteten sie. Niemand sonst wartete, denn der nächste Bus kam erst in 40
Minuten.
    Tim war in einen kaum
schulterbreiten Weg zwischen zwei Grundstücken getaucht, gelangte zur
Parallel-Straße und damit an die Rückfront der Doppelhaus-Grundstücke. Bei Nr.
24/24a lehnte er sich an den Jägerzaun und blickte gelangweilt umher. Die
Straße war leer. Kein Gesicht an den Fenstern. Lediglich ganz am Ende der
Straße wurde ein alter Dackel von einer Oma Gassi geführt. Beide bewegten sich
wie in Zeitlupe.
    Nicht so Tim. Flanke über den
Zaun. Durch die Büsche. Schon war er hinter Nr. 24a, wo weiße Gartenmöbel auf
der Terrasse standen. Sie sahen nicht so aus, als wären sie in diesem Jahr
schon benutzt worden. Und auch hier, auf der Rückseite des Hauses, waren alle
Fenster geschlossen.
    Nebenan freilich war ein
Parterre-Fenster geöffnet. In dem Wohnraum, zu dem es gehörte, brannte eine
Stehlampe. Eine blonde, drahtig wirkende Frau ging langsam auf und ab zwischen
Lampe und einer Schrankwand mit vielen Büchern. Die Frau redete. Aber Tim war
zu weit entfernt, konnte nichts verstehen.
    Er hätte der Frau keine weitere
Beachtung geschenkt, doch in diesem Moment kam Kalensky ins Bild.
    Tim wusste, wie er aussieht,
hatte ihn beim BBP-Supermarkt gesehen — allerdings in bewusstlosem Zustand.
Jetzt war der Typ durchaus munter, hielt sich

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