Die Gefährtin des Medicus
erfrischender Geruch lag in der Luft und hatte nichts gemein mit dem rauchigen Gestank, den sie von ähnlichen Gebäuden kannte.
»Minze!«, stellte Simeon fest und deutete auf die Vasen – offenbar war diese darin aufbewahrt, um die Luft zu erfrischen. über eine schmale, runde Treppe kamen sie ins Obergeschoss. Die Fenster waren mit schweren Balken verschlossen, die Wände mit Teppichen behängt. Auch hier stiegen ihnen starke Gerüche in die Nase, diesmal nicht von Minze, sondern von den Speisen, die in der nahen Küche zubereitet wurden.
Als hätte es ihnen eine unsichtbare Hand befohlen, blieben die bewaffneten Mönche plötzlich stehen und wichen zurück. An ihrer statt traten weitere Männer auf sie zu, mit dunklen Gewändem, die am Kragen und an den ärmeln üppig bestickt waren. Ganz offenbar gehörten sie nicht zum Klerus – wie auch Simeons Frage, die er an seinen Herrn richtete, bekundete: »Mallorqui – nischer Adel?«
»Wohl eher reiche Stadtbewohner. Kein Herrscher räumt dem Adel hier freiwillig Macht ein …«
Die dunklen Männer führten sie in einen der Räume.
»Wer seid ihr?«, setzte dort einer grußlos an. »Und was habt ihr auf Mallorca zu suchen?«
»Das, was die meisten Reisenden tun«, erwiderte Pio Navale. »Die Vorräte auffüllen, um für die weitere Fahrt gerüstet zu sein. Die meine ist noch sehr lang, müsst Ihr wissen, und …«
»Womit handelt Ihr?«, unterbrach der Mann ihn schroff.
»Ich fürchte, hauptsächlich nicht mit Gold, Gewürzen oder edlen Stoffen. Jedoch mit viel Erfahrung.«
Gleichwohl Pio Navale in einem ernsthaften Tonfall sprach, schien sich der Mann verspottet zu fühlen. Er erhob sich und trat grimmig einen Schritt auf ihn zu. Pio Navale wich jedoch nicht zurück. Seine Arglosigkeit schien den anderen zu besänftigen, zumal sich nun ein weiterer der dunklen Männer einschaltete.
»Berichtet uns vom Zwecke Eurer Reise!«
Pio Navale bekundete, ähnlich ausufernd, wie Alaïs einst von seinen Plänen erfahren hatte, seine Absicht, die Grüne Insel jenseits der vertrauten Welt zu entdecken. Die Gesichter der Männer blieben ausdruckslos, ließen weder sonderliche Faszination über das ungewöhnliche Reisevorhaben erkennen noch Misstrauen, ob dergleichen nicht nur eine Ausrede für andere Machenschaften war.
»Wie viele Menschen sind auf Eurem Schiff?«, fragte der eine schließlich, ohne tiefer in die Geschichte der fernen Insel zu dringen.
»An die drei Dutzend Männer, eine Handvoll Frauen.«
»Frauen?«, entfuhr es dem Mann.
Pio Navale deutete unauffällig auf Alaïs. »Sie ist eine davon.Auch meine Gattin begleitet mich. Nur fühlte sie sich heute nicht wohl …«
Der Mann hob seine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. In der Stille, die folgte, warfen sich die Mallorquiner Blicke zu, fragend und zögerlich. Einer von ihnen schüttelte den Kopf. Wessen auch immer sie Pio Navale verdächtigt hatten, es schien sich nicht bestätigt zu haben. Ein anderer zuckte unschlüssig die Schultern.
»Wartet!«, befahl er ihnen, und ohne weitere Erklärung winkte er seinen Begleitern, ihm zu folgen, und ließ Navale und seine Begleiter allein zurück.
Alaïs nutzte die Zeit, um sich genauer in dem Raum umzusehen. Die Möbel – Tische und Bänke – waren aus dunklem, fast schwarzem Holz, die Stühle mit Samt eingefasst. Trotzdem wirkte es hier nicht heimelig. Die Decken, der Boden und die zwei Säulen am Eingang waren aus kaltem, wenngleich gewiss kostbarem Stein – Granit oder Marmor.
Simeon betrachtete den Raum wie sie. Aurel hingegen starrte zu Boden, als müsste er das Nichtstun und Warten ertragen wie nasse, raue Kleidung, die man am wenigsten spürt, wenn man sich nicht regt. Pio Navales Blick war nicht mehr ganz so sorgenvoll wie zuvor.
Wenig später kehrten die Männer zurück, in ihrem Kreis ein Fremder. Grußlos trat er auf Navale zu und nannte einen Namen. Alaïs hatte ihn noch nie gehört und konnte ihn sich auch jetzt nicht merken.
Pio Navale schüttelte den Kopf. »Der bin ich nicht. Ich heiße …«
»Ich meine: Kennt Ihr ihn? Hat man Euch von ihm berichtet?«
Wieder schüttelte er den Kopf, und dabei blieb es, als weitere Namen fielen.
»Ich fürchte, ich kann Euch nicht helfen.« Navale klang ehrlich hilflos – und nachdem die meisten schon zuvor davon überzeugt gewesen waren, schien nun endgültig Einigkeit zu herrschen, dass man ihn zu Unrecht verdächtigt hatte.
»Er scheint nichts damit zu tun zu haben«, stellte einer
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