Die Gefährtin des Medicus
fest.
»Womit?«, fragte Navale.
Kurz zögerte der Fremde, dann rang er sich durch, in knappen Worten von einem Aufstand zu berichten. Von
Perpinyà,
der Hauptstadt des Königreichs Mallorca am Festland, hatte er seinen Anfang genommen. Nun drohte er die Insel zu erfassen. Wohingegen die wohlhabenden Bürgerfamilien der Städte den Regenten Felip stets unterstützten, gab es Adelsfamilien, die ihn der Macht berauben und Alf ons IV, den König von Aragon, auf dem Thron wissen wollten.
»Nun gut«, endigte der Mann. »Wir werden dem Infanten darüber Bericht erstatten, wer Ihr seid. Als Händler wart Ihr uns nicht bekannt – darum das Misstrauen. Vielleicht wünscht der Infant mit Euch zu sprechen. Seid vorerst unser Gast.«
Die Männer gingen, und das kleine Reisegrüppchen blieb wieder unter sich, jedoch erneut nicht sonderlich lange. Dienstboten huschten mit gesenkten Köpfen herbei, einer trug einen Krug mit dunkelrotem Granatapfelwein, der zugleich süß, herb und erfrischend kühl in der Kehle schmeckte. Ein anderer brachte Honig und Feigen, gekochte Eier und Käse und mehrere dünne Brotfladen, die innen noch heiß waren.
Der dritte blieb schließlich im Raum stehen und wedelte ihnen mit großen Fächern aus Korbweide frische Luft zu.
Alaïs aß schnell und gierig wie immer, Aurel nahm nichts zu sich. Pio Navale und Simeon flüsterten miteinander und begnügten sich mit dem Granatapfelwein.
Nachdem man ihnen zuletzt ein Becken mit duftendem Wasser gebracht hatte, worin sie sich die Hände waschen konnten, wurden sie zum Thronsaal gebeten, wo Regent Felip sie empfangen wollte.
»Was meintest du vorhin, als du sagtest, der Infant sei kein gewöhnlicher Herrscher?«, richtete sich Alaïs an Simeon
»Du wirst es gleich sehen … Mögen hier zwar die Stühle mitrotem Samt eingefasst sein, der Regent ist gewiss nicht damit bekleidet. Und anstelle des Granatapfelsaftes, wie wir ihn genießen durften, trinkt er wohl nur laues Wasser.«
Eine Tür ward ihnen geöffnet, ebenso dunkel wie das Mobiliar, dann schon erhaschte Alaïs einen ersten Blick auf den Regenten, der dahinter im Kreise seiner Berater saß. Zumindest vermeinte sie, er sei es – sicher war sie sich nicht. Obwohl Simeons Worte sie darauf eingestimmt hatten, war sie doch überrascht, einen weltlichen Herrscher in derartiger Kleidung zu sehen.
Ihr blieb jedoch keine Zeit, ihn eingehender zu mustern. Kaum hatten sie die Schwelle überschritten, gab der Regent ein Zeichen, und alsbald verstellten einige Männer ihren Weg. Nur Pio Navale wurde durchgelassen.
»Mit euch will er nicht reden«, hieß es an Simeon, Aurel und Alaïs gewandt.
Aurel schien dankbar, dem Thronsaal entfliehen zu können, und folgte ihnen nach draußen. Dann fiel die Tür, die sich ihnen eben kurz geöffnet hatte, schon wieder ins Schloss.
»Er ist ein Mönch!«, rief Alaïs erstaunt aus. »Er ist genauso gekleidet wie ein Mönch!«
Man hatte sie wieder in einen Nebenraum gebracht. Die Möbel waren hier aus stark duftendem Mandelholz, der Boden aus Steineichenbohlen knarrte.
»Ein Mönch!«, wiederholte sie. »Der Regent sieht aus wie ein Mönch!«
Simeon ließ sich mit leisem ächzen auf einem der Stühle nieder, sichtlich angetan, dass er in Ruhe sitzen konnte, anstatt sich von den durchdringenden Augen eines Herrschers mustern zu lassen.
»Wahrscheinlich wäre Felip auch lieber einer geworden«, erklärte er. »Stattdessen musste er nach dem Tod des Bruders die Regentschaft antreten. Seiner eigentlichen Berufung ist er dennoch treu geblieben, indem er aus seinem Palast kurzerhand ein Kloster gemacht hat. Es heißt, er kümmere sich wenig um Politik,sondern vielmehr darum, dass die Ideen des Michael Clarenus und des Petrus Olivi Verbreitung finden.«
Alaïs zuckte die Schultern und blickte sich nach Aurel um. Wahrscheinlich konnte und wollte er mit den Worten des Juden nicht mehr anfangen als sie. Da erst gewahrte sie, dass er ihnen nicht in den Nebenraum gefolgt war, sondern stattdessen die Gelegenheit genutzt hatte, seiner eigenen Wege zu gehen. Kurz überlegte Alaïs, nach ihm zu suchen, doch die angenehme Frische des Raumes nahm sie zu sehr ein.
»Welche Ideen?«, fragte sie geistesabwesend.
»Es geht um die Frage, wie arm Christus war und wie arm darum die Kirche sein muss. Ob sie Besitz haben darf oder nicht. Infant Felip sieht offenbar im asketischen Leben den größten Gewinn – der Papst in gewisser Weise auch, doch nicht in gleichem Maße. Petrus
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