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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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sich wieder.
    Aurel grub verbissen weiter, Emy jedoch hob den Kopf, als hätte sie die Frage laut ausgesprochen. »Du … Du musst nicht bleiben, wenn du nicht willst!«
    »Aber natürlich bleibe ich!«, fauchte sie ihn an.
    Wenig später stießen die Männer endlich auf einen Widerstand. Ricard war wie Louise nur in ein Stück Leinen eingerollt vergraben worden. Obwohl er erst einen Tag unter der Erde lag, wappnete sich Alaïs insgeheim gegen den süßlichen Gestank, den Louise zuletzt verströmt hatte. Sie wagte kaum zu atmen und noch weniger hinzusehen, als sie den Leichnam hochzerrten. Danach schaufelte Emy allein das Loch zu, während Aurel auf den Toten blickte wie auf ein Heiligtum.
    »Komm!«, sagte er plötzlich an sie gewandt. »Hilf mir, ihn zu tragen. Nimm du ihn an den Beinen!«
    Alaïs zuckte zusammen. Ein Würgen stieg ihr allein bei dem Gedanken hoch, Ricard anzufassen. Dennoch gab sie vor, sich willfährig nach ihm zu bücken.
    »Lass mich das machen!«
    Sie hatte nicht gemerkt, wie Emy seine Arbeit unterbrochen hatte, aus dem Loch gesprungen und zu ihr getreten war.
    »Du … musst doch das Grab wieder schließen.« Es war ihr unangenehm, dass sie derart stotterte und ihre Gesten zwar den deutlichen Widerwillen verbergen konnten, nicht aber ihre Stimme.
    Emy legte ihr die Hand auf die Schultern. Leicht fiel die Berührung aus. Sie spürte kaum mehr als einen Anflug von Wärme.
    »Du bist nicht seine Magd«, raunte er. »Du musst nicht augenblicklich tun, was immer er befiehlt.«
    Alaïs zog die Stirn kraus. Bis jetzt war ihr Aureis Bruder zu still, zu gleichmütig, zu bescheiden, ja irgendwie in allem zu lahm erschienen, als dass sie genauer hatte erforschen wollen, was in seinem Kopf vorging.
    »Aber du tust doch auch alles, was er will!«, stieß sie aus. Sie sprach, als stünde Aurel nicht neben ihnen – wahrscheinlich hörte er auch gar nicht zu, was sie beredeten.
    Emy zuckte die Schultern. »Ich bin sein älterer Bruder, ich muss auf ihn aufpassen.«
    Ihre Überraschung wuchs. Bislang hatte sie Aurel für den älteren gehalten. Mochte sich auch ihre Statur nicht unterscheiden, umso mehr tat es ihr Auftreten: selbstsicher bei dem einen, schüchtern bei dem anderen. Und nun behauptete Emy, Aurel sei der Jüngere, womöglich Unerfahrenere, und er müsse auf ihn aufpassen?
    »Aber du glaubst doch auch, dass es richtig und notwendig ist, was er tut. Sonst … Sonst hättest du ihm nie verziehen, dass er dir deine Fingerkuppe abschnitt.«
    »Ich glaube an ihn, denn er ist klüger als ich«, sagte Emy leise. »Aber es ist gut möglich, dass er beim nächsten Mal nicht nur die Fingerkuppe eines Schlafenden abhackt, sondern gleich die ganze Hand.«
    Alaïs lachte schrill auf, so abwegig schien ihr der Gedanke.
    »Nun gut«, lenkte Emy ein. »Vielleicht würde er nicht ganz so weit gehen. Aber eben weil ich da bin und ihn davon abhalte.«
    Aurel, der ihr Gespräch nicht verfolgt zu haben schien, begann nun, ungeduldig an Ricards Leib zu ziehen. »Was ist nun?«, fragte er. »Hilfst du mir?«
    Emys Hand ruhte immer noch auf ihrer Schulter. »Ich mach das … nicht sie! So lange musst du warten«, erklärte er entschlossen, ehe er wieder daranging, das Grab zu schließen.
    Alaïs verkniff es sich nur mit Mühe, zu bekunden, wie erleichtert sie darüber war.

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VI. Kapitel
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    In den ersten Tagen hatte Alaïs ihre Müdigkeit verheimlichen können. Sie gähnte öfter als sonst, doch den besorgten Blick der Mutter hatte sie harsch abgewehrt, indem sie aufs launische Wetter verwies. Als sie kurz nach Ricards Tod durchs Dorf ging, war ihr jedoch, als hockte ihr ein unsichtbares Gewicht im Nacken und drückte ihren Körper zu Boden. Panik stieg in ihr hoch. Vielleicht war das die Strafe dafür, dass sie Ricards Totenruhe gestört hatten, dass sie geduldet hatte, wie Aurel ihn sezierte, dass sie seinen Frevel verheimlichte, anstatt ihn anzuklagen. Doch die Kraft, länger darüber nachzudenken, fehlte ihr; auch dazu war sie zu müde.
    Sie ging schleppend wie ein altes Weib und setzte mehr als nur einmal ihren Korb ab. Einige Eier waren darin, die sie – nach dem Willen der Mutter – gegen Schinken tauschen sollte. Manche der Frauen hielten sich Hühner, andere Schweine, und alle wucherten mit dem kostbaren Gut, das die Tiere einbrachten.
    »Geh zu Ursanne! Sie füttert ihr Vieh am besten!«, hatte Caterina ihr aufgetragen.
    Doch nun, da sie am Dorfplatz stand und den Korb sinken ließ, konnte sie sich des

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