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Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Die Gefährtin Des Lichts erbin2

Titel: Die Gefährtin Des Lichts erbin2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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die Priester ihn nicht bestrafen. Er bringt keine Opfer am Hausaltar. Er betet nicht. Ich habe ihn gefragt, ob er an die Götter glaubt. Er sagt, selbstverständlich, schließlich sind wir doch Maroneh, oder nicht? Der Respekt vor den Göttern und ihrer Macht ist tief in unserer Geschichte und unseren Seelen verwurzelt. Wir vergessen nie. Das ist aber nicht dasselbe, wie sie zu verehren, fügt er manchmal hinzu. Dann warnt er mich, ich solle das niemand anderem gegenüber erwähnen: nicht bei den Priestern, nicht bei meinen Freunden und auch nicht bei Mama. Eines Tages, sagt er, wirst du es verstehen.
    Heute ist er in einer Stimmung, die er nicht oft hat. Es ist eins der seltenen Male, dass ich ihn sehen kann: ein unterdurchschnittlich großer Mann mit kühlen, schwarzen Augen und großen, eleganten Händen. Sein Gesicht hat keine Falten und wirkt beinahe jugendlich. Sein Haar aber ist grauschwarz meliert, und in seinem Blick liegt etwas Schwermütiges, Müdes. Es macht deutlicher als Falten es je könnten, wie lange er schon lebt. Er war bereits alt, als meine Eltern heirateten. Er wollte kein Kind, aber er liebt mich von ganzem Herzen.
    Ich grinse und stütze mich auf seine Knie. Er sitzt, deshalb ist sein Gesicht in Reichweite meiner suchenden Finger. Augen können getäuscht werden, das habe ich schon gelernt, aber bei einer Berührung kann man sicher sein.
    »Du hast gesungen«, sage ich.
    Er lächelt. »Kannst du mich wieder sehen? Ich dachte, es hätte inzwischen schon wieder nachgelassen.«
    »Sing für mich, Papa«, bettele ich. Ich liebe die Farben, die seine Stimme in der Luft webt.
    »Nein, Ree-Kind. Deine Mutter ist zuhause.«
    »Sie hört es doch nie! Bitte?«
    »Ich habe es ihr versprochen«, sagt er leise. Ich lasse den Kopf hängen. Er hat meiner Mutter lange, bevor ich geboren wurde, versprochen, dass er uns nie der Gefahr, die seine Andersartigkeit bedeutet, aussetzen wird. Ich bin zu jung, um zu verstehen, wo diese Gefahr herrührt. Die Angst in seinen Augen reicht aber aus, um mich zum Schweigen zu bringen.
    Aber er hat dieses Versprechen in der Vergangenheit gebrochen. Er tat es, um mich zu unterweisen, denn sonst hätte ich meine eigene Andersartigkeit möglicherweise verraten, weil ich es nicht besser wusste. Außerdem — so wird mir später klar — bringt es ihn fast um, diesen Teil seiner selbst so zu unterdrücken. Er war dazu bestimmt, glorreich zu sein. Mit mir kann er in diesen kurzen, intimen Momenten das und noch viel mehr sein. Er kann leben.
    Er sieht meine Enttäuschung, seufzt und hebt mich auf seinen Schoß. Ganz leise und nur für mich beginnt er zu singen.
    Ich erwachte langsam von dem Geräusch und dem Geruch von Wasser.
    Ich saß darin. Das Wasser hatte beinahe Körpertemperatur, so dass ich es kaum an meiner Haut fühlte. Unter mir spürte ich harten, gemeißelten Stein, der ebenso wie das Wasser angewärmt war. In der Nähe roch ich Blumen. Hirns: eine Kletterpflanze, die ursprünglich aus Maroland stammte. Sie hatte einen schweren, einzigartigen Geruch, den ich mochte. Jetzt wusste ich, wo ich mich befand.
    Ich war schon früher bei Madding gewesen, sonst wäre ich desorientiert gewesen. Madding besaß ein großes Haus in einem der reichen Bezirke von Wescha. Er hatte mich oft hergebracht und sich beschwert, dass er wegen meines kleinen Betts Rückenschmerzen bekam. Das Erdgeschoss in seinem Haus war voller Schwimmbecken; es gab mindestens ein Dutzend. Sie waren in den felsigen Untergrund, der sich unter diesem Teil von
    Schatten befand, hineingetrieben und in hübsche Formen gemeißelt worden. Pflanzen schirmten sie ab. Für diese Art Design waren die Gottkinder berüchtigt - sie dachten zuerst an Ästhetik und zuletzt an praktischen Nutzen oder Angemessenheit. Maddings Gäste mussten entweder stehen oder sich ausziehen und in ein Schwimmbecken begeben. Er wusste nicht, was daran falsch sein sollte.
    Die Becken waren nicht magisch. Das Wasser war warm, weil Mad irgendein sterbliches Genie bezahlt hatte, um einen Mechanismus zu konstruieren, der zu jeder Zeit heißes Wasser in den Rohren bereithielt. Madding hatte sich nie damit befasst, wie das funktionierte, also konnte er es mir nicht erklären.
    Ich setzte mich auf und lauschte. Prompt merkte ich, dass jemand in meiner Nähe saß. Ich sah nichts, aber die Atemzüge klangen vertraut. »Mad?«
    Er löste sich aus der Dunkelheit. Am Rande des Beckens saß er und hatte ein Knie angezogen. Sein Haar war offen und klebte an

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