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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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dann führte er steil aufwärts. Alle gerieten sie ins Schnaufen, doch Alaïs fand genügend Atem, um die dringlichste Frage zu stellen.
    »Wohin bringen sie uns?«
    Pio Navale hatte seinen Blick starr zu Boden gerichtet, damit er nicht ausrutschte. Erstmals erlebte ihn Alaïs auf das konzentriert, was unmittelbar vor ihm lag, anstatt dass er sich weißäugig irgendwelchen weitschweifigen Gedanken hingab.
    »Der Almudaina – Palast ist es in jedem Fall nicht«, kam Simeon ihm zuvor. »Dort residierten schon die maurischen Herrscher und später der König von Mallorca. Wollten sie uns dorthin schaffen, wären wir bereits angekommen.«
    Stattdessen ging es immer weiter aufwärts. Alaïs suchte mehrmals, in die Gesichter der Soldatenmönche zu sehen. Waren sie grimmig oder einfach nur ausdruckslos? Würde man ihnen erklären, was es mit all dem auf sich hatte, oder sie womöglich wortlos in einen Kerker werfen, obwohl sie sich nichts hatten zuschulden kommen lassen?
    Ein Bild stieg in ihr auf, seit langem verschüttet in den Tiefen ihres Gedächtnisses – von jenem finsteren, feuchten, steinernen Raum in der Erde, in dem sie einst mit Emy und Aurel festgesessen hatte. Ob Aurel sich ähnliche Sorgen machte?
    Sie warf ihm einen raschen Blick zu. Die Beunruhigung obihrer Festnahme hatte nicht lange gewährt – griesgrämig schien er nun vor allem.
    Nach einem mühsamen Marsch erreichten sie eine kreisförmige Anhöhe, die von dichtem Wald umgeben war; dahinter hockten Felsen, porös wie altes Holz, durch das sich viele Würmer gebohrt und gefressen hatten. Ein rundes Gebäude ragte vor ihnen auf, von einem breiten Graben umgeben, auf dessen Grund schlammiges Wasser stand, und von drei Türmen gekrönt. Ein vierter stand etwas abseits des Baus und war durch eine kleine Brücke mit der eigentlichen Festung verbunden.
    Die Reiter zogen an ihren Zügeln. Eines der Pferde wieherte auf.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Alaïs.
    »Das Castell Bellver!«, stieß Simeon aus und klang erleichtert. »Wenn ich mich nicht täusche, war Pere Salvâ der Baumeister. Nicht älter als zehn Jahre mag es sein.«
    Alaïs war es gleich, wer das Gebäude gebaut hatte, wann und warum. Vor allem zählte, dass es keinem finsteren Kerker glich, die berittenen Mönche folglich nicht beabsichtigten, sie einzusperren, sondern sie vielmehr tatsächlich zum Infanten bringen wollten – auch wenn sie nun, da sie vom Pferd sprangen, immer noch grimmige Gesichter machten und die Worte, die sie Pio Navale zuriefen, nach mürrischen Befehlen klangen.
    »Wer … wer ist dieser Infant von Mallorca?«, fragte Alaïs, als sie durch das runde Tor in den Innenhof getrieben wurden. »Und was will er von uns?«
    Simeon zuckte die Schultern. »Felip ist nicht König, nur Regent. Denn der Erbe des Throns, Sohn des letzten Königs Jaume, der irgendwann einmal der dritte König seines Namens sein will, ist noch ein Kind. Felips Regentschaft schützt die Insel vor Aragons Ansprüchen, sich das Königreich einzuverleiben.«
    Wusste er dies aus den vielen Büchern, die Pio Navale besaß? Gab es einen Ort, dessen Burg er nicht benennen konnte, ein Reich, von dessen König er nichts ahnte? Und log er, wenn er vermeinte, selbst die Kenntnis vieler Sprachen könnte auf dieser Welt so wenig zum Besseren wenden – wenn er doch selbst Wissen sammelte, um auf diese Weise vielleicht nicht besser geschützt, jedoch auf alles gefasst zu sein?
    »Doch Felip ist nicht einfach nur ein Infant«, fuhr er nun fort. »Er ist ein …
    »Ja?«
    »Ich nehme an, das wirst du gleich sehen, Kind«, fuhr Pio Navale an Simeons Stelle fort. »In jedem Fall, und dies kann nur ein gutes Zeichen sein, war Felip wie einst sein Vater ein großer Förderer von Raimundus Lullus, den man hier Ramón Lull nennt.«
    Sie kamen an einer schlichten Kapelle vorbei und erreichten den Innenhof. Nach außen hin wirkte das Gebäude aufgrund seiner runden, glatten Mauern schmucklos und uneinnehmbar. Die zweistöckigen Loggien, die den Innenhof umgaben, waren hingegen mit reich verzierten Säulen umgeben. Nicht alle waren vollendet, an manchen hämmerten Bauarbeiter wie unten an La Seu.
    Als sie aus dem grellen Sonnenlicht ins angenehm kühle Innere traten, kniff Alaïs die Augen zusammen. Langsam gewöhnte sie sich an das trübe Licht, erblickte blau gekalkte oder rosafarbene Wände, die Kupfer – und Silberteller, die daran hingen, und schwere Porphyrvasen, die in einigen Ecken standen. Ein starker würziger und

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