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Die Gefährtin des Medicus

Die Gefährtin des Medicus

Titel: Die Gefährtin des Medicus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kröhn
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machte eine kurze Pause, ehe er entschlossen hinzusetzte: »Mag mir der König auch den Einfluss darauf streitig machen. Das Land hier ist und bleibt das Erbe meiner Väter.«
     
    Caterina hatte ihnen Essen mitgebracht. Sie sprach viel, viel mehr und viel schneller als sonst, und hielt den Blick gesenkt, als könne sie der Tochter nicht in die Augen sehen. Alaïs fühlte sich unbehaglich. Sie wusste nicht recht, ob die Mutter ihr zürnte, ob sie sich unendliche Sorgen machte oder ob in diesem Augenblick tatsächlich nur das zählte, was sich in jenem Korb befand, den sie ihr reichte.
    »Gesalzener Aal«, erklärte Caterina. »Er hält sich eine Weile, auch in der Hitze. Ist besser als frischer Fisch. Leider haben wir kein getrocknetes Fleisch mehr. Aber hier – ein Stück Schinken. Er ist …«
    »Mutter«, fiel Alaïs ihr ins Wort.
    »Und etwas getrocknetes Obst. Noch vom letzten Jahr. äpfel und Birnen, Pfirsiche und Pflaumen.«
    »Mutter«, sagte sie wieder hilflos.
    Sie hatte nicht damit gerechnet, Caterina hier anzutreffen. Nach den letzten Worten des Comte hatten die Männer sie wieder hinausgeschafft und so lange an den Fesseln gezerrt, bis sie erneut am Kerkereingang standen. Obwohl der Comte etwas anderes beschlossen hatte, war in Alaïs Panik aufgestiegen. Und wenn er sie doch wegsperrte von dieser Welt?
    Aber dann hatten sie die Männer am Kerker vorbeigezogen, dorthin, wo die Bäume dicht standen und der Boden voller Nadeln knirschte.
    »Hinfort mit euch!«, hieß es, und den Männern war anzusehen, dass sie am liebsten nach ihnen getreten hätten wie nach wilden Hunden. Sie befreiten sie nicht von den Fesseln. An den rauen Rinden mussten sie sie reiben, bis der Hanf durchgewetzt war und ihre Haut blutig.
    Und dann war plötzlich Caterina aufgetaucht.
    Erst nachdem sie erklärt hatte, welche Essensvorräte sie ihnen mitgebracht hatte, brach aus ihr hervor, dass sie ihnen gefolgt war, dass man sie nicht zum Comte gelassen, sie jedoch vor der Burg gewartet hatte.
    Immer noch konnte sie ihrer Tochter nicht in die Augen sehen.
    »Mutter … Er lässt uns frei«, stammelte Alaïs.
    »Aber er schickt euch von hier fort.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    Heftig wehrte sich Alaïs gegen den Gedanken, dass sie fortan nicht nur heimatlos sein würde, sondern dass dies womöglich ein Abschied für immer war. Später, viel später würde sie darüber nachsinnen, vorerst gab es so viel anderes Unbegreifliches, das sie beschäftigte.
    »Comte Henric hat ständig vom König geredet. Und dass jener den Franziskanern zugeneigt ist.«
    Sie wollte etwas hinzufügen. Dass dies wohl der Grund für ihre unerwartete Freilassung wäre. Dass der Comte solcherart einem verhassten König trotzte.
    Doch Caterina wartete nicht ab, bis sie zu Ende gesprochen hatte, sondern fuhr hektisch an ihrer statt fort: »König Robert hatte einen Bruder mit Namen Louis. Eigentlich hätte er der neue König werden sollen, doch er verweigerte den Thron. Der Papst machte ihn daraufhin zum Bischof von Toulouse – ein Amt, auf das er gerne verzichtet hätte, sah er sich doch als Bruder der Armen. Man sagt ihm viele Wunder nach. Er … Er wurde heilig gesprochen. Es gab ein großes Fest … vor nicht langer Zeit … in Marseille …«
    Sie verhaspelte sich, stockte.
    Wieder suchte Alaïs ihren Blick, doch Caterina bückte sich, hob nun nicht den Korb mit Proviant hoch, sondern Aureis Lederbeutel, der seine Bücher und Instrumente enthielt. Bislang hatten die Brüder schweigend das Zusammentreffen von Mutter und Tochter beobachtet, doch beim Anblick seines kostbarsten Besitzes entfuhr Aurel ein erleichterter Aufschrei. Hinstürzen wollte er zu ihr, ihn ihr entreißen, doch Emy hielt ihn zurück und trat nun selbst vor.
    »Es tut mir leid«, sagte er leise. »Es tut mir leid, was geschehen ist. Aber … Aber wir werden für Eure Tochter sorgen.«
    Er hatte die Schultern hochgezogen.
    Anders als Alaïs sah Caterina ihn an. Kurz rechnete Alaïs damit, dass ihre Mutter auf ihn losgehen würde, auf ihn und vor allem auf Aurel, dass sie sie anklagen und wüst beschimpfen würde, weil sie Unheil über die Tochter gebracht hatten.
    Doch die Tirade blieb aus. Caterina beachtete Aurel gar nicht; ihre ganze Aufmerksamkeit galt Emy.
    »Geht nicht zu weit von hier fort!«, sagte sie. »Bleibt wenigstens in der Provence! Vielleicht … irgendwann … man wird nicht ewig darüber reden.«
    Emy nickte, dann trat er zurück, zog auch Aurel mit sich,

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